Volltext: Bruckner-Blätter Nummer 1/2 1932 (Nummer 1/2 / 1932)

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Spiel des vollen Werkes mit allen vier gekoppelten Manualen, eine große 
Fingerkraft und war daher sehr anstrengend. Es wird erzählt, daß 
Bruckner, der auch in seiner Linzer und Wiener Zeit oft nach St. Florian 
kam und die von Mauracher erneuerte Orgel beim Gottesdienst oder auch 
konzertmäßig spielte, manchesmal beim Spiel den Rock aiblegen mußte 
und daß er trotzdem, nach längerem Spiel, die Orgel schweißtriefend 
verließ, weil er sich so anstrengen mußte. Vielleicht war es aber auch 
oft das innere Feuer der Begeisterung, das ihm so warm machte, beson 
ders dann, wenn er sich in freier Improvisation auf der Orgel erging. 
In dieser Art des Orgelspiels scheint er das Größte geleistet zu haben, 
als Improvisator errang er auch die uneingeschränkte Anerkennung seiner 
Zeitgenossen, mochten diese auch seinem symphonischen Schaffen noch 
kein Verständnis entgegenbringen. Und wo konnte er auf einer Orgel mit 
größerer Liebe und Begeisterung spielen als auf der seiner künst 
lerischen Heimat St. Florian? 
3. Die Erneuerung in den Jahren 1931/32. 
So war also der Umbau der Orgel durch Matthäus Maiunacher wohl 
als gelungen zu bezeichnen, und doch erwies er sich nach einigen Jahr 
zehnten schon wieder nicht mehr als befriedigend. In der Zeit um die» 
Wende des 19. Jahrhunderts machte nämlich der Orgelbau auf tech 
nischem Gebiete viele Fortschritte, und wenn uns auch heute klar ist, 
daß nicht alles, was in dieser Zeit erfunden und angewendet wurde, künst 
lerisch von absolutem Werte war, so brachten doch die neuen Erfin 
dungen die Möglichkeit, Spieltische herzustellen, bei denen es auch auf 
den größten Orgeln kein anstrengendes Spiel gibt unjd bei denefn man 
auch die Register anstatt in der Form schwerfälliger Zugstangen als 
kleine Kipptasten herstellen, sie daher mit viel größerer Leichtigkeit 
handhaben und sich überdies, dank weiteren Erfindungen, Zusammen 
stellungen von Registern vorbereiten kann, die im gewünschten Augen 
blick durch einfachen Druck auf einen Knopf oder durch Niedertretern 
einer Trittvorrichtung erklingen. Besonders die Anwendung der Elektri 
zität im Orgelbau ermöglichte die Anlage von Spieltischen, bei denen 
Spiel und Registerbehandlung auch bei den größten Orgeln glatt und ein 
fach vor sich gehen, der Ton sofort und sicher an spricht und auch die 
Anbringung des Spieltisches an jedem beliebigen Punkte der Kirche mög 
lich ist, da der Spieltisch durch ein Kabel mit der Orgel verbunden wird. 
Es lag daher nahe, daß man in den letzten Jahrzehnten immer mehfr 
und mehr die Empfindung hatte, man könne die klanglich so schöne 
Orgel zu St. Florian infolge der Schwerfälligkeit ihres Spieltisches und 
ihrer Mechanik nicht entsprechend künstlerisch aus werten. Es erschien 
daher eine nochmalige sachgemäße Erneuerung der ehrwürdigen Orgel 
am Platze, dies umsomehr, als im Laufe der Zeit doch in den Windladen 
.'Schäden durch den Holzwurm eintraten und auch manche Stimmen un 
brauchbar wurden, besonders auch die beim Umbau von 1871—75 ein 
gesetzten Zungenstimmen sich nicht bewährten, so daß schließlich nicht 
mehr alle Stimmen spielbar waren und erhebliche Teile des Werkes 
•brach lagen. Das tönende Denkmal, das diese Orgel für den unter ihr 
ruhenden Meister Anton Bruckner war, geriet daher in die Gefahr, 
nicht mehr als vollwertiges Instrument betrachtet zu werden. Im Stifte 
:St. Florian entstand daher schon um die Jahrhundertwende der Gedanke 
an einen neuerlichen Umbau des Werkes. Der Weltkrieg und der wirL 
schaftliche Zusammenbruch der Nachkriegszeit, dem auch das Vermögen 
des Stiftes zum großen Teile zum Opfer fiel, ließ aber diesen Gedanken 
zunächst zurücktreten. So schien es, daß man sich mit dem Zustande 
der Orgel, wie sie war, abfinden mußte. 
Da kam die Zeit der Hundertjahrfeier der Geburt Anton Bruckners 
und es fand sich ein Mann, der den Gedanken, das tönende Grabmal 
Bruckners zu erneuern und so die Erhaltung seines künstlerischen 
Wertes zu sichern, aufgriff und nicht mehr zur Ruhe kommen ließ.
	        
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