Volltext: Bruckner-Blätter Nummer 1/2 1932 (Nummer 1/2 / 1932)

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Es finden sich in dieser Orgel alle Stimmarten. Das Instrument 
enthält außer den das Rückgrat jeder Orgel bildenden und den eigent 
lichen Orgelklang gebenden Prinzipalstimmen mit den dazugehörenden 
Oktaven und gemischten Stimmen, die die an sich bei den Orgelpfeifen 
zu schwachen natürlichen Obertöne der Grundstimmen verstärken, eine 
erhebliche Anzahl von angenehmen Flötenstimmen und Streichstimmen, 
welch letztere infolge ihrer Bauart einen den Streichinstrumenten ange 
näherten Klang haben, ferner auch Zungenstimmen, bei denen alb weichend 
von den gewöhnlichen Orgelpfeifen der Ton durch schwingende Metall 
zungen erzeugt wird. Die Zungenstimmen wurden übrigens von Krisman 
etwas stiefmütterlich behandelt, da sie nur in geringer Zahl vertreten 
waren. 
Die Orgel stellt sich, so wie sie von Krisman angelegt wurde, a|ls 
ein höchst beachtenswertes, mächtiges Instrument dar, das der präch 
tigen Stiftskirche in jeder Beziehung würdig war, ja vielleicht ihre größte 
Zierde bildete. 
In diesem eben geschilderten, klanglich prächtigen, mechanisch aber 
heiklen Zustande befand sich die Orgel, als Anton Bruckner sie zuerst 
kennen lernte. Es war dies im Jahre 1837, da er als Sänger kn abe auf 
einige Jahre im Stift Aufnahme fand, auch noch, als er dann 1845 wieder 
als Lehrer nach St. Florian kam und von 1849 bis 1865 das Amt des 
Stiftsorganisten bekleidete und so der Beherrscher des mächtigen Instru 
mentes wurde. Bruckner schätzte diese Orgel immer sehr hoch und 
bezeichnete sie gelegentlich als seine Lehrmeisterint Er konnte auch von 
diesem Werke vielerlei Anregung erfahren und seinen später so be 
währten Klangfarbensinn an ihm ausbilden. 
2. Der Umbau durch Matthäus Mauracher sen. 
Die Gebrechlichkeit der Orgel und vielleicht auch der etwas geringe 
Umfang der Pedalklaviatur, die von C, statt wie jetzt üblich, bis d* oder 
f 1 nur bis g reichte, also nur 20 Tasten hatte, ließen mit der Zeit den 
Wunsch entstehen, sie durch einen guten Orgelbauer einer gründlichen 
Erneuerung zu unterziehen. Es wurde diese Arbeit 1871 dem Orgelbau 
meister Matthäus Mauracher sen. übergeben. Die Familie Mauracher 
stammt aus Tirol und ist nun schon mehr als ein Jahrhundert im Orgel 
bau tätig. Matthäus Mauracher sen. selbst, Vater des Salzburger Orgel 
baumeisters Matthäus Mauracher und Großvater der jetzigen Inhaber 
der Firma Gebrüder Mauracher, muß zu den bedeutendsten Orgelbauern 
Österreichs gerechnet werden, der eine stattliche Anzahl größerer Orgeln 
in Österreich baute, von denen viele von seinen Nachkommen später 
modernisiert und vergrößert wurden. Nicht umgebaut wurde von seinen 
größeren Werken bis heute die Orgel der Stiftskirche zu Kremsmünster 
mit 60 Stimmen auf 4 Manualen und Pedal. 
Matthäus Mauracher sen. führte nun in der Zeit bis 1875 den Umbau 
der großen Florianer Orgel durch. Dabei vergrößerte er die Orgel auf 
78 Stimmen und 4 Manuale. Der mechanische Teil der Orgel wurde 
natürlich ganz geändert und erneuert; auch das Gehäuse erfuhr dadurch 
eine kleine Änderung, daß der Mittelteil gegen früher zur Unterbringung 
größerer Pfeifen erhöht wurde. Das Pfeifen werk der Krisman-Orgel aber 
wurde von Mauracher mit anerkennenswerter Pietät behandelt; freilich 
hatte Mauracher — wie überhaupt die Zeit der Hochromantik — für alle 
Eigenheiten der Orgelbaukunst der Barockzeit im allgemeinen und 
Krismans im besonderen nicht mehr volles Verständnis. So verteilte er 
die Stimmen auf die Manuale teilweise etwas anders, wodurch der Unter 
schied der Manuale im Toncharakter gegen früher etwas geändert wurde, 
auch veränderte er manches in der Zusammensetzung der Mixturen. Die 
Orgel blieb aber im Wesentlichen doch im alten Charakter erhalten und 
war jetzt endlich auch im Mechanischen nicht mehr so gebrechlich. 
Freilich erforderte das Spiel auf ihr auch jetzt noch, namentlich dann, 
wenn man mehrere Manuale zusammenkoppelte, besonders also beim
	        
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