Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 5 1932 (Nr. 5 / 1932)

Die Quelle am Seegrund Bon M. P Halm 
Wer kennt nicht die Stelle am Traunsee, wo die Mein Vater, der „Windleger Sepp“, war in der 
QDuelle vom „heiligen Brunnen“, die heute dem Ka- Jangzen Viechtau und Ebensee als der stärkste Mann 
puzinerkloster das Wasser liefert, aus dem VBoden veit und breit bekannt und nur darum konnte er so 
hervorbricht? Über dieser Quelle ist seinerzeit hoch etwas wagen. 
der Traunsee gestanden und es ist klar, daß dort, wo So stiegen die Holzknechte am anderen Tag in 
der Seespiegel über solch einer Quelle steht, aus der aller Früh zum Schlittenzug auf den Berg und be—⸗ 
das warme Wasser aufsteigt, der See an eben dieser uden den Schlitten des Vaters mit dem schwersten 
Stelle sehr schwer zufriert. Man findet diese Erschei⸗ Holz. Alle haben zusammenhelfen müssen, damit der 
nung heute noch entlang des Ufers am Freisitz Roith Schlitten den Bergherab die größtmöglichste Ge— 
am See, wo ebenfalls aus dem Inneren des Grün-⸗ chwindigkeit bekam. Es läßt sich denken, daß mein 
derges in der Seetiefe Wasser auftaucht. An eben baͤter mit seinem Schlitten in der herrlichsten Flucht 
dieser Stelle entlang sind große Flächen, wo heute über den See hinjagtel! —7 
noch der See fast gar nicht zufriert. Wer diesen Um— Wie er aber auf die bestimmten Stellen kam, wo 
stand gut genug weiß, wird jedesmal in Sorge sein, wegen der Quellenflecke der See nur scheinbar zuge⸗ 
wenn bei sonst zugefrorenem See die Leute dort zu roren war, hat der Schlitten rückwärts zu sinken be⸗ 
nahe am Eis herumlaufen! Das sei vorausgeschickt zjonnen und ist über das brechende Eis noch weit hin⸗ 
als Beispiel für das, was ich nun erzählen will. jestolpert. Mein Vater hat den Schlitten bei den 
Es war anno 1880, da ereignete sich das, was zörnern gepackt, in festem Stoß sich nach vorn ge— 
ich eben als Gefahr geschildert, an den Langbath- vorfen und sich schnell flach auf das Eis legen las— 
féeen, die damals auch zugefroren waren. en, während der Schlitten hinter ihm versunken ist. 
Zuͤr damaligen Zeit gab's im Langbathseegebiet Mein Vater hat mir das ganz genau geschildert, weil 
fast nur 500 bis 600 Jahre altes Holz zu fällen, es ch doch auch damals ein junger Holzknecht war, damit 
var also dort noch förmlicher Urwald. Dieses Holz ch mir in so einem Falle das Leben retten könnte. 
wurde für die Salinen in Ebensee verwendet. Wenn Die Holzknechte sahen vom Berge aus das Un— 
der Winter gekommen und dieses Holz über den zu⸗ Zlück mit an und liefen sofort in größter Eile, trotz 
gefrorenen See zu liefern war, fuhren die Holz— der sie aber eine gute halbe Stunde brauchten, her⸗ 
eieet deen' schwerheladenen Holßichlutten hoch inter und arbeiteten sich mit Laden, Brettern Sei— 
»om Berge in Sturmeseile nieder und wurden durch ern und dergleichen langsam zum Vater auf den 
den riesigen Schwung über den ganzen See gejagt. See hinaus. Es dauerte gute drei Stunden, bis es 
Zum Ziehen hälue man Pferde gebraucht und es hnen gelang, ihm ein Seil zuzuwerfen und ihn so 
wäre lang nicht so schnell gegangen. Nun läßt sich „om schlechten Eis weg zu bringen. Als sie endlich 
aber denken, daß die Schlitten mit furchtbarer Ge- vieder auf gutem Eis waren, gingen sie mit dem 
walt auf das Eis kamen, so daß dieses, wie die Holz⸗ Janzen Bretterwerk zu Fuß wieder in die Holzstube. 
knechte sagen, „sechtfaßlhoch“ dick sein mußte, also Für den betreffenden Tag aber war Feierabend. 
etwa 84 Meter, um den riesigen Druck auszuhalten! dätte der Vater damals nicht die erste Fahrt ge— 
wonnehee uein Wines 1880 diese Arbeit an- gacht, so wäre sicher die ganze Holzknechtpaßz im 
gegangen- werden. Einmal des Abends beim Nocken- See verschwunden ·..... 
essen sagte der Meisterknecht zu seinen Leuten: „J Nun, es hat damals der Winter noch lange ge— 
halt fuüt sicher, daß das Eis stark gnuag is und so— iug gedauert und wäre noch so viel Holz zu beför— 
—D »ern gewesen, es wäre alles vom Berge über den 
Mein Vater aber, der anstatt des Schulgehens See gebracht worden. 
chon als kleiner Bub die meiste Zeit am Langbathsee Nicht lange darauf hat der Vater dem bewußten 
herumgekugelt ist, weil ja sein Vater Rottmeister Neisterknecht das Leben retten können. Der Schlit⸗ 
Zar hat gdegen diesen Befehl Stellung genommen, ꝛnuzug ging auch wieder vom Berg herab gegen den 
daß diese Ärbeit doch noch nicht angehen könne, weil ?angbathsee. Nur weiß ich nicht mehr, ob über Land 
ieellenflece am See noch recht schwach zuge⸗ der über das Eis. Der Zug war schlecht, denn es hat 
froren seien. Auf das hin ist aber sein Vetier, der doch fast keinen Schnee gegeben. Wie nun mein 
Meisterknecht, furchtbar aufgeregt worden und hat zater mit dem leeren Schlitten auf dem Rücken ge⸗ 
unbedingt auf der Arbeit bestehen wollen, weil man ade wieder bergan steigt, kommt der Meisterknecht 
— das nit seiner Ladung angesaust, wobei es ihn aber aus 
Eis hin werden könnte. Und so sind zwei Parteien der Bahn geworfen hatte, direkt dem Walde zu. Na— 
entstanden, eine für den Vater, die andere für den ürlich ist da eine⸗ Rettung eigentlich ausgeschlossen 
Meisterknecht und es bestand schon große Gefahr, daß ind Mann und Schlitten müssen an den Bäumen zer— 
es in der Holzknechtstube zu einer Schlägerei komme. hmettern. Wie nun mein Vater die Gefahr erkannte, 
Mein Vater hatte damals keine kleine Familie, aßte er schnell mit der einen Hand einen jungen 
denn wir waren schon unser acht Buben und es ist gaum, packte mit der anderen blitzschnell seinen Vet—⸗ 
deine Kleinigkeit für einen soichen Familienvater, er und riß ihn aus dem Schlitten. Der Vetter stand 
siich zu entschließen. Damit nun der Zwist ein Ende goch nicht auf den Füßen, als es schon krachte und 
nehmen sollte und von den Holzknechten eine unge- der Schlitten samt dem Holz beim Aufstoßen auf die 
heure Gefahr abgewendet werde, hat er sich entæ Bäume in tausend Fetzen ging. 7 
schlossen, als erster vom Berg herab mit schwerster Aus diesem Beispiel sieht man, wie die Holz⸗ 
Ladung den Anfang zu machen. Mit dem waren nechte in treuer Kameradschaft einer für den ande— 
alle einverstanden und-der Streit war beigelegt. cen mit dem Leben einspringen.
	        
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