Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 14 1916 (Nr. 14 1916)

Sonntag, 2. April 
sagt die Mutter, beim der hohe Herr wohnt zu weit 
weg und hat auch keine Zeit, sich um so kleine Buben 
zu kümmern. Er muß das ganze Bayernland regieren 
und das gibt Arbeit genug. Ist auf dem Lindenhof 
schon so viel zu tun, und der ist gegen das ganze Land 
bloß wie ein Blatt zum großen Lindenbaum, der auf 
dem Hofanger steht. 
Wenn er aber einmal groß ist, sagt die Mutter weiter, 
wird er seinen Paten schon einmal sehen, beim Oktober¬ 
fest zu München, wo so viele Leute zusammenkommen, 
oder wenn er einmal zu den Soldaten kommt. Er soll 
nur immer recht brav sein, dann schickt es 
sich schon einmal. Und dem König ja keine 
Schande machen! 
,' So sagt die Mutter und der Poldl 
merkt sich's. Wenn die anderen Buben 
. ; j etwas anstellen, was nicht recht ist, tut 
der „Königsbua" nicht mit. Das ist recht 
unb alles hat ihn gern. Und wenn's der 
König wüßte, täte er ihn gewiß auch recht 
loben, ben braven Poldl. 
So vergeht bie Zeit recht schnell. Die 
S Brüder vom Polbl stnb nacheinander schon 
alle Soldaten gewesen und jetzt kommt der 
„Königsbua" auch dran. Weil er es aber 
von den Brüdern schon weiß, wie es beim 
Militär zugeht, benimmt er sich bei der 
Musterung recht stramm und gehorsam. 
Und weil er ein gutes Maß hat und schön 
gewachsen ist, fragt ihn der weißbartige Be¬ 
zirksmajor, ob er zum Leibregiment mag. 
Das ist in München und ist dem König 
sein liebstes Regiment, weil lauter brave 
unb stramme Leute dabei sinb. 
„Jawohl, Herr Major!" schreit der 
Poldl, weil er es von den Brüdern schon 
h , . weiß, daß man beim Militär recht laut 
lUsll« schreien muß, das gefällt allen und der 
»vljlyen Bürgermeister sagt jetzt zu den Herren: 
„Zum Leibregiment paßt er gut, der 
Poldl, denn er ist sowieso ein Königsbua'. 
Und zwei andere Brüder von ihm sind auch bei dem 
Regiment gewesen." 
Hat der Poldl eine Freude! 
Wie er aber nach München kommt, sieht er den 
König nicht gleich, sondern er muß in die Türkenkaserne 
und da heißt's exerzieren. Und wie! Aber weil der Poldl 
einer von den Strammsten ist, kommt er bald auf Wache, 
und gerade an den Wittelsbacherpalast, wo der König 
wohnt. Das ist aber schon der Ludwig, denn sein eigent¬ 
licher Pate, der Luitpold, ist schon 
^— gestorben. Aber das macht nichts, 
der König ist deswegen doch sein 
Pate,^ uud^olche^eistige Freund- 
IeS nur kracht. Aber diesmal ist's 
sitzt nur der Kutfcher und der Leib- 
dabei. Sie haben keine Kronen auf 
noch besser wie das andere. Und wie 
er jetzt Gewehr herunterreißt wie 
R alle zwei, aber nicht boshaft wie der 
Leibjäger vorhin, und grüßen und 
, ., , ' nicken, als wüßten ste's längst, daß 
cstand6 mtleqcn unb er ber ..Königsbua" ist. Da hat er 
l eine närrische Freude und denkt sich: 
den Siebenten macht der König immer .den Paten. Unb 
weil der Landesherr gerade Luitpold heißt, hat er auch 
den Namen Poldl gekriegt. Die Mutter erzählt ihm vom 
heiligen Luitpold, das ist ein braver, löwenkühner Mann 
gewesen, und er soll nur diesen Heiligen recht nach¬ 
ahmen, bann wirb's schon recht, unb alle Leute haben 
eine rechte Frenbe mit ihm, bie Eltern unb bie Nachbars¬ 
leute unb gar der Landesherr. Er möchte feinen Paten 
einmal sehen, meint da der kleine Poldl. Das geht nicht,
	        
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