Volltext: Heimatland Wort und Bild aus Oberösterreich Nr. 1 1924 (Nr. 1 / 1924)

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Eine besondere Art innerhalb der großen Zunft der Diebe, 
Adeten früher die Beutelschneider, die sich bei Volksaufläufen, 
vie Jahrmärkten und dergleichen, das Gedränge zunutze 
nachten, um den Leuten die Beutel abzuschneiden, das heißt 
die Geldtaschen, die aus Fell, meistens Katzenfell (vergleiche 
eldkatze) hergestellt waren und an Riemen um die. Hüfte 
getragen wurden. Heute gibt es zwar keine Beutel mehr ab⸗ 
zmm übertragenen Sinne ist es eine ansteckende Krankheit bei 
HNenschen und Vieh. Hier findet auch die nied erdeutsche 
sedenbart: „He hät em en Schalm andon“, ihre Erklärung:; 
Schalm hat dann überhaupt den allgemeinen Sinn von Leid 
zer Beleidung erhalten. Aus der ursprünglichen Bedeutung 
on Schelm konnte sich im Mittelhochdeutschen ünd älteren Neu— 
hochdeutschen der Begriff elender Mensch, Betrüger, Dieb, 
Verführer entwickeln. In der neueren Sprache sind alle 
diese entehrenden Bedeutungen verblaßt; teils erhielt das 
Wort einen mitleidigen Sinn, wie es schon Wieland ge— 
brauchen konnte: „ein armer Schelm. von einem Erden— 
sohn“, teils wurde es in neckischer Sprache zu einem 
Kosewort, wie etwa im „Faust“: „Ach, Schelm, so neckst 
du mich!“ Daneben bedeutet Schelm heute soviel wie 
witziger, schlauer Bursche, dem man aber trotz seiner 
pfiffigkeit nicht böse sein kann, sondern ihn gerade des⸗ 
wegen vielmehr schätzt. Und wenn wir jetzt von jemand 
sagen, daß er ein Schelm sei, so denken wir sicher nicht an 
den üblen Sinn des Wortes in früheren Zeiten. — 
Natürlich sind die Vertreter der Schelmenzunft mit 
dem bisher behandelten noch lange nicht erschöpft; da gibt 
es noch Lumpen, Schufte, Strolche, Vagabunden usw. in 
Hülle und Fülle. Aber ihnen allen haftet zu sehr das 
Gemeine und Niedrige an, ihnen allen fehlt jenes Schlaue 
und Durchtriebene, Kecke und Verwegene, das uns das 
Geschlecht der Schelme in einem milderen Lichte er⸗ 
scheinen läßt. 
Vom Domweihefeste in Linz: I 
Die Studentenkapelle des Missionskonviktes von Ried i. J. 
Phot. Weidinger, Linz. 
Gy 
zuschneiden, die Spitzbuben haben sich aber den veränderten 
Verhaältnissen angepaßt und betreiben ihr Ges chäft als Taschen— 
diebe weiter. 
Das Wort Spitzbube ist ebenfalls nicht mehr ohne weiteres 
verständlich; denn spitz hat hier noch die Bedeutung von klug, 
schlau, trügerisch. Diesen Begriff der listigen, betrügerischen 
Zchlauheit verbindet man schon seit dem ersten Aufkommen 
m 16. Jahrhundert mit dieser Bezeichnung. Und so läßt 
Schiller auch in seinen Räubern Spiegelberg von sich und seines⸗ 
gleichen rühmen: „Ich pflege 
mmer zu sagen: Einen honetten 
Menschen kann man aus jedem 
Weidenstappen formen, aber zu 
einem Spitzbuben wills Grütz.“ 
diese Listigkeit und Pfiffigkeit der 
Zpitzbuben, deren Streiche neben 
berechtigtem Unwillen oft genug 
ein Lächeln erregt haben mögen, 
scheint den Bürger wohl auch 
etwas versöhnlicher und milder 
gestimmt zu haben; denn es ist 
icher kein Zufall, daß gerade das 
Wort Spißbube später in der 
milderen und weniger verletzen; 
den Bedeutung eines pfiffigen, 
durchtriebenen Menschen gebraucht 
Wrd, so in Spitzbubengesicht, 
pitzbübisch lächeln usw. Denselben 
Bedeutungswandel hat das Wort 
—— Althochdeutsch 
scelmo and scalino heißt zunächst 
oter Körver, Kadaver; diese Be— 
deutung hat sich in den Mund— 
Irten, auch im Niederdeutschen, 
— wie die sprich⸗ 
wörtliche Redensart zeigt: „Sien 
Pierd tom Schelm maken loten.“ 
Die Serviette. 
Von Marie Schade. 
124 * 
— a 8 — 
2 * .a 
Wie schmerzlich ist es mancher Hausfrau, daß sie jetzt so 
parsam mit der Serviette umgehen muß! In der Zeit unseres 
Vohllebens war es ganz selbstverständlich, daß auf dem ge— 
Feckien Tisch die Serviette lag. Ein Fehlen dieses uns durchaus 
lolwendig erscheinenden Gegenstandes hätten wix als Un⸗ 
Wiedersehensfest: Die alte Hessenfahne, die neugeweihte Fahne der Zweierschützen 
und die Fahne der freiwilligen Schützen vor der Uebergabe in das Museum 
am 8. Juni 1924. VWhot: Weidinger, Linz. 
J
	        
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