Ein weiter Weg braucht gutes Schuhwerk.
der jungen Schar
Bildbericht aus einem innviertler Bauernhaus
J
Was lassen sich's Zeitungen und Zeitungsleute oft
für Mühen und für Reisen kosten, damit sie, sei es in
fernen Landen oder gar an Kriegsschauplätzen, mit
Stift und Kamera Neues, Sensationelles ergattern,
das sie dann mit Bildern und Lettern ihrer Leser—
schaft unterbreiten können. Wir besinnen uns heute
einmal auf einen besonders naheliegenden Stoff. Es
ist kein Kriegsschauplatz und kein indischer Dschungel,
dem unser heutiger Bericht gilt; es sind nur die
Räume des eigenen Hauses und Hofes; aber umgehn
tut's drinnen, daß wir abwechselnd bald an einen
Kriegsschauplatz, bald an einen tropischen Urwald
denken müssen ... Wenn so nicht nur die „Rekru—
ten“, sondern auch die „alte Mannschaft“ in der Ka—
serne ist, das heißt, wenn in unserem Hause nicht nuͤr
die Kleinen, sondern auch die „Schulgehenden“ da—
heim sind, geht's bei uns zu wie in einer Geflügel—
farm. Diese Jungschar — das sind ja keine stillen
Lämmlein, sondern arge Krawallisten, Neuausgaben
von Max und Moritz und vom Struwelpeter. Sie
weinen und lachen, lärmen und streiten, zanken und
vertragen sich allen erzieherischen Theorien zum Hohn
und sind doch im Grunde lieb und brav. Zum An—
fang unseres umfangreichen Eheglücks, als wir ein
Kind oder noch weniger hatten, da lasen wir gescheite
Bücher über Erziehung: Foerster, Hlotzky usw., kilo—
weise — hernach, als die Schar immer größer wurde,
haben wir den papierenen Kram in den Kasten ge—
sperrt; das Leben ließ uns nicht mehr Zeit, Theorien
auszuproben und die Praxis gestalten wir, wie es
eben das Leben zuläßt . ...
Das Tagewerk unserer jungen Schar? Abends
müssen sie bald zu Bette, oft. mit sanfter Gewalt,
denn es wäre gar zu lustig, nach dem Abendessen noch
ein wenig mit den Großen beim Tisch zu sitzen. Ist
aber weder nötig, noch nützlich, drum wird's nicht ge—
duldet. Eine Zeitlang lärmen sie noch nach dem Be—
ten, aber früher, als sie zuvor selber meinten, fallen
die blauen und braunen Guckäugelein zu. Das ist gut
so, denn bei einer Stunde schlechtem Schulweg müs—
en sie auch im tiefsten Winter vor 7 Uhr auf dem
Marsch sein. Um 8 Uhr beginnt die Schule und ein
oaar Häuser auf dem Wege müssen auch noch ange—
teuert werden, weil dort Kameraden wohnen, die
auch mitgehen. Ist keine Kleinigkeit für die kurzen
Beinchen, im Winter sowohl den Hin- als manchmal
auch den Rückweg im Finstern machen zu müssen. Da—
ür aber sind wir alle durch das frühe Training zu
so guten Fußgehern geworden. I
Also, sie wissen, was sie müssen, darum braucht's
keiner Tagwache, sondern schon vor 6 Uhr tönt's
vom hintern Stüberl: „Mutter, dürfen wir aufstehn?“
Wird genehmigt. Aber, o Wunder, damit der Wir—
hel noch größer wird, tauchen auch schon die Aller—
kleinsten, die wahrlich noch nicht gebraucht würden,
aus der Tuchent auf und treten an, Röcklein und
Zöslein in den Händen und alles ruft: „Anziehn!“
Die erste Suche gilt den Strümpfen, die am Vorabend
orglich zum Trocknen auf die Ofenplatte gelegt wur—
den. Könnt euch denken, daß da die geplagte Mutter
gar nicht weiß, wem sie zuerst beistehen soll. Das eine
hat seine Strümpfe nicht — hernach finden sie sich
unterm Tisch —, das andere hat Haube oder Fäust—
linge verräumt. Ja, wenn's nur die Kleider wären,
anh
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