Volltext: Aus dem Garten Österreichs (Oberösterreich). (Folge 7 / 1926-27)

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Fronleichnam in Kallstadt /tr 
von Friedrich Limony. 
wenn kallstatt am Fronleichnamstage freunclliches Wetter 
hat, clann herrscht schon vom frühen Morgen an ein bewegtes 
Leben im Gcte. knappen- in der schwarzen, kleidsamen verg- 
mannstracht stehen plaudernd gruppenweise umher, während 
weißgekleidete Mädchen geschäftig von Haus zu lzaus eilen. Lange 
Gewinde aus Tannenreisig, mit purpurblütigen Alpenrosen durch 
slochten, werden zum See gebracht und drei große Fahrzeuge, 
auf deren einem sich ein Hltar erhebt, auf das reichlichste aus 
geschmückt. ab und zu landen beflaggte Schiffchen mit „Herr 
schaften" an den dicht mit Kähnen besetzten Uferplätzen, alle Val 
kone der am See gelegenen Gasthäuser wimmeln von Fremden. 
Nach und nach aber wird es zwischen den Käufern stille, denn 
alles geht zur Kirche. 
Da verkünden die weithallenden Glocken den Beginn der 
Prozession. Mitten auf dem Wasser wirbelt aus einer großen, nur 
von einigen Männern besetzten plätte ein Bauchwölkchen neben 
dem andern auf und einige Sekunden später rollt das hundert 
fache Echo von pöllerschüffen durch alle Klüfte und Schluchten 
der berge. Mit einem Male belebt sich der See wieder, vie drei 
großen, festlich geschmückten Schiffe, dicht mit Menschen gefüllt, 
stoßen vom Lande ab, ihnen folgt eine Unzahl kleinerer Nachen, 
denen von allen Seiten immer wieder neue zuströmen, alle mit 
andächtigen besetzt. 
Lndlich macht die festliche Flotte halt' das altarschiff steht 
inmitten des Gewirres von Fahrzeugen, vie rauschende Musik 
des Bergkocps verstummt und feierlich ertönt der Gesang der 
frommen Schar. Jetzt verstummt auch der Gesang, die Menge sinkt 
in die knie und der Priester segnet die andächtigen, wieder 
rollen donnerähnlich die Salven längs der Talwände, wieder er 
tönt die Musik und fort, nun heraufwärts, zieht die Prozession 
über den dunkeln Wasserabgrund hin. Ls ist ein wunderbar er 
greifender anblick — diese vielen in anbetung versunkenen 
Menschen inmitten einer im vollsten Frühlingsschmucke prangen 
den aipenlandschaft, in welche die schneebedeckten Häupter der 
Berge wie gewaltige Zeugen der allmacht Gottes niederschauen. 
wer hoch steigt, wird lies sollen. 
In unserer Kirchengemeinde hatte der alte Grgler seinen 
Dienst gekündigt und der Herr Dekan beschloß, eine ganz junge 
Kraft für dieses amt ausbilden zu lassen. Seine Wahl fiel auf 
mich, weil ich schon ein bißchen auf dem Klavier herumkrabbeln 
und eine Geige zu winseln machen konnte, vielleicht auch, weil 
ich in der Schule nicht der ärgste aller Bangen gewefen, und nicht 
zumindest, weil ich im Verdachte stand, ein gutes Gehör zu be 
sitzen, was ich aber gefälligst bitten muß, nicht auf meine langen 
Ghren zu deuten. Ich hatte damals die werktagsschule absolviert
	        
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