Volltext: Innviertler Kalender 1938 (1938)

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Der Stadtpatron von Ried 
(Die Sage vom Dietmar, dem klnhanger) 
Der Herold des Kaisers, er zog in das Land, 
Er rief seine Mannen zum Sturme, 
Der Türke, er wütet mit ruchloser Hand, 
So klagten die Glocken vom Turme. 
Jung Dietmar, der Müller, den Ruf auch 
vernahm, 
Ihm ward er gar fröhlichß Kunde, 
Begeistert zum Heere des Kaisers er kam, 
Verließ seine Heimat zur Stunde. 
Das Heer zog den Weg der Donau entlang 
Gewappnet in erzene Bande, 
Mit Psalmen und Liedern, mit heiligem 
Sang 
Erreicht es die heiligen Lande. 
Es brach an ein Abend, da leuchtete fern 
Jerusalem auf im Geflimmer, 
Gar friedlich und still schien die Heimat des 
Herrn, 
Ueberhancht vom goldenen Schimmer. 
Es sank in die Knie das Kreuzfahrerheer, 
Es flössen erschüttert die Tränen, 
Strapazen und Mühen, sie drücken nicht mehr, 
Es ward nun erfüllt alles Sehnen. 
Ein machtvoll Tedenm drang wuchtig empor, 
Es flammten die Herzen der Krieger, 
Ein demütig Flehen erbrauset im Chor: 
„Laß uns wiederkehren als Sieger! 
Nicht länger soll tragen die heilige Stadt 
Das Joch und den Druck der Barbaren, 
Wir schreiten zum Kampfe, zu heiliger Tat, 
In Treue beim Kreuz wir verharren!" 
In strahlender Schönheit der Morgen steigt 
auf, 
Beleuchtend die heiligen Stätten, 
Gen Sion das Kreuzfahrerheer zieht hinauf, 
Zu sprengen die türkischen Ketten. 
Inmitten des Heeres der Kaiser kniet hin, 
Er bittet um Kraft und um Segen, 
Vertrauen und Hoffnung, starkmütiger Sinn, 
Die Herzen der Krieger bewegen. 
Schon schleichen sie an, wie die Schlangen 
so glatt, 
Der Türken unzählige Scharen, 
Sie dringen hervor aus dem Weichbild der 
Stadt, 
In Ruhe die Christen verharren. 
Da plötzlich ein Klirren, ein Kampfruf mit 
Macht! 
Es schmettern die Schwerter zur Höhe! 
Gott will es! Wir schlagen die heilige Schlacht! 
Euch Türken ein tausendfach Wehe! 
Schon krachen die Speere, die Schlacht ist 
entbrannt, 
Der Feind stürmt mit wildem Geheule, 
Die Krummsävel blitzen in grausamer Hand, 
Es schwirren die tückischen Pfeile. 
Es blitzen die Schwerter; teutonische Kraft 
Schlägt wuchtig hinein in die Horden, 
Ihr Widerstand aber so leicht nicht erschlafft 
Der Kampf ist zum Blutbad geworden. 
Jung Dietmar, der Müller, gar grimmig er 
focht, 
Er scheut keinen Feind, keine Wunden 
Bajnwarische Wut in den Adern ihm kocht, 
Sein Speer ist von Kriegsruhm umwunden. 
Doch plötzlich: was ist das? Ein Wirbel im 
Heer, 
Ein Anblick, der kaum zu ertragen: 
Die Reichsfahne wankt, sie flattert nicht mehr, 
Sie wurde dem Herzog eutschlagen! 
Da war es Jung Dietmar, der Müller, der 
riß 
Den Bundschuh sich schnell von den Füßen, 
Mit zähem Entschluß auf den Speer er ihn 
stieß: 
„Nun Türke, nun sollst du es büßen!" 
Des Bundesschuhes Bänder, sie flattern voran. 
Schon sammeln sich wieder die Mannen; 
„Auf, Krieger! Der Bundschuh, er sei unsre 
Fahu'! 
Wir schlagen die Türken zusammen!" 
Das Banner entfachte aufs neue den Mut, 
Die Herzen begeistert auflohten, 
Das Kreuzfahrerheer stürmt mit rasender 
Wut, 
Bis endlich der Feind lag am Boden. 
Jung Dietmar das Banner er hurtig pflanz 
auf, 
Weit leucht es hinaus von den Zinnen, 
Zum Stadtwall ein donnernder Ruf dringt 
hinauf: 
„Heil Dietmar, dem Müller, dem Kühnen!" 
Der Kaiser ihm lohnte den tapferen Sinn: 
„Anhänger sei hinfort geheißen! 
Den Bundschuh als Wappen zum Danket 
nimm' hin, 
Der soll deine Tat allzeit preisen! 
Und kehrst du zur Heimat, so Gott will, 
zurück, 
Dann sei dir ein Gut dort verliehen, 
Dort mögest du finden dein häusliches Glück, 
Das reichlich dir möge erblühen!" 
Jung Dietmar kam heim; in der Heimat er 
fand, 
Was der Kaiser ihm hatte beschieden, 
Den Ried-Ort er gründet im Innviertler Land^ 
Hier fand er sein Glück, seinen Frieden. 
Es kündet am Hauptplatz der Brunnen der 
Stadt, 
Im Stadtschild der Bundschuh nicht minder: 
Von Dietmar, des Müllers urdeutscher Tat, 
Von Dietmar Anhänger, dem Gründer! 
Max Karl^
	        
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