Volltext: Nr. 46 (46. 1919)

Nr. 46 
/wei Herren des .Einzelverein nahmen Gelegenheit, 
den Herrn Oberrabbiner in Linz zu begrüßen, der sich 
interessiert nach den hiesigen Verhältnissen erkundigte. 
Die nicht unbedeutenden Schwierigkeiten, die 
anfänglich der Linzer Anschlußaktion erwuchsen, wur- 
,h>n durch die aufopferungsvolle und. zielbewußte Arbeit 
.v. hiesigen Damenkomitees in bester Weise über- 
wunden, dem nicht nur der Dank des zionistischen 
YolksvereinS, sondern auch der der gesamten jüdischen 
Öffentlichkeit gebührt. Die W ahrschemlichkeit noch 
fo!gender Tr,ansporte würde es wünschenswert erscheinen 
lassen," wenn auch die weitesten Kreise an diesen 
Aktionen werktätiges Interesse nehmen und sie nach 
Tuniichkeit auch durch finanzielle Beihilfe fönlern 
würden. 
Verlobung. Herr Ernst H a r t m a n n hat sich am 
1. d. M. mit Frl. Rosa Herzhaft verlobt, 
Steyr. 
Sehen Sie, mir hat die Taufe schon genutzt! Mit 
einem „Tch habe die Ehre" drückt der naive Renegat 
um Glauben, daß er sie noch besitzt), dem assimilato¬ 
rischen Nochjuden die Hand (was wieder letzterer als 
Ivhre empfindet) und erklärt schmunzelnd; „No sehen 
Sie, es hat mir doch schon genützt, daß ich mich taufen 
gelassen hab'" . . . Und unsere armen Glaubensgenossen 
können, nicht begreifen, daß es moralische Pflicht wäre, 
M)lch schädlichen Elementen den Bücken zn kehren. 
Vor einiger Zeit ist der gegenwärtigen Taufseuche 
[der ein Magyare israelitischer Glaubenslosigkeit er- 
logen. Es war ihm die Überzeugung nicht beizubringen, 
daß sein Schritt speziell in der jetzigen, für unser Volk 
ho schicksalsschweren Zeit keinerlei vorteilhafte Bezie¬ 
hungen zu seinen Charaktereigenschaften verraten läßt 
In seiner Verteidigung, die in dem freimütigen Einge¬ 
ständnisse gipfelte, daß bei seiner Taufe, von Überzeu¬ 
gung ohnehin keine Bede sein könne, appellierte der 
nette Patron auf einen Milderungsgrund. 
Es kamen die Fremdenausweisungen. Er bekam den 
Ausweisungsbefehl. Vielleicht wnrde er noch als Jude 
betrachtet, da er in der Eile den Kunstfehler beging, 
bei seiner Taufe, kein Scheidewasser zu benützen. (Die¬ 
sen antisemitische Rezept hat der berühmte Schönerer 
vorgeschlagen!) Als dem frischgebackenen Christen der 
Boden zu heiß wurde, reichte er einen Rekurs ein, und 
zeigte sich auffallend häufig in der Pfarrkirche. Die 
Geschmeidigkeit, mit welcher sich alle Geschmadter^ in 
katholische Kreise hineindrängen, und sich ihnen an¬ 
biedern, verschaffte ihm nicht nur die Protektion aller 
hiesigen bedeutenden klerikalen und christlichsozialen 
Kapazitäten, sondern auch Empfehlungen an die höchsten 
Machthaber des Landes. Da er den Rekurs in Steyr nicht 
abwarten durfte, so hat er auf Grund seines Taufscheines 
in einer neben Steyr gelegenen Gemeinde, vom dortigen 
^n^tlichsozialien, Bürgermeister protegiert, die Bewil- 
-Prung zum Aufenthalte ohneweiters bekommen. 
Seine famose Taktik hat bereits Schule gemacht, 
i V'ssen würdiger Bruder, wegen kommunistischer Um¬ 
triebe aus Ungarn geflüchtet, hat zur Erlangung de* 
'^ufenthaltesy obWohl noch Jude, als Introduktion vor- 
i;'% die bescheidene Falschmeldung als Katholik ver- 
^U('ht — in Steyr allerdings, ohne Erfolg. Aber kein 
K a fholischer Bruder gibt ihm Unterschlupf. 
Unterdessen seufzt ihr Vater — ein traditioneller 
•\uta mit Schläfchenlocken — unter dem Joch der Fried- 
'^-Buben und hat gewiß keine Ahnung, wfe seine 
s|>roßlinge ihr Volk verraten habend Sobald sie aber in 
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ihre Heimat zurückkehren, geben sie sich wieder als 
Juden aus. Ich habe schon öfter die Entdeckung gemacht, 
daß viele jüdische Überläufer ein solche** Doppelleben 
führen, bis sie dann selbst nicht mehr wissen, was sie 
eigentlich sind. 
Wenn wir auf solche Einzelfälle von Verirrung 
charakterschwacher Volksgenossen hinweisen, so ge¬ 
schieht dies keinesfalls, um ihnen billige Reklame zu 
bereiten, sondern um durch Registrierung dieser ab¬ 
schreckenden Beispiele, der leider in unsere Reihe ge¬ 
rissenen Verwahrlosung Halt zu gebieten. s. w, 
Innsbruck, 
Promotion. Am 19. d. M. wurde an der hiesigen 
Universität Herr Franz Kren aus Linz zum Doktor 
der Medizin promoviert. 
Amstetten. 
Chanukafeier. Mit jener herzlichen Innigkeit, deren 
nur ein jüdisches" Herz fähig ist, wurde in Altstetten, 
unter der Ägide des von Sr. Ehrw. Herrn Rabbiner 
Bertisch gegründeten JüdSechjen) Volksvereins „Hatikr 
wah" am 18. d. M. das schöne Fest der Tempelweihe 
gefeiert. Eine von feinem Verständnis zeugende Vor- 
tragsordnung hielt die Gäste bis zu Ende in Spannung. 
Von unserem bewährten Pianisten Herrn Hirschler zu 
Gehör gebrachte Ouvertüre folgte ein von der kleinen 
Elly Buchbinder mit. bewundernswertem Ausdruck ge¬ 
sprochener Prolog. Ein von Frau Rosa Fialla ein¬ 
studierter Kinderchor brachte unter Mitwirkung des 
Herrn Oberkantor Löwensohn aus Linz das Moaus-Zur 
in herzerwärmender, wahrhaft rührender Weise zur 
Geltung. Da» Violinsolo des Herrn Leop* Ornstein, be¬ 
gleitet von Herrn Hirschler, wurde mit gewohnter 
Exaktheit gegeben. Herr Ing. Piskaty hielt die Fest¬ 
rede. In von innerer Begeisterung getragenen kraft¬ 
vollen Worten legte er, ausgehend vom historischen Ur¬ 
sprung, dieses für jeden stammesbewußten Juden be¬ 
deutungsvolle Fest klar. „Ja, Antiochus Epiphanes gibt" 
es noch imlmer genug, aber die Stärke Juda Maccabis 
wird sie zu Boden ringen, wenn der Geist desselben in 
jedem Juden fortlebt!" Seine Worte fanden in den 
Herzen der Zuhörer einen tiefgehenden Widerhall und 
werden bei Groß und Klein in steter Erinnerung bleiben. 
Unaer liebenswürdiger Gast Herr Oberkantor Löwen¬ 
sohn sang mit klangvoller Stimme die große Arie aus. 
„Maskenball", den Prolog des „Bajazzo" und das heitere 
Liedchen von Rebele, Gabele, ■ Chasandel und Schamesl. 
Nun gab sich die Jugend und auch diejenigen Alten, die 
noch ein Tänzchen wagen durften, recht fröhlich dem 
Tanzvergnügen hin. An dieser Stelle sei allen Mit¬ 
wirkenden, ganz besonders unseren liebenswürdigen 
Gästen aus Linz, welche trotz der heutigen Verkehrs¬ 
schwierigkeiten den Weg zu uns nicht scheuten, für die 
wertvolle Bereicherung des Programms tiefempfundener 
Dank gesagt Wir rufen: „Auf Wiedersehen!" ?lz- 
f 50 K — 100 K täglich \ 
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Reinfried Einhaoer, Riagenfurt, i 
^ Rizzlstraße 4 (Kärnten). ' 
Jüdieche Naehrichten
	        
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