Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 20 1931 (Nr. 20 / 1931)

Raum, bäuerliches Handwerkszeug, hier gewaltiges Symbol, 
das unerbittliche, unermüdliche Rad der Zeit. Daneben das 
Kreuz — Zeit und Ewigkeit liegen oft nicht einmal eine 
Spanne auseinander ... Es duftet süß nach Heu und manch— 
mal rieselt ein Hälmchen knisternd auf uns herab. Die Tau— 
ben gurren, guckuruh, guckuruh . .. Wunderlich nimmt der 
Raum uns gefangen, Stein und Holz, Geruch und Laut der 
Natur klingen seltsam rührend ineinander, schaffen den allein 
möglichen, einfachen und würdigen Rahmen zu dem feierlichen 
Spiel, das wir erwarten. Da — ein Trompetenstoß! Ver— 
stummt sind die wielhundert Stimmen, der Vorhang ist laut— 
los aufgegangen. Zitternde Vorahnung heiligen Geschehens 
flutet in die Stille. Der Schäfer erscheint. Der Spielansager. 
Tief neigt er den breitrandigen Hut: „Es wird Euch vorge— 
stellt . . .“ Magdalena, die schöne Sünderin, wankt aus ihrem 
Haus. Der Kampf der Herzen beginnt. O Welt, o Eitelkeit! 
Im weißen, schlichten Kleid schreitet die Gestalt Christi 
über die Bühne . . . Rührend ist das Bild, da Jesus von sei— 
ner liebsten Mutter Urlaub nimmt. Wie zart und liebreich er 
sie kröstet! Aber das Geschehen der letzten Tage schreitet un— 
erbittlich fort. Der Meister sitzt inmitten seiner Apostel im 
Abendmahlsaal. Das ist wohl das schönste Bild. In schmerz— 
licher Ahnung gedämpft die Stimmen, das Volk singt das 
Fronleichnamslied, und da der goldene Kelch ehrfurchtswoll 
und behutsam im Kreise der Zwölf won Hand zu Hand geht, 
gurren die Tauben füß und innig. Von meiner Seele fällt 
vieles ab, bröckelt nieder wie morsches Gebäu. Kinder sind 
wir geworden, die arm und erwartend auf schmaler, harter 
Holzbank sitzen — göttlichem Wunder bereit ... 
Ernst und feierlich vollzieht sich das Spiel. Es ist lang, 
trotz der Pausen macht es müd, stellt große Anforderungen, 
seelisch und börperlich. Aber alle harren so geduldig aus, in 
heiligem Eifer. Manches ist ja freilich barockes Beiwerk, das 
fich für Ppäter zum Nutzen des Ganzen streichen lassen wird. 
Aber es ist ganz köstlich, mit welcher Freude, mit welcher Hin— 
gabe und Begeisterung die Leute bei der Sache sind, mit wel— 
hem Fanatismus möchte man sagen, sie ihre Rollen spielen, 
selbst die kleinste und unscheinbarste. Christi Kreuzweg ersteht 
in ergreifenden Bildern. O Haupt voll Blut und Wunden, 
voll Schmerz, bedeckt mit Hohn ...“ ESo rührend und er— 
schülternd vermag wohl selbst die vollendetste und schönste 
Predigt nicht die Welttragödie von Golgatha uns vor die 
Seele zu stellen. Lang ist's her, daß unsere kleinen Herzchen 
zum erstenmal in innigstem Mitleid erzitterten, da der Kate— 
chet in der Schule die Leidensgeschichte erzählte. Lang ist's her 
und viel, viel haben wir vergessen! Mit großer Wucht sehth 
Zarwoche vor uns, tief prägt sich das Spiel unserer o 
»in. Vielleicht auch deshalb, weil es von Naturmen'chen 
turnahe gespielt wird. Ich habe einmal eine Passion 8 
»on Berufs'schauspielern dargestellt mit allen Feinhenen, 
Bühnenkunst und unerhörter Pracht der Ausstattung, se 
nich vollkommen kalt. Hier aber rühren die einfochen so 
chen an unser Herz. 
Da Veronika das Linnentuch entfaltet und anklagendb— 
Volke weist, reißt in meiner Seele etwas entzwei. Ihh spi 
es schmerzlich und selig zugleich. Viele Frauen weinen. Py 
hes verbitterte, von Sorgen und Kummer verhärtete hꝛ 
chluchzt in diesen Tränen und das große Mitleiden mithe 
urchtbaren Sterben des Einen, Göttlichen, Unschuldigte 
äßt eigene Not und eigenes Kreug leichter und selbstwersün 
icher ertragen. So wird das Spiel nicht nur zu eineru 
giosen und heimattreuen, sondern auch zu einer sozialend 
Ind dies Dreifache mag wohl schönster Lohn für alle Mih 
ein. Denn viel Opfer und DIdealismus hat es gebrouchteh 
es Spiel einzustudieren, das Werk zu wagen. Viele dy 
„aben die Spieler willig gebracht, denn es ist wohl kein bi 
tes, nach hartem, bäuerlichen Tagewerk, des Abends Po— 
zu lernen und von weit zu den Proben herzuwandern. 
Da das Spiel geendet ist und wir durch das große! 
auf die nächtlichen Wiesen hinaustreten, rauscht der Re 
in schweren Rhythmen hernieder. Schweigend wandern 
heimzu. Auch in unseren Herzen sind Quellen aufgqehreh 
zeut — Gott und Heimat — rauscht es gewaltig und jrhe 
in uns und unsere Gesichter leuchten von Geheimmnisvol— 
trotz Nacht und Finsternis. Tina Ppfeffern 
Als Textgrundlage für die Traberger Aufführung w 
)as verbreitete alpenländische Passionsspiel in der Kärn 
Fassung, wie sie Dr. Graber zusammenstellte, verwendet 
Aten, wuchtigen Szenen des Mittelalters sind darin in 
Barockzeit überarbeitet und zu einem umfangreichen 
erweitert. Eingeleitet von der Abendmahlszene, bilden 
Szenen der Gefangennahme Christi die erste große br 
rür sich. Das Gegenstück zu den Slbergbildern in ihrer 
ziösen Weihe bilden die grotesken Teufelsbilder vom 
weiflungstod des Judas. Die Verurteilungsszenen h 
eine barocke Häufung des Gerichtsmotives. Der Gang 
Erstklassige Darlehen auf oberösterreichische Liegenschaften und die Haftung des Landes Oberöster⸗ 
reich bürgen für die Sicherheit der 
V 388808086 — —536068 
bei dee egz 
oberösterreichischen Landes Hypotheken⸗Ansto 
Linz, Steingasse 4 Linz, Landstraße 38 * 
Keine Vertreter! 
2 
— 
38
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.