Volltext: Kriegsbilder Nr. 43 1916 (Nr. 43 1916)

Von 
Dr. Otto Grautoff. 
Mit 5 Abbildungen. 
Leidenschaft der Sinne 
heraus entstanden; die 
Kunst der nordischen 
Völker dagegen ist aus 
einer Leidenschaft des 
Geistes herausgewachsen. 
Das südliche Weltgefühl 
fand einen seiner Höhe- 
punkte im klassischen 
Menschen, das nordische 
Welt Gefühl im gotischen 
Menschen. Während der 
Südländer mit breiten 
Füßen auf der Erde steht, 
die Welt als einfaches 
und harmonisches Bild 
in seiner Vorstellung trägt 
und dadurch die Welt 
und sogar das Göttliche 
beherrscht, indem er es 
vermenschlicht, bleibt der 
Nordländer in bestän- 
digem Kampf mit der 
Umwelt. Er kann sich 
in ihr nicht zurechtfinden. 
Er bescheidet sich nicht 
wie der Südländer fromm 
mit seinem Platz inner- 
halb des Weltganzen — 
er fühlt sich bedrängt, 
geängstet, verwirrt und 
sucht daher der Welt zu 
entfliehen. Er lebt in be- 
ständiger Sehnsucht nach 
einem anderen, höheren 
Zustand. Diese Sehn- 
sucht tragt den nordischen 
Menschen über die Wirk- 
lichkeit hinaus ins Ueber- 
sinnliche. Schon die 
Gottesverehrung der 
alten Germanen ist für 
dieses Empfinden kenn- 
zeichnend. Sie formten 
keine Bilder ihrer Götter, 
sondern weihten sich 
ihnen am liebsten im 
Als einmal in Paris 
die jungen finnländischen 
Künstler eine Sonder- 
ausstellung veranstalte- 
ten, kamen am Er- 
öffnungstage die franzö- 
fischen Maler und Bild- 
Hauer neugierig und 
gespannt in großen 
Scharen. Vor den Bildern 
selbst aber kamen sie über 
Höflichkeitsformeln nicht 
hinaus — und vom 
zweiten oder dritten 
Tage, an blieben die Aus- 
stellungssäle leer. Die 
finnländische Malerei er- 
wies sich als zu unfranzö- 
fisch, um in Paris ein 
Publikum zu finden. Sie 
ist ebenso unfranzösisch 
wie die schwedische Und 
die norwegische Kunst, 
die auch niemals in Paris 
Künstlerkreise für sich ge- 
wonnen und in breiteren 
Schichten allgemeine An- 
erkennung erreicht hat. 
Wie Bruno Liljefors, 
Edvard Münch und 
Anders Zorn es höchstens 
bis zu einem kühlen 
Achtungserfolg gebracht 
haben, so haben auch 
Ville Vallgren, Robert 
Stigell und Axel Gallen 
in Paris nur die Aner- 
kennungen der Höflichkeit 
gefunden, die wohl- 
erzogene Menschen ihren 
Gästen niemals vorent- 
halten. 
Der Lateiner hat kein 
innerliches Verhältnis zu 
der nordischen Kunst. Die 
Kunst der lateinischen 
Südländer ist aus einer 
Denkmal der Arbeit 
vor dem Ständehaus in Helsingfors. 
Ei« Arbeiter. Bildwerk von Robert Stigell. 
DaS Gesetz". Statue von Walter Runeberg.
	        
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