Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 45 1916 (Nr. 45 1916)

ihn zu beschwichtigen, indem er 72 Ordensritter erwählte, 
diese zum Papst sandte, um die Schandtaten zu gestehen. 
Hätten diese geleugnet, wären sie als rückfällige Ketzer 
verbrannt worden. Hiedurch sollte der Papst überzeugt 
werden, daß viele Templer schuldig seien. 1309 und 
1310 wurden allenthalben Ordensritter verhört. Nur 
in Frankreich gab es solche, welche mit Anwendung der 
Folter den Orden bezichtigten. Der Papst bestimmte, daß 
ein allgemeines Konzil entscheiden sollte. Jenes zu Vienne, 
das schwach besuchteste Konzil, tagte von 1311 bis 1312. 
Eine hiezu bestimmte Kommission prüfte die faden¬ 
scheinigen und nichtssagenden Untersuchungsakten und 
erklärte feierlichst, daß die erbrachten Beweise nicht ge¬ 
nügen, den Orden „ohne Ungerechtigkeit und Beleidigung 
Gottes" zu verurteilen. Doch Philipps unersättliche 
Habsucht forderte ungestüm die Aufhebung, „weil heiliger 
Eifer für den wahren Glauben Uns treibt". Unter Zu¬ 
stimmung der Versammlung willfahrte Klemens V. Als 
„verhaßt", „verdächtig" und „unnütz", „nicht durch rich¬ 
terliche Entscheidung, sondern durch päpstliche Verwal¬ 
tungsmaßregeln" hob er den Orden auf. Die Güter 
wurden dem Johanniterorden zugesprochen, um sie dem 
Zweck zu erhalten, für welchen sie gestiftet waren. 
Aber Philipp behielt die Besitzungen für sich und 
erst sein Nachfolger überwies einen Teil seiner Bestim¬ 
mung. Ueber die Personen der Templer sollten in ein¬ 
zelnen Ländern Provinzialsynoden entscheiden. In Frank¬ 
reich endeten noch viele auf dem Scheiterhaufen, weil 
sie den Orden solcher Verbrechen nicht beschuldigten. Gro߬ 
meister Jakob von Molay sollte auf hohem Gerüst vor 
der Kathedrale von Paris angesichts des brennenden 
Scheiterhaufens sein auf der Folter erpreßtes Geständ¬ 
nis wiederholen. Er widerrief dieses und erklärte den 
Orden als rechtgläubig und frei von Schandtaten, worauf 
er heldenmütig den Scheiterhaufen bestieg, um seine 
wahrheitsgetreuen Aussagen mit dem Tode zu siegeln. 
Es wird erzählt, daß er inmitten der Flammen Papst 
und König binnen Jahresfrist vor Gottes Richterstuhl 
gefordert hätte, was eintraf. Papst Klemens V. starb 
am 20. April 1314 und noch gleichen Jahres folgte 
ihm Philipp in den Tod. Den heldenmütigen Gro߬ 
meister verehrte das Volk als Märtyrer. (Forts, folgt.) 
Heimweh. 
Skizze von K. v. Niederrhein. (Rachdr. verb.) 
Eine heiße, unwiderstehliche Abenteuersucht hatte ihn 
vor Jahren hinausgetrieben in die Welt. Leichtsinnig, 
übermütig, wie er schon als Kind gewesen, zog er fort 
Kine interessante Aufnahme des amerikanischen Alaaa- 
schisses „Wew NorK". 
Bon den hohen Brücken, die die durch Wasser getrennten Stadtteile 
von New York verbinden, lassen sich besonders gute Aufnahmen aus 
der Vogelschau von den unten vorbeifahrenden Schiffen anfertigen. 
Man bekommt da ein ganz anderes Bild von so einem Schiffe, als 
wenn es, wie sonst üblich, von der Seite aufgenommen ist. Hier sehen 
wir nur einen kleinen Teil des amerikanischen Flaggschiffes „New 
P ^llte der Manhattan-Brücke aus aufgenommen. Man 
kann sich schon aus den Figuren der Matrosen im Vergleiche ein Bild 
machen von der Größe eines modernen Kriegsschiffes. 
Die natürliche Größe einer 42-Zentimeter-Wombe. 
In der Ausstellung für Lazarettwesen und Feldbedarf, die im 
Reichstags-Gebäude in Berlin stattfand, wurde auch die Nach¬ 
bildung eines früheren Kruppschen 42-Zentimeter-Geschosses ge¬ 
zeigt, um wenigstens die Größe der setzt im Gebrauche befindlichen 
42-Zentimeter-Bomben darzustellen. 
zu ungewisfen Taten. Hinaus ins Weltall über Land 
und Meer ging kühn sein Sinn. Ihn lockte die Ferne 
mit ihren Wundern und ihrer Wechselseitigkeit. Zu eng 
die Heimat, der Kreis zu begrenzt. Fort von der Heimat. 
Fort. Ach, diese Heimat. Wie kleinlich, erbärmlich der 
Gedanke, nicht über die Pfähle des Dörfchens hinaus¬ 
zukommen. 
Sein Drang ins Weite war stärker als seine Treue 
zum Elternhaus, mächtiger selbst als seine Liebe. Und 
weinte auch die Mutter sich die Augen rot. Er mußte 
fort. Und bat und ftehte das blauäugige Töchterchen 
des Nachbarn auch beim Abschied ;mochte sie auch von 
Heimweh sprechen! Was war das, Heimweh! 
Fort, nur fort! 
Jahre sind vergangen. Die Dröllhofbauers- 
tochter schläft nun längst als Opfer 
ihrer Treue auf dem kleinen Dorfkirch¬ 
hof, und auch die alten Eltern sind 
längst zur Ruhe eingegangen. Lange 
Zeit nach ihrem Tode wurde dem 
Fortgezogenen die Kunde davon zu¬ 
teil. Kaum trat in sein Auge eine 
Träne. Immer weiter ging er von 
Land zu Land. Die Heimat vergaß 
er längst und alle, die ihm einstens 
nahe standen. 
Dann kam die Einkehr, der Sieges¬ 
zug des Heimwehs in sein Herz. Von 
langen Irrfahrten war er wieder im 
Vaterland gelandet. Just zu der Zeit 
des großen Krieges, als die Furie des 
Verderbens ihre lodernde Fackel zwi¬ 
schen die Völker Europas warf. 
Da wurde es in ihm hell. Heimat. 
Ja, die hatte er längst vergessen im 
Sturmgebraus der Gefahren und ge¬ 
suchten Abenteuer draußen in der 
Welt. Aber Vaterland?! 
Bald kämpfte er mit. Wie ein 
Löwe warf er sich bei jeder Gelegen¬ 
heit mit Todesverachtung und Mut 
dem Feinde entgegen. Wenn dann die 
Ruhestunden kamen, lauschte er oft 
den Erzählungen der Kameraden, 
wenn sie von der Heimat sprachen, 
von Eltern, Weib und Kind und von 
der treuen Braut. Lauschte den 
Worten und verstand sie nicht. Was 
war das? Heimat, Liebe, Heimweh? 
Was das Heimweh war? 
Mit furchtbarem Getöse tobte die Gin 
Schlacht. Von der schweren Geschütze 
Gedröhne erbebte rings die Erde. Eine 
kleine Abteilung hält bei aufgehender 
Morgensonne einen großen Gutshof in stärkster 
Verteidigung gegen eine gewaltige Uebermacht 
von Feinden. Wenn nicht bald Verstärkung 
naht, ist die kleine Schar verloren. Schon dringt 
ein Hüne aus den Reihen der Feinde mit 
wildem Fluch heran und stößt dem tapferen 
Führer erbarmungslos das kalte Eisen in die Brust. 
Ein Aufschrei — dann sinkt er zu Boden. Er fiel 
ehrenhaft und kühn, wie alle die anderen. 
Lange darnach ward's stille im Tal. Der letzte Kam¬ 
pfesklang verhallt im Gebirge wie in der Ferne rollendes 
Gewitterdonnern. 
Da schlägt er die Augen auf. Wirr, unstet blickt er 
um sich. Durch seine Finger, die er im Schmerz auf 
die klaffende Wunde preßt, perlt das Blut. Sein Herz 
klopft in lauten Schlägen. 
Und dann entschlüpft seinem bleichen Munde ein 
Wort, das er so lange nicht genannt: „Mutter!" 
Fiebernd sinkt er zurück ins Gras. Oder umfängt 
ihn ein süßer Traum? 
„Mutter", hallt's wieder und „Vater"! 
So finden ihn die Kameraden. 
Einer hält bewegt seinen Kopf und fragt, was er 
für ihn tun könnte. 
Da stöhnt der Sterbende auf. 
„Laßt die Wunde brennen, aber stillt mein Heim¬ 
weh! Grüßt die Heimat, die Eltern. Sagt—ich kenne 
es wieder — dieses Sehnen — Heimweh — !" — — 
Die nächste Morgensonne begrüßte im Tal ein 
schlichtes Heldengrab. Auf seinem Kreuze standen die 
Worte: „Einem Tapferen, der im Tode wieder empfand, 
was Heimweh ist." 
Kesiermchs Verhältnis zu unseren jetzigen Ieinöen 
in früheren Zahrhunöerten. 
Von Michael Kaltenbrunner, Kooperator. 
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) 
Schon im Mittelalter war Frankreich ein recht 
kriegerischer Staat, doch hat es damals meist mit Eng¬ 
land die Waffen gekreuzt und die Deutschen in Ruhe 
gelassen. Frankreich und England blieben auch in Hin- 
kunst bis in die allerneueste Zeit Feinde, denn jedes 
strebte nach der Weltherrschaft. Aber in der Neuzeit 
kehrte Frankreich in seinem Uebermute und in seinem 
Größenwahn öfter seine Waffen auch gegen die übrigen 
Nachbarn, ist dabei wohl manchmal groß geworden, 
schließlich hat es dabei selbst am meisten gelitten. Be¬ 
sonders war die wachsende Macht der Habsburger den 
französischen Königen verhaßt: die Habsburger waren 
ja deutsche Kaiser und geboten dadurch als oberste 
Herren über Deutschland und einem Großteil Italiens, 
malerischer Ariedßos in Straubing (St. Neter). 
(Phot. C. Robert Mayer, Stadtamhof.) 
sie besaßen ferner viele Besitzungen in Oesterreich, im 
Breisgau, in den Niederlanden, in Italien und Spanien, 
ja selbst das eben erst entdeckte Mexiko war ihnen dienst¬ 
bar. Deshalb großer Neid und Haß in Frankreich. Im 
Krieg gegen die Habsburger benutzte Frankreich stets 
rn sehr schlauer Weise den inneren Zwiespalt in Deutsch-
	        
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