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Spiel des vollen Werkes mit allen vier gekoppelten Manualen, eine große
Fingerkraft und war daher sehr anstrengend. Es wird erzählt, daß
Bruckner, der auch in seiner Linzer und Wiener Zeit oft nach St. Florian
kam und die von Mauracher erneuerte Orgel beim Gottesdienst oder auch
konzertmäßig spielte, manchesmal beim Spiel den Rock aiblegen mußte
und daß er trotzdem, nach längerem Spiel, die Orgel schweißtriefend
verließ, weil er sich so anstrengen mußte. Vielleicht war es aber auch
oft das innere Feuer der Begeisterung, das ihm so warm machte, beson
ders dann, wenn er sich in freier Improvisation auf der Orgel erging.
In dieser Art des Orgelspiels scheint er das Größte geleistet zu haben,
als Improvisator errang er auch die uneingeschränkte Anerkennung seiner
Zeitgenossen, mochten diese auch seinem symphonischen Schaffen noch
kein Verständnis entgegenbringen. Und wo konnte er auf einer Orgel mit
größerer Liebe und Begeisterung spielen als auf der seiner künst
lerischen Heimat St. Florian?
3. Die Erneuerung in den Jahren 1931/32.
So war also der Umbau der Orgel durch Matthäus Maiunacher wohl
als gelungen zu bezeichnen, und doch erwies er sich nach einigen Jahr
zehnten schon wieder nicht mehr als befriedigend. In der Zeit um die»
Wende des 19. Jahrhunderts machte nämlich der Orgelbau auf tech
nischem Gebiete viele Fortschritte, und wenn uns auch heute klar ist,
daß nicht alles, was in dieser Zeit erfunden und angewendet wurde, künst
lerisch von absolutem Werte war, so brachten doch die neuen Erfin
dungen die Möglichkeit, Spieltische herzustellen, bei denen es auch auf
den größten Orgeln kein anstrengendes Spiel gibt unjd bei denefn man
auch die Register anstatt in der Form schwerfälliger Zugstangen als
kleine Kipptasten herstellen, sie daher mit viel größerer Leichtigkeit
handhaben und sich überdies, dank weiteren Erfindungen, Zusammen
stellungen von Registern vorbereiten kann, die im gewünschten Augen
blick durch einfachen Druck auf einen Knopf oder durch Niedertretern
einer Trittvorrichtung erklingen. Besonders die Anwendung der Elektri
zität im Orgelbau ermöglichte die Anlage von Spieltischen, bei denen
Spiel und Registerbehandlung auch bei den größten Orgeln glatt und ein
fach vor sich gehen, der Ton sofort und sicher an spricht und auch die
Anbringung des Spieltisches an jedem beliebigen Punkte der Kirche mög
lich ist, da der Spieltisch durch ein Kabel mit der Orgel verbunden wird.
Es lag daher nahe, daß man in den letzten Jahrzehnten immer mehfr
und mehr die Empfindung hatte, man könne die klanglich so schöne
Orgel zu St. Florian infolge der Schwerfälligkeit ihres Spieltisches und
ihrer Mechanik nicht entsprechend künstlerisch aus werten. Es erschien
daher eine nochmalige sachgemäße Erneuerung der ehrwürdigen Orgel
am Platze, dies umsomehr, als im Laufe der Zeit doch in den Windladen
.'Schäden durch den Holzwurm eintraten und auch manche Stimmen un
brauchbar wurden, besonders auch die beim Umbau von 1871—75 ein
gesetzten Zungenstimmen sich nicht bewährten, so daß schließlich nicht
mehr alle Stimmen spielbar waren und erhebliche Teile des Werkes
•brach lagen. Das tönende Denkmal, das diese Orgel für den unter ihr
ruhenden Meister Anton Bruckner war, geriet daher in die Gefahr,
nicht mehr als vollwertiges Instrument betrachtet zu werden. Im Stifte
:St. Florian entstand daher schon um die Jahrhundertwende der Gedanke
an einen neuerlichen Umbau des Werkes. Der Weltkrieg und der wirL
schaftliche Zusammenbruch der Nachkriegszeit, dem auch das Vermögen
des Stiftes zum großen Teile zum Opfer fiel, ließ aber diesen Gedanken
zunächst zurücktreten. So schien es, daß man sich mit dem Zustande
der Orgel, wie sie war, abfinden mußte.
Da kam die Zeit der Hundertjahrfeier der Geburt Anton Bruckners
und es fand sich ein Mann, der den Gedanken, das tönende Grabmal
Bruckners zu erneuern und so die Erhaltung seines künstlerischen
Wertes zu sichern, aufgriff und nicht mehr zur Ruhe kommen ließ.