Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 5 1932 (Nr. 5 / 1932)

sten Punkt im Umfange der Stadt ein. Einen eigen— 
thümlichen Anblick gewährt der dreieckige Hof, in des— 
en Mitte auf einem fetten Rasenflecke im dichten 
Schatten mächtiger Bäume ein frischer Brunn rieselt. 
Selten unterbricht ein anderer Laut die Stille, dann 
und wann schleicht ein Bedienter, ein Reitknecht durch 
den Hof, in einer Ecke sitzt der gefangene Gemsgeier 
autlos in seinem Käfig und träumt von der lieben 
Freiheit. Der Wind, der hier oben über Thurm und 
Dächer streicht, ist das lauteste, was man vernimmt. 
Natürlich! von allen Bergen herein erreicht jeder Lüuft— 
zug leicht und ungehindert das hochgelegene Schloß. 
Wenn mir auf der Steyrbrücke recht viele roth— 
oäckige Kinder begegnen, so freut es mich immer herz— 
ich. Kinder sind ein Segen Gottes und gibt Gott das 
Häschen, so gibt er auch das Gräschen; dort wo viele 
Kinder leben, ist viel Nahrung und wo viel Kinder 
sind, ist viel Glück. Kann ich mir denn ein hübscheres 
Bild denken, als einen hundertjährigen Apfelbaum, 
der einem Knaben einen rothbackigen Apfel in den 
Schooß wirft. Während der Kleine an der Frucht 
aascht und sich erfrischt, scheint der Baum an die Zei— 
ten zu denken, wo er, ein kleines Bäumchen, seine 
ichwachen, grünen Arme in heißen Tagen gegen den 
Himmel streckte, der dann Regen und, Thau herab— 
varf und ihn erquickte. Unter der Steyrbrücke rauscht 
und braust es überlaut; dort ist ein gewaltiges Wehr, 
lebendig fliegende Räder treiben eine klappernde 
Mühle und die zischenden Schleifsteine der Messer— 
und Scherenschmiede. Da hat wohl mancher als Kind 
zagend in die brausenden Wogen geschaut, der dann 
als Mann standhaft durch ärgere Stürme geschwom— 
men. Mögen wir doch vielen gesunde, fröhlichen Kin— 
dern auf der Steyrbrücke begegnen und mögen sie 
aufwachsen und der lieben Steyrstadt zum Ruhme, 
zur Ehre und Freuüde gereichen, wie der heitere Alois 
Blumauer, der im Eckhause in der Enge, gegen— 
über der Apotheke, geboren wurde, gewiß oft als klei— 
ner Wildfang über die Brücke lief und alswelt— 
berühmter Dichter starb. — So war Steyr; wie es 
— XRE 
Die neuen Chorfenster der 
Sattledter Kirche 
Zu den Bildern auf der nächsten Seite 
In der kleinen Ortschaft Sattledt zwischen Wels 
und Kremsmünster wird es wohl kaum jemanden ge— 
ben, der Englisch kann, aber bei ihrem neuen Kirchen— 
zau, da verstehen es die Sattledter ausgezeichnet, nach 
dem englischen Sprichwort zu wirken und zu handeln: 
„Where there is a will, there is a way.“ Wo der 
Wille vorhanden ist, da gibt es auch einen Weg zur 
Durchführung. Trotz der schwierigen Zeiten der Nach— 
kriegsjahre war in kaum zwei Jahren der Rohbau 
der geräumigen Kirche und der Turm fertig, wie er 
jetzt so schmuck und gefällig im Sattledter Landschafts— 
bilde dasteht. Wieder in weiteren zweie Jahren war 
— 
dienstes eingerichtet, der nun seit Sommer dieses Jah— 
res jeden Sonntag stattfindet.. * 
Ohne Ruhepause geht nun der rührige Kirchenbau— 
erein unter der tatkräftigen Leitung des Herrn Pater 
zugo Schachner an die innere Ausschmückung, die 
nit der Aufstellung von drei prächtigen Fenstern im 
Zresbyterium einen vielversprechenden. Anfang ge— 
iommen hat. — 
Eine junge hannoveranische Künstlerin, Fräulein 
Maximiliane Ackers, die aus dem angesehenen Bür— 
gjerhause Kronawitter stammt und in Kremsmünster 
zäufig ihre Ferien verbringt, wurde mit der Ausfüh— 
ung dieser Kirchenfenster beauftragt und das nun 
eruge Wert übertrifft tatsächlich an Zeichnung, und 
zarbengebung alle Erwartungen, die man an das 
unge, aufstrebende Talent gesetzt hatete.. 
Bekanntlich wird die neue Kirche als Hochaltar⸗ 
ilde das schöne Kremser Schmidt-⸗Gemälde von der 
Zteinigung des hl. Stephanus erhalten, aus dem 
Todesjahre des Künstlers 1801, das sich jetzt in der 
ßemäldegalerie befindet. Aus dieser Märtyrerszene, 
vo der Heilige umsinkt mit den Worten: „Ich sehe den 
zimmel offen und Christus herniedersteigen“, gestal— 
ete die fromme Künstlerin das Motiv ihrer Skizzen 
zu den Glasmalereien. 
Das mittlere der drei ovalen Fenster, die 2 Meter 
sjoch und 1.20 Meter breit sind, stellt Christus den 
Ferrn dar wie er mit. Kelch umd Hostie aus himm-— 
ischen Höhen segnend herniedersteigt, um in Brots— 
gestalt ällgegenwärtig im Gotteshaus der Gemeinde 
u weilen. Die beiden Seiten-Ovale stellen musigie— 
ende Engel dar, deren holdselige Köpfe mit den gro— 
zen, träumerischen Augen an die himmlischen Gestal⸗ 
en der frühitalienischen Malerei im Stile eines Botti— 
relli gemahnen. 6* 
Jeder fromme Kirchenbesucher und verständnis— 
»olle Beschauer wird den Eindruck gewinnen, daß die 
iguralen Darstellungen dieser Glasmalereien durch— 
ius modern empfunden sind, aber in weiser Zurück— 
zaltung in Ausdruck und Formgebung, so daß sie zu 
dem künftigen barocken Altarbild und der ganz ein— 
sachen Chorabsis, die nur durch Pilaster gegliedert ist, 
refflich passen werden. 
Zur herrlichen Farbenwirkung mit warmen, ge— 
ättigten Tönen, die besonders in den Gewändern der 
auten- und harfenspielenden Engel in Rubinrot und 
zunklem Violett, wie in irisierendem Smaragdgrün 
euchtend und strahlend hervortreten, können wir die 
eichbegabte Künstlerin nur beglückwünschen. Ebenso 
ildet das freundliche Blau des Mantels Christi einen 
unkleren Hintergrund zur strahlenden Gloriole und 
um überirdischen Glanz der heiligen Hostie auf der 
Brust, von welcher alles Licht ausströmt. 
Mit diesen prächtigen Glasmalereien, die der neuen 
dirche zur hohen Zierde gereichen, hat Frl. Ackers, 
zie ihre Studien an der Kunstgewerbeschule zu Han— 
lover bei Professor Karl Dröge und der bekannten 
Nalerin Carry van Biema absolviert hat, einen schö— 
ien Befähigungsnachweis für ihr schöpferisches Ta— 
ent und ihre Schaffenskraft beigebracht. Man hat 
inmittelbar das Empfinden, daß sie mit Freude und 
Nühe an diesen Tafeln gearbeitet hat; besonders im 
nilden Antlitze des Heilandes, der sich mit einer fast 
rauenhaften Gebärde so liebreich zu seiner Gemeinde 
jernieder neigt, erkennt man die schaffende Hand einer 
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