Volltext: Nr. 69 (69. 1920)

Nr- 69 
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<jer Beschlußfähigkeit hält. Vorsteher Schwager cleim 
verstorbenen Tempelvorsteher Josef P o 11 a k einen 
>v armen Nachruf, in welchem dessen treffliche Charak¬ 
tereigenschaften, sowie die großen Verdienste als \ or- 
.randsmitglied und Armenvater zum Ausdrucke kommen. 
Eine Seelengedächtnisstiftung nach Frau Katharina 
/elenka wird angenommen, — Die Zuschriften der 
israelitischen Kultusgemeinde, Wien, wegen einer 
Ferienaktion; der Chewra kadischa, Linz, wegen der 
Einnahmen aus Bad Ischler jüdischen Begräbnissen; des 
Jüdischen Nationalfonds, Wien, bezüglich Thoraspenden: 
der Löschung der Temipelschuld werden erledigt, sowie 
die Austritte aus dem jüdischen Religionsverband zur 
Kenntnis genommen. Über Ersuchen der zionistischen 
Organisation Linz wird mach den Vorschlägen Doktor 
S eh n e e w e i ß eine Beteiligung des, Kultusvorständes 
an dem zu gründeneil Palästina-Amt beschlossen und die 
Herren Albrecht und Orlik als Vertreter nominiert. 
2. Die zu den hohen Feiertagen erforderlichen Vorbe¬ 
reitungen werden getroffen und 8. die neuen Dienstver- 
triige mit den Beamten nach den, Vorschlägen Doktor 
Sehn.ee weiß genehmigt. 4. Nachdem die ober öster¬ 
reichische Landesregierung den neuen Süitutenentwuri 
vollinhaltlich genehmigte,, wird der neue Wahltermin fiir 
den 14. November 1920 festgesetzt, 
Vortragsabend. Die jüdischen Veranstaltungen im 
heurigen Herbst leitete der Verein „Zion" ein, indem 
er die Linzer Judenschaft zu einem Vortragsabend lud. 
der den jüdischen Tagesfragen gewidmet war. Hei i 
Dr. Jakob Weiner vom Zionistischen Landeskomitee in. 
Wien führte aus, daß die bre'nnernteten Probleme des 
jüdischen Volkes den, Gegenstand der vor einigen Wochen 
in London stattgefundenen zionistischen Jahreskonferenz 
gebildet hätten. Er schilderte den Verlauf und die Er¬ 
gebnisse dieser Tagung und legte dar, welch wundeibaie 
Wendung im Geschick des jüdischen Volkes die jüngste 
Zeit gebracht hätte. Sie stehe im Zusammenhang mit 
der hehren Idee des Völkerbundes, die alle Juden hoch¬ 
zuhalten verpflichtet seien. Nach ihm beleuchtete in 
glänzender, hinreißender Bede Herr Wolfgang Weis! 
die Aufgabe, vor welche das jüdische \ olk durch die 
Zuerkennung Palästinas gestellt worden ist. Sein Appel . 
daß die materiell gut gestellte Judenschaft auch in Lan¬ 
dern mit schlechter Valuta alle Kräfte anspannen müsse, 
um das große Aufbauwerk fundieren zu können, fand 
volles Verständnis. Die Bedeutung des Jüdischen Natio¬ 
nal fond s, an dem' nun ungeheure Anforderungen heran¬ 
treten, wurde allen Zuhörern klar. Schließlich zeigte 
Herr Weis] an Stelle des angekündigten) Herrn Doktor 
Zweig, der infolge dringender Besprechungen, die er 
mit dem gerade in Wien weilenden Generalsekretär des 
Keren Jajessod zu pflegen hatte, an der Peise nach Linz 
verhindert war, Lichtbilder ans Palästina und von der 
jüdischen Siedlung im Lande vor, die mit, Freude und 
Bewunderung aufgenommen wurden. Die schöne Veran¬ 
staltung war gut besucht. Es fehlten nur zwei Beyo- 
Kerungsschichtent: die Indolenten und die ,,Hautevole . 
Auch von den laut Punkt 5 des Programmes so palästina- 
hegeisterten österreichischen Staatsbürgern j üdischeri 
Bekenntnisses war nichts zu sehen .... 
Silberne Hochzeit. Am Mittwoch, dem 8. Septem¬ 
ber, beging Herr Oberkontrollor Leo AI brecht, \ or- 
*tandismitglied, mit seiner Frau Bertha im Kreise seiner 
Familie das Fest der Silbernen Hochzeit. 
Verlobung. Herr Samuel Piskaty, Sekretär der 
Jüdischen Kultusgemeinde in Linz, hat sich mit 1' rau¬ 
lein Franzi Lampl aus Znaim verlobt. 
Beginn des Gottesdienstes an den hohen Feiertagen: 
Am N <411 j a h r s f es t e: Abendgottesdienst 6J/i Uhr, 
Morgengottesdienst 7 Uhr; am Versöhnungsfeste: 
Abendgottesdienst SVs Uhr, Morgengottesdienst i l hr. 
Im Sinne der Tempelordnung ist es nicht gestattet. 
Kinder unter sechs Jahren in das Gotteshaus mit¬ 
zunehmen. 
Im* Imteresse der Aufrechterhaltung der Ordnung 
und Ruhe wird ersucht, sich den Anordnungen der 
Tempelkommissäre und der Ordner zu fügen. 
m 
Gmunden. 
Antisemitismus in der Gemeindevertretung. 
In Österreich ist so ziemlich die „Judenhetz" eine 
chronische Krankheit und wundert es schließlich nie¬ 
manden mehr, wenn bei jeder Gelegenheit über uns ge¬ 
schimpft wird. 
Dennoch verläßt einem doch der Gleichmut, wenn 
öffentliche Gemeinde-Ausseiußsitzungen von gewiesen 
Elementen dazu benützt werden, um Ausdrücke, wie 
„Judenbagage" und ,,Judengesindel" anzuwenden. 
Am 20. August ist im Gmundener Gemeinde-Aus- 
schuß eine Sitzung abgehalten, bei der das tAfUSSchußmiit- 
güed Herr Meingast (Beamter der Bank für Ober Öster¬ 
reich und Salzburg) sich in einer Bede ausließ, die nach¬ 
gerade unverschämt klang. Es handelte sich um die Ab¬ 
schaffung der Sommergäste. Heer Meingast meinte da 
unter anderem: „Die Judenbagage soll nur außa." 
In dieser Art setzte Herr Meingast, dem ein Pro¬ 
fessor Branke redlich sekundierte, seine sonderbaren 
Kultur-Ausbrüche fort. . 
Eigentlich sehr bezeichnend für diese Kreise. Erst 
wird der Jude ausgesackelt, katzbuckelnd eingeladen, 
und dann „hinaus mit der Judenbagage!" — Christlich- 
soziale Moral! 
Den seh im i t zt r i e f enden A usf ii h run gen d es schw arzen 
Bank Satrapen trat Herr Steiner energisch entgegen. 
Eigentümlich berührt es, daß der Herr Bürgermeister, 
der als hervorragend loyaler und vorurteilsfreier Mensch 
bekannt ist, jenen ungehobelten Jmadtvater nicht in die 
gebührenden Schranken verwies. 
Schließlich haben wir nichts dagegen, wenn Herr 
Meingast die Juden fressen will. Mag er es zum) Privat¬ 
vergnügen tun, aber in einem Vertretungskörper, der 
auch von Juden erhalten wird, in dieser unverschämten 
Weise zu sprechen, müssen wrir uns entschieden verbitten. 
Sonderbar, als man vor kurzem hie/eine zionistische 
Versammlung veranstaltet hatte, äußerten sich einige 
Herren „Israeliten", dies sei absolut nicht notwendig, ja 
sogar schädlich . . . Denn in Gmunden gebe es keinen 
Ant isemitismus! Ein Sommergast, 
Wien. 
Leichtathletisches iWeeting, Makkabi X., Wien. 
Zu dem am 29. August in Wien vom Makkabi X 
ausgeschriebenen Leichtathletischen Meeting hatte auch 
der Linzer jüdische Turn- und Sportverein Nennungen 
abgegeben, und zwar: Arthur Deutsch zum' 1500- und 
Leopold Treichlinger zum 100-Meter-Laufen. Trotz der 
sehr ungünstigen Witterung wurde das Meeting unter 
großer Beteiligung abgehalten, es wTaren zehn Turn- 
und Sportvereine am Start vertreten. Die Leistungen 
waren trotz schlechter Bodenverhältnisse 7<^if rieden¬ 
stellend. Im 100-Meter-Laufen errang Leopold Treich¬ 
linger nach äußerst hartem Kampfe (30 Teilnehmer) 
den zweiten Preis. Arthur Deutsch fiel durch seinen 
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