Volltext: Illustrierte Kriegsbeilage Nr. 17 1915 (Nr. 17 1915)

Jini Bigott 
Jlr. 17. 
Sonntag, 30. Mai 
1915. 
G 
— —— • 
Ire Eidesleistung der Jung schütze» im Arkadenhose des Landhauses in Linz. 
(Sonntag, 9. Mai 1915.) Ansprache des Feldknraten Kolba. Rechts vom Altar: Statthalter und Landeshauptmann. 
(Phot. A. Schwarz, Linz.) 
Ueberfcdl bei der Zifterne» 
(Aus dem Tagebuch eines Offiziers.) 
Das „Fremdenblatt" schreibt: Unser Häuflein rastet. 
„Zur Verfügung der Brigade," lautet die Götterbotschaft, 
die uns Oberleutnant B... in den Ruinen von S 
überbrachte. Die Brigade säubert in schwerem Kampfe 
den breiten insurgierten Grenzstreifen und arbeitet sich 
schwer zu dem scharf ausgesägten Grenzkamme hinauf. 
Vom wolkenlosen Himmel brennt die Sonne der Her¬ 
zegowina. Grell und heiß reflektiert ihre Strahlen der 
Karstfels. Verwundete werden von schweißtriefenden Bles- 
siertenträgern zum Wasser geschleppt. Ununterbrochen 
marschieren die Trains mit Getränkefäßchen, mit impro¬ 
visierten Gefäßen re. in dem Kugelregen zur Feuerlinie. 
Waffer! Wasser! Trotz des grausamen Komparativs „es 
gibt nichts Herrlicheres". 
Der Götterbote, mißtrauisch betrachtet, galoppiert wie¬ 
der heran. „Hauptmann H .. .. mit den verfügbaren 
Kräften des xten Bataillons rechte Flanke der eigenen 
Kräfte südlich L ... auf V , Planina decken." Außer¬ 
dem recht nette Nachrichten über den Feind. 
Also mit den pompösen verfügbaren Kräften (70 
Mann, ohne Telephon, ohne Blessierteuträger) los! Ohne 
London: Die Atöert-Kasse. 
Londons größter Saal, der gegen 10.000 Menschen faßt, in 
welchem die Deutschen interniert werden. 
Besinnen. Der „Stary Vojak" hass befohlen und sein 
jungfrischer Stakeck ausgeklügelt. Die V . . . . planina 
bloß 1600 Meter. 
Der schöne Saumweg in der Karte hört auf, der 
„Put", wie es landesüblich heißt. In endlosen Serpen¬ 
tinen, Augen offen, immer höher. Sonne erbarmungs¬ 
los, Pferde müssen zurück. Wir klettern. Ein wunder¬ 
volles Panorama zu unseren Füßen. Nach vier Stunden 
ist der Körper trocken wie ein Holz. Immer, wenn man 
glaubt, oben zu sein, noch eine Felskuppe. Der Durst 
ist nicht mehr zu ertragen, der Körper ohne die Wohl¬ 
tat des Schwitzens. Endlich, es dämmert bereits stark, 
ist die K ... . pl. erreicht. Unsere zu besetzende Stellung 
droht dunkel herüber. 
Mannschaft total ausgepumpt, nächtigen. Sicherung, 
System Igel. — Am nächsten Punkt alles gefechts¬ 
bereit — ohne Feuer. Nacht bitterkalt. Nichts zu essen, 
das ist gleichgültig, nichts zu trinken. Der Durst wird 
quälend. Trotzdem versinkt die Mannschaft, todmüde, fast 
augenblicklich in Schlaf. Horchposten und Patrouillen 
werden stündlich abgelöst. Vor Sonnenaufgang ist alles 
munter. Der Durst ist nicht mehr zu ertragen. Unten 
in der Mulde erblicken wir eine Zisterne. Wir haben 
lange gezaudert. Höhen verlassen ist ein Verbrechen, aber 
die Mannschaft bringen wir nicht mehr weiter. Hinunter! 
Grausame Enttäuschung. Die tiefe Zisterne, von Bäumen 
umgeben, hat nur ein schwarzes, erdiges Wasser. Eine 
Stunde wurde mit Kochkesseln an Putzschnüren Wasser 
geschöpft und trotz der Warnung gegen Gift getrunken. 
Die Leute kaum zu halten. 
Um 7 Uhr 30 Minuten vormittags verließen wir 
die Oase und gesichert ging es wieder hinaus in den 
zum Backofen gewordenen Kessel. Mit Hauptmann H 
an der Spitze, im Begriffe irgend einen Weg in der 
Felsenwildnis zu finden, saust es. auf einmal um unsere 
Ohren. Der bekannte Doppelknall der kleinkalibrigen 
montenegrinischen Gewehre. Feldbinden vertragen die 
Kerle nicht. Gott sei Dank, daß einige vorzeitig los¬ 
geknallt. Die einzeln abgefallene Kompagnie ist gewarnt. 
Mein braver Kompagnieoffizier, Reserveleutnant Lindner, 
ist mit den Leuten spurlos verschwunden. In welcher 
der unzähligen Dolineu? Frontalangriff, Wahnsinn. Wir 
müssen wieder auf die K . . . Planina und wenn's Graz 
kost'. Von der B . . . pl. kläfft es immer stärker herunter. 
Der Feind selbstverständlich unsichtbar. Die gut gezielten 
Spltzgeschosfe zerschellen an den Rückwänden der Dolmen 
mit peitschenartigem Knalle. Widerhall und Echo täuschen 
Flanken- und Rückenfeuer vor, mit einem Worte, der 
Teufel ist los. Da kommt auch schon mein Leutnant 
dahergestürmt. Wie der Blitz find feine Leute als Front¬ 
gruppe entwickelt und ins Feuer gefetzt. Der Befehl: 
„Auf der alten Höhe oben rechts — einzeln sammeln", 
von Loch zu Loch weitergegeben, leitet die dreistündige, 
für die Verantwortlichen so qualvolle Seitenverfchiebung 
ein. Zugsführer Radomski erhält den Befehl, mit ein 
paar Leuten um jeden Preis die K . . . Planina zu ge¬ 
winnen und einer gefürchteten Besetzung durch die Mon¬ 
tenegriner zuvorzukommen. Das war ein Springen, Klet¬ 
tern und Keuchen im Flankenfener. Bei der Frontgruppe 
krachte Salve um Salve. Die mit dem Terrain so ver¬ 
trauten Feinde empfangen meine Leute, alles mußte bei 
demselben Loche heraus, mit einer Feuerintensität, als 
wenn sie per Dutzend Hülsen bezahlt würden. Minimale 
Verluste, meist Sturzverletzungen. Endlich sind wir wie¬ 
der oben. Der alte Berg, der alte Durst. Wir deckten 
den Aufstieg der Frontgruppe. Horizontal im Grase 
liegend, bringt der Höhenwind etwas Kühlung. Ich ver¬ 
lasse in meinem Leben keine Höhe mehr und wenn die 
Aepsel der Hesperideu unten zu, holen wären. 
Die Besitznahme der V ... Pl. war eine Kleinig¬ 
keit. Man hat die Rückenlinie, setzt frontal ernsthaft an 
und bedroht den Rücken des Feindes. 
Mit der Grenze ist der sichtbare nackte Karst ver¬ 
schwunden. Herrliche Buchenwälder und Almen Ein groß' 
artiger Rundblick bis zu den nordalbanischen Alpen. 
Der brave Gefechtstrain trifft ein: Wasser! Wir 
haben trotz eines versuchten Nachtangriffes, der leicht 
abgewiesen wurde, herrlich geschlafen. Mit wahren Bo- 
denfeereitergefühleu betrachtete ich 500—600 Meter unter 
uns die Unglückszisterne, die fast unsere Vernichtung her¬ 
beigeführt hätte. 
Der wackere Zugsführer Radomski erstieg, die Wich¬ 
tigkeit feiner Aufgabe erkennend, unbekümmert um das 
feindliche Feuer und trotz der durch Überanstrengung 
eingetretenen Lungenblutung, in unglaublich kurzer Zeit 
die K. . . Planina und ermöglichte dadurch die Rokade 
der Kompagnie. 
Die große Silberne war der verdiente Lohn. 
Napoleon als Papiergeld» 
falscher. 
Es ist allgemein bekannt, daß Napoleon I. in seinen 
Mitteln, dem Gegner zu schaden, nicht wählerisch war. 
Daß er aber vor Ausbruch des Krieges falsches Geld 
des feindlichen Staates herstellen ließ, um es im Falle 
Jriedrich Hkeyerk 
ft, k. StaLthalterei- 
Konzipist 
Feldwebel-Kadett- 
Aspirant im Landst.- 
Jnf.-Reg. Nr. 2 
Alter Herr der katho¬ 
lischen Studentenver¬ 
bindung Austria-Wien, 
Besitzer der Silbernen 
Tapferkeitsmedaille 
I. Klasse, 
geboren zu Loosdorf, 
gefallen beiFelsörakocz, 
Komitat Saros, am 
24. März 1915.
	        
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