Jüdische Nachrichten
Nr. 13
— ein Asyl für verarmte, in Linz und Urfahr wohnende
Juden zu errichten. ^
In den neuen Vorstand wurden gewählt die tier-
ren: Bernhard Taussig, Obmann; Oberbaurat Ing. Stern,
Stellvertreter; Heinrich Freund, Kassier; Albert land¬
ler, Stellvertreter; Josef Pollak, Inspektor Eduard Stein,
Armenräte; Richard Kafka und Viktor Taussig, Revi-
goren. •'
Der Mitgliedsbeitrag wird für das neue Vereins-
iahr mit 10 K (gegen 1 K bisher) festgesetzt. Herr lvu -
tusvorsteher Benedikt Schwager richtete an den neu¬
gewählten Vorstand den Appell, Sorge tragen, dab
jedes Mitglied der Kultusgememde auch Mitglied des
Armeninstitutes werde. .
Nach einem Schlußworte des Obmannes wird die
Hauptversammlung um 11 Uhr vormittags beendet.
Ernennung. Baurat S. Stern des technischen De¬
partements der oberösterreichischen Landesregierung
wurde zum Oberbaurat ernannt. S. Stern, einer
der bedeutendsten und begabtesten iechmker Ober-
Österreichs ist auch als Jude ein Mann von vorzug¬
lichsten Eigenschaften und lauterstem Charakter. Stets
ein stolzer und selbstbewußter Jude, hat er sich, dem Ln-
recht, von wo es auch kommen möge und wem es gel e,
bekämpfenswert erscheint, an die Spitze der jungjudischen
Bewegung gestellt, für die er die ganze Kraft seiner 1 ei-
sönlichkeit einsetzte. Die ganze Linzer ^
stolz sein, einen solchen Mann in ihrer Mitte zu haben.
Wir wissen es — und sprechen es mit 1 reude aus — Ober¬
baurat Stern wird seinem Volke, das er, wie nur irgem
einer liebt, noch wertvolle Dienste leisten. ^ _ _s
Familienabend des Geselligkeitsvereins „Gleichheit .
Am Sonntag den 27. April veranstaltete dieser: Winl im
Bildersaale des Vereinshauses eine gut besuchte Akade
mie mit anschließendem Tanz Angeleitet wurde der
Abend durch Lautenvortrage des Herrn Ernst t^ger.
Dann folgten Gesangvorträge des Fraulem ^Wer
ler, die von Fräulein Irma Neustadtl am Klaviei
begleitet wurden. Fräulein Müller verfugt über eme be¬
sonders in den Höhenlagen warm anmutende Stimme^ Sie
brachte eine Arie aus „Ireischutz u^d <}a8 » *
wieeenlied" von Clutsam mit vielem Beifall zum Voi
tog d£ nächste Darbietung war ein Violmsolo de
Herrn Otto U n g e r, der wieder von Fräulein Neustadtl
verständnisvoll begleitet wurde. Herr Ung^trugvon
Wagner-Wilhelmy „Albumblatt und von Wiemaws
„Chanson polonaise" mit gutem Ton und Strich aher bei¬
nahe zu viel Bewegung vor. Die folgenden \ ortrage des
Herrn Heinrich Heller gestalteten sich zu einem wahren
Kunstgenuß. Herr Hellertrug mit seiner einschmeicheln¬
den Stimme Griegs „Im Kahn;' vor
lvrisches Können im feinsten Piano. In der „Heimlichen
ÄrdeS" von Strauß und in dem, durch zturnusAen
Beifall erzwungenen „Prolog ana Bajazzo" brach» or
Sne Stimmit«! voll zur Geltang und
Beifallssturme. Seine Vorträge wurden von liaulo n
Erna Müller in mustergültiger Weise ' J hiri.
Klauber war durch Engagementsverpflichtung verhm
dort, .n ihrer Stell« trug Borr Paul
Beifall einige humoristische Lieder vor. Die Klav
trüge des Herrn Alfred Spitz leiteten dann zum Tanze
über. . *
Die rührige Leitung dieses Vereines teilt uns mit,
daß für Sonntag den 25. Mai wieder eine Veranstaltung
San ist für welche die Vorarbeiten bereits im Gange
Et Die Einladungen werden rechtzeitig versandt wer¬
den.' Da es das letztemal vorgekommen ist, daß durch die
Postverhältnisse Einladungen den Adressaten nicht. er-
reicht, haben, werden alle Mitglieder des Vereine, und
seine sehr geschätzten Gäste ersucht, m einem solchen
Falle sich an Herrn Max Sommer, Schutzenstr. 2b, zu
wenden.
Jüdischer Tanzkurs. Am 30. April fand im Blauen
Saal des Kaufmännischen Veremshauses der Schlußabend
des ersten jüdischen Tanzkurses statt. Die allgemeine B -
liebtheit und rege Beteiligung sind ein deutlicher Lew l
dafür, wie sehr die Schaffung eines derartigen Kurses den
Wünschen unserer Jugend entsprochen hat. Dur^h einen
Ende Dezember veranstalteten „Judischen Tanzabend
angeregt, wurde über Veranlassung der hiesigen zionisti¬
schen Arbeitsgruppe Herr Otto S c h 1^e s i n g e r mit dei
Aufstellung eines Tanzkurses betraut, welchei Aulgabe,
sich der Genannte mit großer Umsicht und ^rkennens-
wertem Geschick entledigte. Der Kurs, der Mitt.
Jänner begann und Ende März zu Ende ging, wurde über
allgemeines Verlangen der Teilnehmer
verlängert. Das rege Interesse, das dieser kui*, der lei L
nur eine beschränkte Zahl von Tednehmern aufnehmen
konnte, entgegengebracht wurde, laßt erwarten, daß der
selbe in der folgenden Wintersaison, und mit Rucksicht
auf die gebesserten allgemeinen Verhältnisse m größerem
Maßstabe neu erstehen wird. Der erste ^scheian-
kurs, der immerhin fürs erste ein gewisses Wagnis bedeu¬
tete ist wieder ein Beweis mehr, wie zweckmäßig und in
jeder Hinsicht befriedigend die Schaffung von rem 311dl-
sehen Institutionen ist und wie sehr sie den Wünschen
der jüdischen Öffentlichkeit entspricht.
Vermählung. Am Mittwoch den 30. April 1919 fand
um halb 10 Uhr vorm. im isr. Tempel die Vermahlung des
Fräulein Mizzi U n g e r mit Herrn Oskar Borger statt.
Wien.
Arheiterrat an der Wiener Universität. An der
Wiener Universität fanden am 25. April die Arbeiterrats¬
wahlen statt. Die jüdischnationalen Studenten Cebenso
die deutschnationalen, freisinnigen und christlichsoziaLn
lehnten mit Hinweis auf das auf Sozialisten beschrankte
passive Wahlrecht eine aktive Beteiligung ab._
Es wurden gewählt 6 Sozialdemokraten, o Kommu¬
nisten, 4 Sozialrevolutionäre und 4 judische Sozialdemo-
kraten (Hapoel hazai'r).
SPRECHSAAL.
Löbliche Redaktion!
Wollen Sie gütigst nachstehende Zeilen in Ihrem ge¬
schätzten Blatte aufnehmen:
In dem in der vorwöchentlichen Nummer der „Jüdi¬
schen Nachrichten" erschienenen Berichte über die
Fl ii cht Ii nß'sfür sorge in Linz vermisse ich zu meinem &r-
staunen den Namen eines der eifrigsten Mitarbeiter des
Hilfskomitees: Max Sonn. Herr Sonn hat wahrend der
ganzen Dauer der Flüchtlingsinvasion in selbstlosester
und aufopferndster Weise seme Kräfte und seine Zeit in
den Dienst dieser Sache gestellt. Er war unermudli
tätig und hat fest und treu auf seinem Platze ausgeharrt,
bis der letzte Flüchtling Oberösterreich verlassen hatle
Herrn Sonn gebührt daher gleichfalls vollste Anerken
nung und wärmster Dank.
Linz, 28. April 1919. Hochachtend
Anna Friedmann.