Volltext: Nr. 47 (47. 1920)

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Redaktion 
Linz 
pranz losef- Platz 29; 
Telephon 1225/11. 
Administration 
Linz, Bischofstraße 7, 
Telephon 422. 
Erscheint 
jeden Freitag. 
JÜDISCHE 
NACHRICHTEN 
Bezugspreis: 
V4 jährig K 6 60. 
Bankkonto bei der 
Allg. Depositenbank, 
Filiale Linz. 
Postsparkassenkonto 
Nr. 180.464. 
Inserate nach 
Vereinbarung. 
für die deutschösterr. Provinz. 
Nr. 47 
Linz, 
am 
__ Jänner 
11. Tebeth 5680 
— 
1920 
An unsere Leser und Freunde! 
Die Entwertung unseres Geldes schreitet noch immer 
weiter fort und verhindert die Herstellung des Gleich¬ 
gewichtes zwischen Produktion und Konsumtion. Gerade 
jetzt befinden wir uns wieder in einer jener Teuerungs¬ 
oder Preis&teigerungswellen, welche einen Ausgleich her¬ 
beiführen sollen. 
Seit dem Zeitpunkte, da die erste Nummer der „Jüdi¬ 
schen Nachrichten" erschien, ist der Geldwert unglaublich 
gesunken, während der Bezugspreis nur ein einzigesmal 
erhöht wurde. Sämtliche Zeitungen des In- und Aus¬ 
landes haben ihre Tarife neuerdings bedeutend erhöht, im 
wesentlichen der Ausdruck für die ständig steigenden 
Papierpreise und Arbeitslöhne. Auch die „Jüdischen 
Nachrichten" werden leider keine Ausnahme machen 
können und den geänderten Verhältnissen Rechnung 
tragen müssen. Die sprunghaft in die Höhe schnellenden 
Herstellungskosten machen es jedoch bei Festsetzung 
eines vierteljährlichen Bezugspreises unmöglich, ein je¬ 
weils entsprechendes Regulativ herzustellen. Da die 
'Jüdischen Nachrichten" ein aus rein ideellen Gründen 
herausgegebenes Blatt darstellen, dem nichts ferner 
jiegt, als einen geschäftlichen Gewinn zu erzielen, wer¬ 
ben. unsere Freunde es gutheißen, daß für derzeit nicht 
in Rechnung zu stellende Änderungen in den wirtschaft¬ 
lichen Verhältnisisen eine Art Dispositionsfonds 
Reschaffen werden soll, um das Erscheinen des Blattes 
von der Willkür jeder plötzlich auftretenden Kosten- 
Erhöhung unabhängig zu machen. 
Wir richten daher an alle jene Freunde und Leser 
unseres Blattes, welche die Zweckmäßigkeit und Nütz- 
ichkeit desselben anerkennen, die Bitte, dieser ihrer 
( Erzeugung auch dadurch Ausdruck zu verleihen, daß 
uns zur Schaffung und zum Ausbau eines 
jüdischen Preßfonds 
:<re Unterstützung angedeihen lassen. 
Nur wenn die Gewähr besteht, daß wir in der Durch- 
-Hrung unserer Aufgabe nicht durch kleinliche finan- 
*utÜe Schwierigkeiten behindert werden, wird es mög¬ 
lich sein, allen Wünschen unserer Leser durch Aus¬ 
gestaltung ihrer Zeitung Rechnung zu tragen. 
Wir hoffen auf das bestimmteste, daß unser Appell 
auf fruchtbaren Boden fallen wird. 
Die Verwaltung der „Jüdischen Nachrichten". 
Adolf Stand. 
Wieder ist einer von jenen Männern plötzlich von 
uns gegangen, dessen Treue erprobt, dessen Willen ge¬ 
festigt, dessen Fleiß beispiellos war. Ein Mann, der 
Beruf, Ruhm und Anerkennung freudig geopfert hat, 
nur um dem einzigen Zweck seines Lebens zu dienen: 
Dem jüdischen Volke. Stand war vor allem Politiker*. 
Zur Zeit, als der politische Zionismus hervortrat, als 
Herz], sein mächtiger Gestalter, im Westen das jüdische 
Banner kraftvoll entfaltete, als sein herrlicher Weckruf 
auf dem ganzen zivilisierten Erdball freudigen Wider¬ 
hall rand, wo jüdische Menschen lebten und litten, da 
war es Adolf Stand, der, damals gesund, hoffnungsfroh, 
kampfbegierig und siegesgewiß, dem unsterblichen 
Führer hingebungsvoll Gefolgschaft leistete, die jüdi¬ 
schen Volksmassen Galiziens sammelte, organisierte, 
pmen predigte, sie führte. Als es galt, jene überragende 
Tribüne aufzurichten, von der herab die jüdische Lebens¬ 
forderung den europäischen Völkern verkündet wurde, 
da trat er in die vorderste Reihe der Treuesten um Herzl, 
die nimmermüde niederer Verleumdung, Feigheit und 
Unwahrheit sich entgegenstellten und gleichzeitig — wir 
erkennen erst heute, welche Riesenarbeit damals von 
einigen Wenigen geleistet worden — mit der Glut des 
eisernen Wollens, mit dem Feuer der lebendigsten Über¬ 
zeugung für den Kongreßgedanken wirkten. 
Das Jahr 1907 ist der zweite Markstein seines Lebens. 
Es ist jenes Jahr, da den österreichischen Völkern die 
Möglichkeit eigener Willensäußerung, das allgemeine 
Wahlrecht, gegeben wurde. Jetzt erhob sich Adolf Stand 
als der Führer der Juden in Galizien. Mit einer fast 
unglaublichen Ausdauer und dem stets gleichmäßig ziel¬ 
bewußten Ausholen in den zahlreichen politischen Schach¬ 
zügen dieser Epoche entwickelte er in Rede und Arbeit 
den großen Gedanken, daß das jüdische Volk als Gesamt¬ 
heit seine politische Macht auswirken lassen müsse, daß 
es nicht bevormundet, seine Macht nicht behindert, seine 
Kraft nicht geschmälert werden dürfe, daß seine Ver¬ 
treter und nur diese vor dem Rate der Völker gehört zu 
werden hätten. Mit seinen Freunden ßtraueher, Gabel 
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