Volltext: Innviertler Kalender 1938 (1938)

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Sie hatten reden gehört, daß der Ermordete altes Silbergeld 
gehabt habe, insbesonders Franentaler (so genannt, vml das 
BiV» unserer himmlischen Frau eingiepiriägft rvWr). Beim Abi- 
räumen der Brandstätte Hütte man aber solche nicht gefunden: 
der Raubmörder mußte sie mitgenommen haben. Nun war es 
mehr als wie wahrscheinlich!, daß er auf dem Wege zum Anzeu- 
bergergute einige Stücke verloren hatte und nicht mehr finden 
Konnte, weil sie in den Schnee gefalÄn waren, der seit jener Nacht 
liegen bliebl und schon am nächsten Tage mit neuem Schnee be¬ 
deckt wurde. Bei der Hausuntersuchung handelte es sich; also nicht 
mehr am meisten um Wilderet, sondern um Silbergeld. Trotz, 
hesitiigkn Sträubens der Burschjen und> Protestieren des Vaters 
wurden Me Strohsücke ihrer Betten durichjsncht, und richtig war in 
dem d>es Engelbert ein Sacktuch!, welches 40 bis 50 Stück altes 
Silbergeld, insbesonders Franentaler, umhüllte. Der Bursche 
erschrak, konnte über die Herkunft des Geldes keine Auskunft 
geben, und wurde sofort für verhaftet erklärt. Darüber erhoben 
die Brüder und die Eltern ein wildes Geschrei, aber umsonst. 
Engelbert selbst verlangte, vor der Abführung ein wärmeres Ge¬ 
wand anziehen zu dürfen. Ein Gendarm begleitete ihn zwar bis 
zur Kammer hinauf, wo er seine besseren Kleider hatte, glaubte 
aber, nicht hineingehen zu müssen, weil eine/ Flucht wegen der 
Fenstergitter unmöglich! schien. Nach1 kurzer Zeit krachte ein Schuß, 
in der Kammer; der Gendarm wollte hinein; jedoch! die Türe war 
verriegelt. Als sie erbrochen wurde, lag EngMert mit zerschmieitq 
iertem Kopfe auf dem Boden. Er hatte sich des MordM über¬ 
wiesen gesehen, und fürchtete die Todesstrafe durch den Strang, 
die er zu erwarten hatte. Die Hinrichtung geschah! zu jener Zeit 
auf einem öffentlichen Platze, meistens auf einem Hügel in der 
Nähe des Gerichtsortes unter massenhaftem Zulauf de!s Volkes. 
Weil er ein Mensch ohne Gottesfurcht war, hat er auf so schreck¬ 
liche Weise sich selbst gerichtet. Der Teufel tut ja auch in der¬ 
artigen Fällen., was er kann, um solche Menschen vollends 
unglücklich! zu machen. 
Die Stelle, wo er begraben wurde, ist noch! Besannt, obwohl 
schon Bei 80 Jahre seither verflossen sind. Sie Befindet sich in 
einem Walde nicht weit vom Anzenbergergutje. Engelbert ist näm¬ 
lich als bewußter Selbstmörder nicht im Friedhöfe beerdigt wor¬ 
den, sondern nach damaliger .Vorschrift an einem abgelegenen Orte. 
Es war diese Vorschrift wohl oft sehr betrübend für die Ange¬ 
hörigen, hatte aber zugleich! eine abschreckende Wirkung, so daß 
ein gewußter Selbstmord, in einer Landgemeinde kaum in 100 
Jahren einmal vorkam. Gegenwärtig ist in jedem Friedhof ein 
besonderer Platz, für solche unglückliche Menschen. 
Die Bruder des Engelbert bestießen sich von nun an einer 
etwas besseren Aufführung; die Mutter blieb tief betrübt bis an 
iihr baldiges Ende. Der Vater mied jede Gesellschaft, war zu 
Hause zwar ruhiger als wie früher, aber noch verschlossener; 
man sah ihn oft lange Zeit, den Kopf in die Hände gestützt, beim 
Tisichie sitzen. Wenn er jetzt einem guten Freunde sich anvertraut 
und gebetet hatte, wäre er vielleicht noch! aus den rechten Weg
	        
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