Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 30 1915 (Nr. 30 1915)

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Milder aus dem Wilitärleöen: Küche der Hffiziersmenage. 
Kruppe abziehender Soldaten am Linzer Bahnhof. 
Yr. 30. 
Konntag, 20. KugiM 
Mit großen Augen sieht er mich an, große, fragende 
Kinderaugen 
„Gibt es nicht, Herr; die Blumen blühen in un¬ 
garischer Erde ... und ungarische Erde ist treu!!" 
Am nächsten Morgen kam die Feldpost. Auch für 
ihn ein Briefchen. Lagen einige halbverwelkte Blüten 
im weißem Umschlage. — 
Und „Eljen a haza“ stürmten sie voran. 
Abends fanden wir ihn tot, mit seligem Lächeln 
aus den Lippen. 
Resedablüten bedeckten die Brnstwuude. Waren im 
warmen Herzblut neu erblüht 
Der siegreiche Kaiferaar. 
Gruppe vom Deutschmeisterdenkmal in Wien. 
Conte de Cavour, der Begründer des heutigen 
Italiens, war ein guter Staatsmann und schlechter 
Prophet. „Wenn Italien stark geworden sein wird" — 
so ungefähr sagte er — „erhebt zu Verona ein Trom¬ 
peter sein Instrument und bläst zum Kriege und Frank¬ 
reich wird in tiefster Sele erschrecken, denn ihm gilt der 
Kampfruf." 
Der Trompeter stand auf, blies in das Horn — 
doch siehe da, als man das Instrument näher besah, 
bemerkte man, daß es eine Kindertrompete sei. Und wie 
falsch klangen die Töne! Abasso Austria! 
Auf dem Kapitol zu Rom aber schnatterte an Stelle 
der für Heeresernährungszwecke requirierten Gänse der 
lorbeergekrönte d'Anuunzio. 
(Schluß.) (Nachdr. vcrb.) 
Für meinen Enkel geschrieben von Kurt Robitschek. 
Ein Wort von stillen Helden. Zweimal habe ich 
flüchtige polnische Juden weinen gesehen. 
Das erste Mal, als die Festung Przemysl im Monat 
März durch Hunger bezwungen fiel. Wortlos standen 
sie vor den nüchternen Buchstaben, schwere Tränen 
rollten über gramzerrissene, alte Gesichter. Przemysl war 
ihnen der Heimatsinbegriff. Und der war nun ver¬ 
loren gegangen. 
Einen alten polnischen Inden beobachtete ich durch 
lange Zeit. Er murmelte Sterbegebete. 
Das zweite Mal Anfang Juni. 
Vier Tage heldenhaften Ansturmes hatten das 
mächtige Bollwerk wieder in unseren Besitz gebracht. 
Stundenlang standen die mir schon bekannten Ge¬ 
stalten vor dem Redaktionsgebäude und starrten selig 
auf die lakonische Meldung. 
Glänzende, erregte Augen saugten sich fest an den 
befreienden Worten. Und ein Sachen, ein wortreicher 
Jubel ging durch ihre Reihen. Und wieder weinten sie, 
aber die Tränen waren diesmal durchleuchtet von dem 
Scheine der befreiten Heimat. 
Nur den Alten vermißte ich. Er war inzwischen 
vor Gram und Kummer gestorben. 
* * 
* 
Die ungarischen Honveds haben mit stählernen 
Lettern ihre Taten in das Buch der Weltgeschichte 
geschrieben. 
haza! 
ist Vaterlandsliebe, Feindeshaß, Todes- 
Der Ruf ist Sturm . . . ! 
Warfen die roten Teufel bei Tomaszow, Komarow, 
Krasnik ihren Pallasch in den brennend heißen Sand 
Galiziens, fingen die Kulturkämpferhorden der Kosaken 
mit bloßen Fäusten. Die Kerle waren ein ungarischen 
Säbelhieb nicht wert. 
Bei Krasnik war es. Die roten Teufel hatten Rast. 
Da faß ich mit einigen von ihnen um das Lagerfeuer. 
Zuckerrüben und Bratkartoffeln standen auf der Speisekarte. 
Und einer sagte: 
„Ob die Resedablumen noch blühen?" 
„ Warum, Jstvan?" 
„Als ich gegen die Moskals zog, Herr, habe ich der 
Aranka, meiner Braut, ein Töpfchen Resedablumen ge¬ 
geben. Solange die Blumen blühen, weiß ich, sie ist 
mir treu. Dann pflegt sie die Blüten und denkt an mich. 
Wenn aber die Blumen sterben, stirbt die Liebe . . . 
weil sie beide vergessen sind." 
„Sind die Blumen auch zuverlässig, Jstvan? Die 
Blumen blühen vielleicht — Aranka aber hat dich trotz¬ 
dem längst vergessen." 
Goldene Worte flössen aus seinem Munde in ben 
Draht ber „Ageuzia Stesaui", papierene Noten aus ben 
Kassen ber Ententemächte in feine Taschen. Hatte er 
einst von bem seelenvollen Augenauffehlage ber Düse 
gelebt, so zog er nun bie Existenzmittel aus bem Nieder¬ 
schlag feiner Verräterseele. 
Und neben ihm stand ein Knirps, der Zuaven- 
korporal Viktor Emanuel, im Nebenberuf König von 
Italien. Hatte unter feine Füße zur Erhöhung einen 
dreißigjährigen Büubnisvertrag gelegt. War aber doch 
nur ein winziger Knirps. 
Wie sagt doch der Volkswitz?! Er wurde Korporal, 
weil er nicht länger Gemeiner sein konnte. Vox populi... 
* * 
Mein lieber Enkel! 
Diese kleinen Episoden, diese belanglosen Gebanken 
sollen bir bas Studium des gewaltigen Zeitalters er¬ 
leichtern ; sie sagen mehr als trockene Geschichte. 
Du wirst viel zu lernen haben : Jahreszahlen, histo¬ 
rische Daten, geographische Begriffe, Namen: 
Masuren, Lüttich, Hinbenburg, Hötzendorf, Mackensen, . 
Kusmanek, Emmich, Kluck, Sinfingen, Pflanzer-Baltin, 
Stein, Hoefer, Joffre, Ruprecht von Bayern, Freuch, 
Kitchener, Cadorna ... 
Mein armer Enkel! 
Warum erlebst du diese Zeit nicht? 
Nicht immer wußte der Draht von Sieg zu melden, 
nicht immer lächelte uns die Kriegsgöttin. Aber nicht 
eine Sekunde lang hegten die Völker der Zentralmächte 
den Gedanken einer Niederlage. Das Vertrauen zum 
Sieg war unerschütterlich. Ihr Heer, dessen Führer, die 
ganze Organisation muß den Sieg bringen, das enb- 
gültige Niederringen einer Welt von Feinden. 
Und das ist wunderbar, groß 
Wenn du diese Zeilen durchblätterst, Enkel einer 
großen Zeit, bann wird ewiger Friede — durch das 
Blut ber Vorfahren stählern geschweißt — bein Zeit¬ 
alter beglücken. 
Unb ihr werdet mächtig fein, denn wir waren die 
Kraft, das Schwert. 
iiiiiiiiiiiiiiiiiMiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiMiiiiiniiriiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiinii ■min , > , , > 
Episoden aus dem Tiroler Krieg. 
Die allerhöchste Auszeichnung. 
Zahlreich sind die Tiroler Helden, die im Sause des 
Krieges sich bereits oben im Norden, im gallischen oder 
russisch-polnischen Flachland, in den Karpathen Aus¬ 
zeichnungen geholt, zahllos die Soldaten, die eine der 
„Silbernen" oder gar die „Goldene" tragen dürfen. 
Sie alle können stolz aus diese Medaillen sein, sollen 
aber dem braven Korporal Heinrich nicht zürnen, wenn 
er auf seine Tapferkeitsmedaille zweiter Klaffe — die 
anderen wird er sich bestimmt noch holen — ganz be¬ 
sonders stolz ist. Denn sie ist in der Tat die allerhöchste 
Dekoration, die jemals in diesem Kriege verliehen wurde.
	        
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