Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 2 1916 (Nr. 2 1916)

Sonntag, 9. Aärmer 
brnche des Dreißigjährigen Krieges Wohlstand und Glanz 
auch bei nns eingekehrt waren, kam doch beides nicht 
dazu, sich in der bildenden Kunst prahlerisch breit zu 
machen. 
Dazu steckten unsere Vorfahren doch allzu fest in alt¬ 
ererbter Einfachheit. Ihr frommer Sinn verlangte ins 
Innere der Dinge zu sehen und sie in derselben Schlicht¬ 
heit vom Maler und Schnitzer dargestellt zu finden, 
wie die Heilige Schrift und die Legende sie in Hoheit 
überliefert haben. Man sehe an dem hochberühmten 
Altar von St. Wolfgang in Oberösterreich, den der 
Pustertaler Meister Michael Pacher (f 1498) mit 
-seinen Gehilfen gemalt und geschnitzt hat, 
.»■yw die Anbetung der Könige, wie schlicht, 
wie volkstümlich steht sie da! 
Ik- Könnten diese Personen reden, sie 
sprächen gut und derb tirolerisch wie 
der Mann aus dem Volke, und lachten 
■F M den aus, der ihnen hochdeutsch käme 
g*j§F * und ihnen gar Komplimente über ihren 
Reichtum machen wollte. Nichts Besseres 
BwyEla auch hätten für einen solchen die präch- 
pf||gj9H tigen Könige auf dem Bilde des Martin 
lk Schaffner (f um 1541) im Ger- 
manischen Museum übrig, die ganz wohl 
deutsche Bürger sein könnten, wenn nicht 
gerade einer ein Mohr wäre. Die per- 
sönliche Anteilnahme des Künstlers wie 
des Beschauers zeigt sich ost in präch- 
tigster Weise. 
So vor allen bei jenen Gemälden, 
auf denen die Familie des Stifters vor 
gMyyH der heiligen Szene kniend dargestellt ist, 
wie z. B. bei dem des jüngeren Hans 
ifplg Holbein (f 1543) im Münster zu Frei- 
bürg. 
Noch schöner aber ist des Künstlers 
MMÜBi eigenes begeistertes Aufgehen in seinem 
Gegenstände. 
So bei dem berühmten Werke 
unsers Albrecht Dürer (f 1528) in den 
Uffizien zu Florenz, das den Meister selbst als 
einen der heiligen drei Könige darstellt, die dem 
Christkinde ihre Andacht und schönsten Gaben dar¬ 
bringen. 
Man kann also durch die Jahrhunderte verfolgen, 
wie aus volkstümlichster Empfindung heraus die Künstler 
gerade die Darstellung der heiligen drei Könige immer 
wieder für ihre Werke wählten. 
Noch in neuester Zeit hat Schraudolf (f 1879) auf 
einem feierlichen, tief ernsten Gemälde des Münchener 
Maximilianeums den Gegenstand bearbeitet, und Uhde 
für ihn mehr denn einmal nach seiner Art unmittel¬ 
baren Zusammenhang mit dem Leben der Gegenwart 
zu gewinnen getrachtet. 
Zu den schönsten gehört sicher sein „Stern von 
Bethlehem", den die heiligen drei Könige jubelnd 
begrüßen. 
_____ War doch das 
^1 Gestirn ihren An- 
gen entschwun¬ 
den, und nun 
finden sie es 
wieder, gerade wie 
es auch manches 
alte Dreikönigs- 
lieb schildert, als 
sie aus betn win¬ 
terlich verschneiten 
Wcitbe ans eine 
Lichtung reiten 
unb plötzlich ber 
himmlische 
Schein sie samt 
ihrem Gefolgenm- 
Leopold Rests), Stift 5t. flonatt. UT| 
eine echte unb rechte Krippenbarstellung. Der Stall, 
ober besser gesagt bie zu einem solchen hergerichtete 
Hausruine schaut fast genau so aus, wie man ihres¬ 
gleichen noch heute auf beut Krippelmarkt finbet — 
die Könige nicht minder wie die heilige Familie sind 
Charakterfiguren aus dein vollen Leben, nichts sieht 
man, was ablenkt, nichts, was überflüssig wäre, dafür ist 
dasjenige, was wir sehen, von allerfeinster, geistreichster 
Durchführung. 
Alles ist aus den Mittelpunkt konzentriert, auf bie 
heilige Jungfrau mit dem Jesuskinde, unb barum 
strebt auch bas Auge unb ber Sinn des Beschauers 
"Die heiligen drei Könige. 
(Schluß.) Von Johannes Wittman». (N-ichdr. Verb.) 
In Italien sehen wir am Ende des Mittelalters 
Maler unb Bilbhaner die Anbetung der Könige schildern. 
Der Motimnentalstil des Niccolo Pisano (f 1278) 
gestaltete an der. berühmten Kanzel des Baptisteriums 
zu Pisa die Szene noch mit Beschränkung auf wenige 
Figuren ganz im Sinne der alten Zeit. Dennoch hat 
auch er schon an der Kanzel im Dome von Siena die 
Könige mit reichem Gefolge begabt, unb von feinem 
Sohne Giovanni (f nach 1328) finden wir in Pisa 
wie in Pistoja Reliefs, die die Sache 
gleich bewegt auffassen. Lebhaft drama- MMk'" 
tisch, aber doch mit ebter Zurückhaltung 
gegeben ist bie Szene ans betn Getnälbe 
bes Leonardo da Vinci (f 1519) in den 
Uffizien zu Florenz. Dagegen zeigt schon jBjflysT| 
ein in der Londoner Nationalgalerie be- 
findliches Getnälbe bes großen Floren¬ 
tiner Meisters Filippino Lippi (f 1504) 
ein figurenreiches Getümmel mit soviel 
Schtlberung von Einzelheiten, baß man 
die heilige Jungfrau mit betn Kittbe, 
wiewohl sie boch ben Mittelpunkt bildet, 
fast übersieht. Zu ziemlich gleicher Zeit 
stellt sich in einem Gemälde bes Cesare 
ba Sesto (f um 1524) bie Anbetung ber 
Könige als ein szenisches Schaustück bar, 
belebt mit allen möglichen Figuren, mit 
prachtvoller Architektur einer Tempel- 
ruine, mit höchst reizvoller Lanbschaft 
als Hintergrund. Und bei Francesco 
Bassano (f 1591) gibt es gar Pagen, 
Hoszwerg und Dienerschaft, Reisegepäck, ‘ 
Rosse, Kamele, Affen. Mit welcher ge¬ 
radezu blendenden Pracht im Laufe der 
Zeit bie Darstellung in Italien umgeben 
würbe, lehren bie Krippen, bereu völlig ver- 
blüffettbe Durcharbeitung bis in aller- 
feinste, nebensächlichste Einzelheiten man int 
Bayrischen Nationalmuseum ftaunenb betrachtet. Daß 
mit solcher, man bars sagen raffinierter Ausflügelung 
von Einzelheiten bie geistige Vertiefung nicht Schritt 
halten konnte, ist kein Wunber. Auch in romanischen 
Ländern sind die wahrhaft großen Künstler darum immer 
wieder zur ursprünglichen Einfachheit zurückgekehrt. Der 
spanische Hofmaler Don Diego de Silva y Velasquez 
(f 1660) gehört zu jenen, die die Anbetung der heiligen 
drei Könige (auf einem seiner Silber in Madrid) frei 
von jeglicher Nebensache, nur mit knappster Anbeutung 
ber Dertlichfeit geschildert unb gerabe dadurch eine um 
so tiefer zu Herzen gehenbe Wirkung erzielten. 
Daß bie Kunstwerke, bie auf germanischem Boben 
entstauben finb, auf uns eine solche Wirkung ganz besonbers 
ausüben, liegt "wiederum in ber innigen Begeisterung, 
mit ber bie rtieberlänbifchen unb beutschen Meister sich 
beut Kern ber Sache zngewanbt unb sich mit ben 
Außenseiten weni¬ 
ger aufgehalten 
haben. Das große, 
mit vielen Szenen 
ans betn Marien¬ 
leben erfüllte Ge¬ 
mälde bes Hans 
Metttling(fl495) 
in ber Münchener 
Pinakothek ist 
auch bei seiner 
Darstellung ber 
brei Könige ein 
Muster feinster 
Zurückhaltung, 
nicht tninber bas 
berselben Samm¬ 
lung zu hoher 
Zierde gereichende 
Bilb bes Rogier 
van ber Weyben 
(t 1464). Es ist 
per Ariedenspakast in Kaag — eine steinerne Lüge, 
auf biefe Hauptgruppe, erfaßt ihre schönen, ruhigen 
Linien unb begreift in Anbacht ihre Bedeutung. Die 
Anbetung der heiligen drei Könige hat auch bei anderen 
niederländischen unb flämischen Malern vom 15. Jahr- 
hunbert an burch bie lange Blütezeit jener Kunst zu 
ben Lteblingsgegenstättben gehört. 
Hohen Ruhm genießen solche Bilder von dem nieder¬ 
ländischen Maler Peter Paul Rubens (f 1640) im Louvre, 
in Madrid; von Rembraudt ff 1669) im Buckingham 
Palace zu London. Aber auch bei niederländischen Werken 
findet man oft jenen zerstreuenden Ueberreichtutn, ber in 
ber italienischen Kunst so häufig ist. Man bars ihn wohl 
mit Recht aus ber zunehmenben Ueppigkeit ber Lebens¬ 
führung erklären, bie ihre idealisierte Wiebergabe in ben 
Werken ber Kunst zu erkennen wünschte. 
Unserm lieben Deutschland ist es nicht so gut ge¬ 
worben. Unb als im 16. Jahrhundert unb bis zum Aus- 
Die Beiden der Südweflfront 
Sie bauen hoch ein Ehrenmal 
Huf heißnmstrittner Rlpentrift, 
5ie schreiben kühn bei Donnerfjall 
£g hin mit warmer, ero'ger Schrift: 
„hoch Oesterreich, 
Du heilig 6ut, 
wir schirmen Dich 
flltt unserm blut. 
Doch niemals wirst in deinen Saun 
Du welsche Hochverräter schaun!" 
Die Liebe für das Rhnenteich 
Durchglüht ihr fjeq auf blut'ger Schani’ 
Sie führen deutschen Heldenstreich 
Und winden stech den Lorbeerkram: 
Lieb' Vaterland, 
vertrau auf sie, 
Sie streiten kühn 
Und weichen nie, 
Sie wirken dir ein Ehrenkleid 
Hus jtiannestreu’ und Tapferkeit! 
Sie stehen fest, ein Wall aus Erz, 
6en Eteuebcuch und welschen hohn, 
3n Einheit schlägt ihr biedres herz 
für habsburgs Reich und habsburgs Thron 
Sie stehen fest 
3tt Sturm und stampf, 
3n Schlachtenglut 
Und pulverdampf; 
Sie halten aus mit her; und Hand 
fürs Vaterland, fürs Vaterland! 
(jlflrf)öru(t verboten.)
	        
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