Volltext: Aus dem Garten Österreichs (Oberösterreich). (Folge 7 / 1926-27)

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„So, so. was gibt es clenn 7" 
Nix, Herr Graf. Der Herr Bischof braucht halt wiecler amal 
a Kur. wissen S', wann er so ganz-verärgert is, daß er sich 
nimmer auskennt, äann ruft er mich, wann i a Stunä' an äer 
Grgel sitz unä ihm was Vorspiel', is er allemal wieäer g'sunä, 
sagt er." 
„Nh! Vas ist sehr interessant. Leben Sie wohl, Meister." Unä 
äer Graf reichte äem hemäärmeligen Organisten lächelnd äie 
Hand unä ging. 
Nnton Bruckner aber bog 
nach äer vomkirche hin ad. Un 
willkürlich folgte ich äem Manne. 
Ich habe ;u Weihnachten seine 
Z-moil-Messe gehört unä seitäem 
verehre ich ihn. £s war ein £r= 
eignis. Und seine Sinfonien sollen 
gar gewaltig sein, wird Wien ihn 
nicht rufen? wird er hier in Lin; 
sein Leben als Orgelspieler ver 
bringen ! 
Da fuhr äie bischöfliche £qui- 
page schon bei äer Kirche vor. 
£ine hohe, dunkle Gestalt entstieg 
ihr. 
kein Mensch war zugegen, niemand merkte etwas unä äer 
wagen fuhr rasch davon. Beide waren in äer Dämmerung beim 
Hinterpförtchen eingetreten, äer Organist unä äer Bischof, sein 
Gönner. 
Ich ging vorbei, bog nach äem Hauptplatz hin, wo äer 
Korso noch in voller Entfaltung war, aber es zog mich wie mit 
magischer Gewalt zurück zur vomkirche. Mit äem Bücken an äie 
Tür gelehnt, stand ich da im Schatten, niemand sah mich in äer 
einsamen Gasse. Unä in äer dunklen Kirche hinter mir erbrauste 
äie Grgel. . . G unbeschreiblicher Zauber! Dieses ferne, himmlische 
Spiel, das nur gedämpft zu mir drang — was war es? Bruckner 
schien zu phantasieren, schien nur seinem Herzen zu folgen. . . . 
Düster, grollend, kämpfend bahnte ein Motiv sich den weg. . . . 
wie planmäßig, wie kunstvoll baute äer Träumer Satz auf Satz, 
wie wechselte er äie Begistec, wie herrlich stieg er auf zu himmels 
höhen. . . . Zur £rlöfung, zur Befreiung aus aller £räennot führte 
äer Gedanke, den ec da kühn gestaltete. £r streute Blumen auf 
diesen weg unä überschüttete ihn mit Licht. 
Drei Herren trabten vorbei. £iner blieb stehen unä horchte, 
„hm, äer närrische Bruckner übt," sagte ec unä folgte den anderen. 
Ich stand noch lange. £in Stück folgte äem anderen, alte 
erhabene Musik, wie von Geisterhand entfesselt in äer dunklen 
Kirche. Unä ich begriff, welche Seelenstärkung äer einsame bischöf 
liche Greis aus solchen Stunden schöpfen mochte. 
(Ftdam Müller-Guttenbrunn.)
	        
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