Volltext: Innviertler Kalender 1933 (1933)

Sogleich nach Erhalt meines zweiten Monatslohnes be¬ 
zahlte ich an den Vater meine Schjulden unb- meiner guten 
Mutter zuliebe schickte ich von nun an jeden Monat meinen 
Lohn und einen Teil meiner Trinkgelder nach Hause. So 
verging ein Jahr im besten Einvernehmen mit den Eltern 
und ich -galt sogar beim Vater als braver, sparsamer Sohn. 
Was sich aber während dieser Zeit hinter dem Rücken des 
Vaters, also hinter den Koulissen, abspielte, darüber blieb d'er 
Vater vollständig in Unkenntnis. 
©eitte guten Ratschläge, wie „bevor du net ausgewachs'u 
und militärfvei |6iiist, brauchst koa neichs Gwand!" hatte ich 
inzwischen vergessen, -und mir einen Anzug und Ueberrock nach 
meinem Geschmack lansertigen lassen. Die altmodischen Stoffe 
der verschmierten Röcke und Westen, die ich; vom Vater zu¬ 
gewiesen erhielt, hatte ich allmählich satt bekommen. 
„Aber es ist nichts so sein gesponnen, es kommt doch end¬ 
lich -an kdie Sonnen!" 
Ich mußte zur Assentierung nach Hause kommen, und 
bei dieser Gelegenheit kam die Wahrheit über bien vermeint¬ 
lich braven Sohn -ans Tageslicht. 
D-er Vater hatte schon viele mehr als' unangenehme Er- 
s-ahrungen mit mir gemacht, daß ich aber einmal das- Ge% 
wie er sich ausdrückte, „mit vollen Händen" für unnötig«? 
Kleider „hinauswerfe", daß er dies einmal erleben werde, 
hätte er doch nie geglaubt. Und zur weiteren Sorge wurde 
ich, zur dreijährigen Militärdienstzeit „tauglich" bes-undsen. 
„Soweit hass femtna müass'n!" seufzte der Vater sichtlich- 
bewegt, „iatzt iis das viele Geld fürs Gwand! hin!" und in 
vorwurfsvollster Betonung wendete et sich an die Mutter: 
„Wenns iatzt den Buam beim Militär net „auf gleich" bring an, 
is der Vita valorn!" 
Oft, denke ich an meine gute Mutter und werbfe, so lang 
ich lebe, -sie nie vergessen. 
Diele, viele $ahre ruht sie schon im ewigen Schlaf. Was 
habe ich ihr in meinem jugendlichen Unverstand oft für bittere 
Stunden verursacht. Meine Mutter w-ar eine gutgläubige Ka¬ 
tholikin und hat mich auch in diesem Sinne erzogen, aber in 
mir muß jein gut Stück Belzebub gesessen sein. 
Heute bitte ich die Mutter im Gebet um Verzeihung. Zu 
spät!
	        
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