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wohl, bis wir im Himmel zusammenkommen. Liebster Bricher,
gehl Mir hinein und zeig ibie Sach dem untern Wirt an. Er wird
schon Anstalt machen, und mach es sonst niemand kündbar. Alle
Passerer und Bekannten sollen mir eingeben! sein im heiligen
Gebiet. Liebster Herr Bruder sag zu der Wirtin, sie soll sich nicht
so bekümmern, ich werde bitten für sie bei Gott unb für alle.
Adieu du schnöde Welt, so leicht kommt mir das Sterben vor,
daß mir nicht einmal die Augen naß werden. Geschrieben um
5 Uhr in der Früh, und um 9 Uhr reis' ich! mit Hilf aller
Heiligen zu Gott. Dein rön! Lieben geliebter Andre Hofer am
Sand. Im Namen des Herrn will ich bie Reise vornehmen."
Um 11 Uhr fand die Exekution statt. Der Sanbwirt — so
schildert der Historiker ton Tirols Erhebung, Josef Hirn, den
später durch! mancherlei Zudichtungen entstellten Vorgang —
betrat festen Schrittes, geleitet von einem Grenad!ierbataillon,
die Bastei, ein Kruzifix in den Händen. Eine Augenbinde wies
er zurück, stehend gab er selbst das Kommaudowort, worauf
zwölf schlecht gezielte Schüsse ihn zu Boden warfen, ein blmr
zehnter Gnadenschuß aus unmittelbarer Nähe ihm das Leben
nahm. „Voll Trost und Erbauung", so notierte der ihm beiste¬
hende Beichtvater, „bewunderte ich einen Mann, ber als christ¬
licher Held zum Tode ging und ihn .als unerschrockener Märi-
tyrer erlitt."
Wir Haben allen! Grund, dieses Mannes zn gedenken, welcher
der Führer TivöW im Kampfe um feine heiligsten Rechte war;
denn im Jahre 1809 kämpften bie Tiroler in erster Linie für ih¬
ren T Lauben, da sie von allen aufklärerischen Reformver^uchen
der bayrischen Verwaltung, die schon Kaiser Josef II. vergeblich
hatte durchführen wollen, nichts wissen wollten. In einem Auf¬
rufe Hofers lesen wir: „Fast alle Gerichte in Tirol ersuchten
Mich gegen den Feind auf zu fein. Brüder, es ist nur um Kleins
zu tun. Wenn wir nachgeben, ist Glaube, Religion, Volk und
alles hin."
Wer die Verfügungen der bayrischen Verwaltung während
ihrer dreijährigen Herrschaft kennt, weiß, baß die Tiroler zum
Widerstände igegen bie Fremdherrschaft berechtigt waren. Oder
sollten sie es ruhig ertragen, daß die brei Bischöfe lanbesverwie!-
fen, daß eine große Zahl von Klöstern aufgehoben und 30 Pfar¬
rer entfernt wurden? Oder, um nur noch einiges zu erwähnen,
sollten sie es ruhig hinnehmen, baß bas Rofenkvanzqebet für
öffentliche Andachten verboten Wurde, daß eine große Zahl von
Feiertagen aufgehoben wurden und nicht erlaubt würbe, die
Christmette zu mitternächtlicher Stunde abzuhalten?
wie Hofers Gebeine entercligt wurclen
Es war ein kalter Winter des Jahres 1823. In Oberitalien
lag Schnee, der Boden war gefroren.
In einem. Gasthaus saßen fünf Kaiserjägeroffiziere uni»
sprachen von Andreas Hofer, dem Tiroler Freiheitshelden, der
unweit des Gasthauses vor fast genau dreizehn Jahren den