Redaktion
Linz
Franz Josef-Platz 29;
Telephon 1225/11.
Administration
Linz, Bischofstraße 7,
Telephon 422.
Erscheint
jeden Freitag.
JÜDISCHE
NACHRICHTEN
Bezugspreis:
Vi jährig K 6*60.
Bankkonto bei der
Allg. Depositenbank,
Filiale Linz.
Postspat kassenkonto
Nr. 180.464.
Inserate nach
Vereinbarung.
für die deutschesten*. Provinz,
Nr. 37
24. Oktober
Linz, am 30i Tigchri 5680
1919
Dp. Emil Kronbergei».
(17. Juli 1876 bis 17. Oktober 1903.)
Zu seinem 16
Wenn einst das jüdische Volk in seiner Heimat zur
Ruhe kommen und frei sein wird von den seine Kräfte
aufzehrenden Kämpfen innerhalb der Gemeinschaft und
gegen den äußeren Feind, so wird es darangehen, die
Vorkämpfer der Freiheit dem Gedächtnisse zu erhalten.
Die Aufzählung jener Juden — ihre Zahl ist wahrlich
keine geringe —, die sich als Lebensziel setzten, den
Namen ihres Volkes zu erhöhen und in bedrängter Zeit
seinen Glanz rein zu erhalten, wird mehr sein als eine
Aneinanderreihung einzelner Namen. Jeder Name ist ein
Werk, in sich abgeschlossen. Durchweg sind es Taten des
Geistes, vollbracht für eine Idee; restlos in ihrem Dienste
stehend, haben unsere Vorfahren ihr Leben geopfert und
ihrem Dienste ihr Dasein gewidmet.
Der Zionismus hat, als aus der „Zionsliebe" die poli¬
tische Bewegung wurde, alle jungen jüdischen Geister in
meinen Bann geschlagen. Mit der Erweiterung seines
Ideenganges, der alle kulturellen Zusammenhänge ver¬
einigte, setzten sich stets neue Hinge um den Kern des
alten, frisch treibenden Stammes. Er erfaßte auch die
Verstreuten und Entfernten und gerade aus ihnen holte
sich Führer und Vorkämpfer.
Als Herzls Gestalt überragend in die jüdische Welt
eintrat, folgte seinem Mahnruf eine Schar markanter
Persönlichkeiten, die an des Meisters Größe wuchsen. Der
Gedenktag eines solchen Mannes, der an der Wiege der
Bewegung stand, soll nicht vorbeigehen, ohne daß wir
Juden in den Alpenländern, denen sein Bemühen und
Werben in erster Linie galt, ihm Worte der Erinnerung
weihen.
Fern vom jüdischen Leben, im oberösterreichischen
Städtchen Steyr, das nur wenige Judenfamilien beher¬
zigte, wurde Emil Kronberger am 17. Juli 1876 geboren;
Todestage.
während der Hochschulstudien in Graz und Wien gehörte
er der jüdischen Verbindung „Humanitas", der späteren
„Charitas" und der zionistischen Verbindung „Ivria" an.
Seine zionistische Tätigkeit setzte 1897 ein, am zweiten
Zionistenkongreß 1898 erscheint er bereits als Delegierter
der Grazer Zionisten. Von Graz und Steyr aus bereist
er die ganzen Alpenländer und agitiert unausgesetzt in
Wort und Schrift für den Zionismus. Im Jahrs* 19Q0
erscheint bei M. W. Kaufmann in Leipzig: „Zionisten
und Christen, ein Beitrag zur Kenntnis des Zionismus
von Emil Kronberger." Der Herausgeber legt Äußerun¬
gen von Nichtjuden über den Zionismus vor, darunter
solche der bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Zeit,
wie Dahn, Lombroso, Manteufel, Masaryk — das Buch
ist „Herrn Prof. Dr. T. A. Masaryk, dem wackeren Wahr¬
heitsforscher, in Ergebenheit und Verehrung gewidmet"
—, Rosegger, v. Saar, Suttner, Kaiser Wilhelm II. usw.
Auch ist er selbst schriftstellerisch tätig und veröffent¬
licht in „Ost und West" (1901, Nr. 7) „Judenspuren in
den Alpenländern", die Resultate seiner Forschungen.
Nach einem kurzen und doch schaffensreichen Leben
rafft ihn am 17. Oktober 1903 der Tod dahin. Eine In¬
fektion, die er sich in Ausübung seines Berufes zuge¬
zogen hatte — er war Assistent an der Klinik Nothnagel
—, brachte ihn ins Grab. Wer in seinen Manuskripten,
den Liedern und lyrischen Gedichten, den Abhandlungen
über zionistische Themate schürfen konnte, hat den
wahren Menschen in ihm erkannt. Er überragte weit den
Durchschnitt eines „Parteimannes", sein Zusammenhang
mit dem Judentum war ein innerer. Es ist uns ein Be¬
dürfnis, dieses jungen Juden mit aufrichtigem Dank zu
gedenken, der in einer Zeit dem jüdischen Erneuerungs¬
gedanken diente, da es hieß, einem phantastischen, ver¬
lachten Plane nachzuhängen,
Fa-pi St<?in.