Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 25 1915 (Nr. 25 1915)

Das mar ein Bild! 0, ich vergäff es nicht 
Und lietze Gott mich hundert Dahre leben: 
flm Dorfplatz stehen sie im Sonnenlicht 
Die Veteranen, tapfer, gottergeben. 
Auf ihren Hüten flattert Cichengrün. — 
Ein Hornsignal. — Cs teilen sidi die Scharen 
Und vor die Reihen reifer Männer hin 
tritt würdevoll ein Priester, jung an Dahren. 
Sein froher Blick, sein wunderbares wort 
lsäf$t aller Krieger Herzen höher schlagen, 
Reifet audi die Dolkesmenge mit sich fort 
Und keiner, keiner kennt mehr ein verzagen. 
„Iflir haben eine Waffe m ehr als unser feind: 
Das ist das feste, deutsche Gottvertrauen, 
Und wenn die IDelt sich gegen uns vereint — 
U)ir zittern nicht vor falscher feinde Klauen. 
Cs lebe unser Kaiser, unser Heer! 
Und ein Hurra Iaht unr noch jubelnd weihen 
Wilhelm dem Zweiten, seiner wackren wehr! 
Dreimal Hurra dem treuesten der treuen!“ 
So ruft der Priesterjüngling flammend aus 
Und Segen fleht er auf die Krieger nieder. 
Aus tausend Kehlen tönt wie Sturmgebraus 
Das herrlichste der österreich’sdien bieder, 
noch ein Gebet, ein tränenfeuchter Blick, 
Cin flbschiedsgrüfjen dann nach allen 
Seiten. — 
Still kehrt das Volk zu Haus und Herd zurück. 
Dom fernen Kirchturm klinget Sonntagsläuten. 
(Flachdruck verboten.) 5. H. 5t. 
»i- 
Als ich wiederkam. 
Eindrücke eines Heimc,ekeHrten. Bon F. Schrönghamer-Heimdal, 
Offizier-Stellvertreter. 
Wer aus dem Kriege kommt, ist ein anderer Mensch. 
Ein Tieferer, der mit anderen Augen sieht wie vordem, 
als die Tage leicht dahinliefen und das Leben un¬ 
gefährdet in Luxus dahindämmerte. Alle die Dinge, 
ohne die wir daheim nicht leben zu können glaubten, 
haben wir entbehrt — aber nicht mehr vermißt. Es ist 
unglaublich, in welche Verhältnisse sich der Mensch 
pq* 
r&r 
pqu 
# 
W 
pq* 
ch 
* 
W 
W 
pq* 
pq* 
7 
pq* 
pq* 
ch 
* 
pqu 
p^ 
w 
w 
# 
* 
ZLikder aus London: Waukskirche. 
fügen lernt. Die ersten paar Tage hat man das Gefühl, 
als ob einem etwas mangle; das Alltägliche, Gewohnte, 
das nun weit dahinter liegt, wie ein versunkenes Land, 
hat einem anderen Wesen Platz gemacht, das nun unser 
ganzes Sein ausfüllt. Pflicht und Ehre, Feind und 
Gefahr, Sieg und Tod, das sind die Mächte, die uns 
nunmehr im Banne halten, Kräfte, in deren Bannkreis 
alles Frühere, alles das, was wir früher für wichtig, 
groß und wertvoll hielten, erbärmlich erscheint und uns 
lächerlich vorkommt. Der Kampf um die Freiheit, die 
ständige Lebensgefahr hat alles, was früher war, ver¬ 
tilgt und ausgelöscht. Ein Urzustand des Lebens ist es, 
auf seine einfachsten Bedingtheiten zurückgeführt: Ein 
Stück Brot in der Vorwelthöhle, im Schützengraben, 
ein kaltes Mahl um Mitternacht — wenn's gut geht —, 
ein halbfauler Apfel von einem granatzerrissenen Baum, 
um den sich daheim kein Bettler bückt, sind Lebens- 
£^000000000000000000000000000000001X2] 
genüsse und Leckerbissen. So sehr haben sich da draußen 
alle Werte umgewertet, daß wir uns wie im Himmel 
sühlen, wenn wir in sieben Wochen uns zweimal waschen 
können und dreimal die Stiefel vom Leibe bringen. Und 
auch diese Genüsse sind nicht ganz; das Damoklesschwert 
der steten Gefahr hängt über ihnen. Aber dieses Leben 
Mr. 25. 
Sonntag, 25. Juli 
'11 
in Pflicht und Gefahr, in Entbehrung und Entsagung 
hat uns gezeigt, wie wenig man zum Leben braucht, 
es hat die Sinne fein und stark, die Augen sehend und 
die Seele wissend gemacht. 
Unvergeßlich ist mir der Augenblick, als ich nach 
langen Kampfeswochen im Kriegslazarett zu Perouue — 
in Friedenszeit französische Kaserne — das erste deutsche 
Wort aus deutschem Frauenmunde hörte. Ein deutsche 
Hauptmannsfrau in schlichtem Schwesternkleide. Ein ernster 
Läugsdurch schnitt eines modernen Schlachtschiffes. 
Wlder aus London: Inneres der Wankskirche. 
Arzt, der mich eben untersucht hat und jetzt mit der 
Schwester ein paar Worte wechselt. Neben mir ein 
Leutnant von der gleichen Brigade wie ich, im bürger¬ 
lichen Stande Kammersänger, mit zerpeitschten Nerven, 
halb wahnsinnig, in ewigen Weinkrämpfen. Und da 
kommt das Ungewohnte: Ich höre nach langen Wochen, 
die mir wie eine Ewigkeit sind, die alles Erinnern an 
die Dinge vor dem Kriege in mir ertötet hatte, in diesem 
unvergeßlichen Augenblicke höre ich ein deutsches Wort 
aus deutschem Frauenmund: „Sie kommen heim!" — 
Heim? was ist das? Heim — Heimat — gibt es 
das noch? Jst's möglich? Schleier teilen sich und ein
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.