Volltext: Nr. 66 (66. 1920)

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rv 
für die österreichischen Alpenländet 
Nr. 66 
Linz, 
am 
30. Juli 
15. Ab 5680 
1920 
Die zionistische Jahreskonferenz. 
Wemngleich man heute noch kein vollständiges und 
ubersichtliches Bild über die vor wenigen Tagen ge- 
-chlosisene Konferenz vor Augen haben kann, wenn auch 
heute noch verschiedene Verzerrungen, Vergrößerungen 
und Reduzierung mancher Details dtfreh die subjektiven 
Berichterstattungen das einheitliche Ganze schwer er-» 
fassen lassen, so läßt sich, trotzdem schon jetzt unleugbar 
feststellen, daß die, Jahreiskonferenz das gehalten hat, 
was die Sitzung des Großen Aktionskomitees versprochen 
hat. Die Eaunvbeschänkung zwingt uns zu skizzenhaften 
Ausschnitten. 
Schon die Höhe der "Beteiligung und die Herkunfts¬ 
länder der Delegierten lassen einen Schluß auf die Wich¬ 
tigkeit der Tagung zu. Es haben entsendet: Amerika 39, 
Argentinien. 1, Bukowina 5, Bulgarien 4, Bessarabien % 
Belgien 1, Kanada 4, Deutschland 6, Estland 1, Ägyp¬ 
ten 2, England 8, Frankreich 5, Griechenland 3, Hol- 
laind 2, Italien 2, Jugoslawien 1, Litauen 3, Lettland 9, 
Neuseeland 1, Österreich 7, Ostgalizien 5, .Polen 30, Per¬ 
sien 1, Portugal 1, Rnmäpien 4, Kussische Provinzen 1^, 
Sibirien 1, Schweiz 1, Skandinavien 2, Südafrika 5, 
Tschechoslowakei 4, Tunis 2, Ungarn 3, Weißrußland 5, 
Westgalizien 6 und Livland. 3. M israchi ist durch 40 De¬ 
legierte vertreten,; die englischen und amerikanischen 
Poale Zion haben 7, die Ächduth Haawoda (Palästina) 3, 
Hapoel Hazair 2 und Zeire Zion 8 Delegierte. 
Das Präsidium! bestand aus dem Ehrenpräsidenten 
Max N o rd a u, dem Präsidenten Oberrichter Luis 
Brande,is, dein bekannten Freunde des Präsidenten 
Wilson, den Vizeprä sidenten U s s i s c h kin, Lord B 0 t h- 
s child, Farbstein, Thon, A1 e i n ik o f f,~ Tem- 
k in, Yell in, Dr. Klee und Bob in son. 
Eröffnet wurde die Tagung durch eine hebräische 
Ansprache SokolowH, di e etwa f olgendermaßen 
schloß: Mit vereinten Kräften müssen wir alle jetzt an 
die Arbeit gehen. Wir sind ein Volk, das an die Wunder 
gewohnt ist. Wir werden auch jetzt das Wunder des 
Wiederaufbaueis von Erez Israel zeigen. 
Mit großem Interesse wurden ferner die Ausführun¬ 
gen der bedeutenden Führer WT e i z m a n n, S o k o 10 w, 
Nord.au aufgenommen. Hierauf referierte untei; an¬ 
deren Bodenheim er, Klee, Julius Simon. 
Von besonderem Interesse waren die Vorschläge von 
N aid i tschj die dahin gehen, einen Fonds von 25 Mil¬ 
lionen Pfund zu gründen, welcher für die rückzahl¬ 
baren Ausgaben und solche, die nicht zurückerstattet 
werden, verwertet werden soll. 
Der 25-Millionen-Fonds soll von .luden aller Länder 
auf Grundlage des alt-traditionellen — und moder 11- 
demokratischein — Gedankens des „Zehnten^ (Maasser) 
aufgebracht werden. Jeder vermögende Jude soll 10% 
seines Vermögens abführen, die Minderbegüterten ent¬ 
sprechend weniger, ihrem Einkommen gemäß. Mit Aus¬ 
nahme der Nationalfondsisammlung, sind alle sonstigen 
zionistischen Sammlungen einzustellen. 
Mit Genugtuung wollen wir auch heute schon fest¬ 
stellen, daß die österreichischen Delegierten zielbewußt 
und tatkräftigst an der Arbeit waren. Sowohl die Aus¬ 
führungen Böhms über Bodenpolitik als tUiofo die von 
Zweig und Schal it fanden die wärmste Aufnahme. 
Lloyd George, der emgpißche Premicrministeri, 
sandte aus Spaa folgende« Telegramm: 
,,Ich sende meine herzlichsten Glückwünsche dem 
ersten zionistischen Weltkongreß seit Kriegsausbruch aus 
Anlaß der Wiedererstattung seines nationalen Heims an 
das jüdische Volk. Ich vertraue auch fest darauf, daß 
das ■jüdische Volk alle seine Eigenschaften der Energie 
und Entschlossenheit und der Toleranz, Weisheit und 
Überlegung gegenüber seinen Mitbürgern in Palästina 
beweisen wird, Eigenschaften, die für seinen Erfolg un¬ 
erläßlich sind. Wenn dies geschieht, s«o bin ich überzeugt, 
daß das jüdische Volk abermals einen großen und segens¬ 
reichen Beitrag zum Fortschritt der Menschheit leisten 
wi^d. Uoyd George.". 
Wir werden noch Gelegenheit nehmen, auf die Be¬ 
schlüsse der Konferenz zurückzukommen. 
Jüdische Missionstätigkeit. 
Im folgenden wird ein Vorschlag der 
Öffentlichkeit unterbreitet und zur Dis¬ 
kussion gestellt, der sich an das Interesse 
jeder jüdischen Partei wendet. 
Die verhängnisvollste Folge der isolierten Siedlungs¬ 
weise eines nicht unbeträchtlichen Teiles der Judenschaft 
in den Alpenländern besteht in dem vollkommenen Man¬ 
gel eines jüdischen Unterrichtes für die jüdische Schul¬ 
jugend. Der an und für sich sehr kurz ausgemieesene 
gesetzliche Unterricht in Jüdischkeit ist ja überall, selbst 
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