Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 5 1933 (Nr. 5 / 1933)

— IWW Vor sechzig Jahren —EW 
wurde an der Linzer Landstraße die Pestsäule entfernt, die hier mitten auf der Fahrbahn in der Nähe der späteren 
Karmelitenkirche errichtet worden war 
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Ein Linzer Spaziergang: . 
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Von Linzer Denksteinen, die einst zur Verschöne— 
cung der Stadt, zum Gedenken an wichtige Zeitereig— 
nisse oder aus frommem Sinn errichtet wurden und 
heute, dem Verkehr der neuen Zeit weichend, von 
hren alten Plätzen verschwunden sind, soll in diesen 
Zeilen die Rede sienn. 
Wie einfach und unbedeutend scheint uns Men— 
schen von heute das Verschwinden einer altehrwür— 
digen Mauer, eines Bauwerkes, das durch Jahrhun— 
derte seine Daseinsberechtigung bewies, oder auch 
nur einer einfachen Steinsäule auf unserem täglichen 
Wege! 
Unbeschwert von Überlieferung, sehen wir man— 
ches fallen und haben schon längst vergessen, was un— 
sere Vorfahren bewegte, als sie diese oft kunstlosen, 
doch zu Herzen sprechenden Denksäulen errichteten 
und durch Darstellung von Heiligen über den Ein— 
gängen ihrer Häuser ihre Wohnungen unter den 
Schutz dieser Heiligen stellten. 
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Still würde sich heute der Abbruch einer Sch an d— 
säule, eines Prangers, vollziehen, würde dieser 
von seinem Platze entfernt werden. 
Und' doch war solch ein Mal einst für den ganzen 
Irt von besonderer Bedeutung. Der Gerichtsbarkeit 
eit altersher gewidmet, war der Platz, wo der Pran— 
ger stand, verrufen, ehrlos, bescholten und unfrei. Es 
zedurfte besonderer, genau vorgeschriebener Zeremo— 
nien, um dieses kleine, armselige Fleckchen Erde, an 
dem im Laufe der Jahrhunderte so viele Missetäter 
hre Strafe verbüßten, wieder für einen ehrlichen bür— 
gerlichen Gebrauch fähig zu machen und den Fluch, 
der auf ihm lastete, zu bannen. 
So mußte auch in Linz im Jahre 1716 die 
„Freisprechung'“ des Platzes, auf dem der Pran— 
ger stand, unter althergebrachten Formeln vorgenom— 
nen werden, da dieser Platz für die Errichtung der 
zerrlichen Dreifaltigkeitssäule von den 
Stadtvätern in Aussicht genommen war. 
Seit 1494 stand der Pranger an dieser Stelle als 
Zeichen der Gerichtsbarkeit der Stadt, aber nicht bloß 
als Symbol, sondern auch als Stätte des Vollzuges 
der gefällten Urteile. 
Am 26. Juni 1716, mittags um 1 Uhr, kam der 
Stadtwachtmeister mit Trommlern und Pfeifern beim 
Brückentor hereinmarschiert. Ihm folgten zwei Mau— 
cermeister, zwei Steinmetze, vierzehn Schlosser, der
	        
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