Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 27 1917 (Nr. 27 1917)

waren die Stiefel wieder defekt. Jetzt wurde der Haupt¬ 
mann ganz wütend und schimpfte über die „verdammten 
Teufelsschuster", welche immer nur das schlechteste Leder 
zu seinen Stiefeln nehmen. Johann kannte des Rätsels 
Lösung und war froh, daß diesmal die Schuster die 
„Blitzableiter" für das Donnerwetter seines Herrn waren. 
Ein paarmal wollte sich Johann marode melden, 
aber da kam er beim Herrn Hauptmann nicht gut an. 
„Bei mir gibt's kein marod, entweder gsund oder tot!" 
lautete der kurze Bescheid — und Johann schlich traurig 
aus dem Zimmer hinaus, tief betrübt über die Härte 
und Gefühllosigkeit seines Herrn. (Schluß folgt.) 
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„Der roetfje Djerr Des schlschlselDes." 
(Jean Henry (Johann Heinrichs Dunant, der Gründer des 
Roten Kreuzes.) 
Von Josef Harter-Hart, Steyr. 
(Fortsetzung und Schluß.) (Nuchdr. derb.) 
Auf der Höhe seines Glanzes stehend, geehrt von 
Fürsten und Bürgern gleich einem Fürsten, errichtete 
Dunant 1867 eine gemeingeistige Musterkolonie in Tunis, 
zu welcher ihm reiche Genfer Bürger große Summen 
vorstreckten. Doch das Unternehmen bewährte sich nicht 
und die aufgewandten Summen waren verloren. Dunant 
traf der Schlag um so schwerer, als er den Rest seines 
einst ansehnlichen Vermögens hiefür eingesetzt hatte. Doch 
die Sorge um eigene Existenz trat im Hinblick des 
Mitleides, daß es noch schwerer geprüfte Menschen gibt, 
welche der Hilfe dringender bedürfen als er, zurück. 1870 
und folgendes Jahr war er in Paris. Von erster Morgen¬ 
stunde bis in die sinkende Nacht 
bemühte er sich um Verwundete, ( 
Kranke, Greise, Frauen und Kinder. 
Der unglücklichen Kaiserin Eugenie 
stand er tröstend zur Seite. Dann j 
reiste er nach England. Lange Jahre 
war er für die Oeffentlichkeit ver¬ 
schollen. 1896 veröffentlichten zwei' 
Journalisten, Redakteur Sonder¬ 
egger, Präsident des Roten Kreuzes vamtm " 
in Heiden am Bodensee (Appen- 
zeller Ländchen), und dessen Kollege • ' 
Baumberger in St. Gallen in flam- 
menden Worten die Nachricht, daß 
Dunant im Krankenhaus in Heiden jk -v 
als gebrochener und auf Hilfe an- 
gewiesener Greis sei. Nochmals . ^ 
durchzuckte die Kunde gleich Blitz- • J| 
strahl die Lande der Kultur. Die 
Menschheit erinnerte sich, daß sie 
diesem Mann großen, unzahlbaren 
Dank schulde. Aus allen Ländern 
kamen Liebesgaben. Kaiserin- 
Witwe Maria Feodorowna von 
Rußland bedachte ihn mit jährlicher 
Rente. Freunde und Verehrer ver- Garnison 
vollständigten das Werk, um ihm 
einen sorgenfreien Lebensabend zu 
sichern. Doch der bescheidene Mann 
befreundete sich erst allmählich mit der gebesserten Lage. 
Treu blieb er seiner bescheidenen Lebensweise. 1901 fiel 
in der Verleihung des Nobelpreises für Friedensbewe¬ 
gung der letzte Sonnenstrahl auf sein verdüstertes Gemüt. 
Als der große Idealist am 30. Oktober 1910 in Heiden, 
fern von seiner Vaterstadt Genf und der Geburtsstätte 
der Konvention und des Roten Kreuzes, im 82. Lebens¬ 
jahre seine Augen für immer schloß, trauerte mit voll¬ 
stem Recht die gesamte Menschheit an der Bahre ihres 
großen Wohltäters, dessen Werk so groß ist, „daß man 
kaum wird von Nächstenliebe sprechen können, ohne 
seinen Namen zu nennen", wie der geistliche Redner an 
Dunants offenem Grabe mit Recht bedeutete und welche 
in den Worten über den erhabensten Zweck seiner 
Schöpfung ausklang: „Das Zeichen des Roten Kreuzes, 
das Henry Dunant in die Welt gesetzt hat, ist ein 
heiliges Zeichen, es ist im Krieg eine große Wohltat 
und führt im Frieden alle Menschen der Welt näher 
zusammen. Wenn wir von Liebe reden, wollen wir stets 
dieses Mannes gedenken." 
Freilich steht sein Werk nicht vereinzelt da. Seit dem 
sechzehnten Jahrhundert waren verschiedene Anregungen 
gegeben und Vereinbarungen getroffen worden, um das 
Los der im Krieg Verwundeten zu bessern. Fast gleich¬ 
zeitig mit Dunant ergriffen Dr. Palasciano in Neapel 
und Arrault in Paris das Wort für gleiche Bestrebungen. 
Beide hatten wie Dunant die Erfahrungen des italieni¬ 
schen Krieges 1859 zu Kundgebungen veranlaßt. Prak¬ 
tisch zeitigte einzig Dunants Vorgehen Erfolg. Historie 
hat ihm allein den Ruhm zuerkannt, Vater der Genfer 
Konvention zu sein. Mit seinem Ruhm sind die Männer 
der Genfer „Gemeinnützigen Gesellschaft", in erster Reihe 
Moynier, der Präsident dieser Gesellschaft, verbunden. 
Noch 1862 als „idealer Schwärmer" von Ungezählten 
belächelt, hatte Dunant die Genugtuung, im Deutsch¬ 
dänischen Krieg seine Idee durch organisierte, freiwillige 
Warum? ,n h 
(flach« 
Warum nur die lieben Sternelein 
Hoch droben am Himmelszelt 
Blinken so heiter im strahlenden ficht, 
Während so trübe umflort die Welt? 
Warum auch lächelt der stille ITlond 
flut uns voll Frieden herab? 
Da doch der wilde Krieg nichts schont 
Und schaufelt Grab um Grab! — 
€s scheint uns ein Rätsel der Unnatur 
Und will uns fast verdrießen. — 
Sie aber blinken und leuchten nur, 
Weil sie vom Sterben nichts wissen. 
Bei ihnen gibt es nur siebe und sicht 
Und selige, himmlische Ruh’ — 
Sie verstehen das Streiten der ITlentchen nicht 
Und winken uns frieden zu! — 
Marie C resccnce Gräfin Cappy.
	        
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