Volltext: Innviertler Kalender 1932 (1932)

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Die zwölf sonderbaren slädite. 
Nur die zwölf Nächte waren schuld baran, daß der Schneiderbauer 
und der Schmied-Peter so aneinander geraten sind. Die spielten für die 
zwei eine gar große Rolle. Eigentlich für alle im Dorf. 
Da war zum Beispiel die Löwenwirtin. Die zog nicht um alle 
Welt während der zwölf Nächte ein Bett ab. Mochten die Bezüge noch 
so schmutzig sein, es wurde eben einfach kein Bett abgezogen. Schon im 
Advent nicht, und nun gar noch während der zwölf Nächte — Das war 
der Löwenwirtin schon von ihrer Großmutter und der Urahne her be¬ 
kannt, daß man sich den Hexen und bösen Menschen verschrieb, mit Haut 
und Haaren, sobald man sich während dieser Zeit in ein frischbezogenes 
Bett legte. 
Der Löwenwirtin ihre Tochter, die (Sv, das war so eine Moderne 
geworden, seit sie in der Stadt einen Kochkurs mitgemacht hatte. Bon bet 
Zeit an wollte sie alles besser wissen, wie bie anbetn Leute vom Dorf, 
Die lachte ihre Mutter wegen bes Bettüberziehens aus, aber so ganz in 
Abrebe konnte sie bie Macht ber zwölf Nächte boch nicht stellen, benn 
daran glaubte sie steif und fest, daß das, was man während der zwölf 
Nächte träumt, zur Wahrheit wird. Und sie hatte geträumt, daß sie mit 
dem Nachbarssepp verlobt war. Richtig, ganz echt verlobt. Ihr ist es 
immer noch, als fühle sie den schweren, goldenen Ring ant Finger, den 
der Sepp ihr da ansteckte. Grad in der dritten Nacht nach Weihnachten 
hatte sie so schön geträumt. Sie zählte an beit Fingern: „Januar, 
Februar, März." Im März Würbe sie also schon Braut. Da könnte 
dann noch vor der Heuernte Hochzeit sein. Und noch etwas bestärkte sie 
in ihrer Hoffnung auf ben Sepp. Ihre Mutter hatte nämlich in ber 
Silvesternacht Blei gegossen. Sie wollte halt unbedingt wissen, wie sich 
bas neue Jahr einstellt. Da waren es teilweise lauter Kränze, was sie 
da goß. Und das andere, wie Burgen sah das aus. Die Kränze wußte 
sich die Löwenwirtin sofort zu beuten. Das waren lauter Stabtwürst- 
kräuze, bie man im fommenben Jahr in ihrer Wirtschaft verzehrte. Aber 
bie Burgen? — die Burgen? Sie zerbrach sich darüber den Kops, daß 
er schmerzte. 
Alle Gäste fragte sie um ihre Meinung. So meinten die einen, 
das wären gar feine Burgen, das bedeute den Wirtstisch mit vielen 
Gläsern drunter und drüber gestellt, die andern sagten wieder, der Tanz¬ 
saal sei es, und ein ganz schlauer behauptete steif und fest, das sähe wie 
ein Schloß aus, und das bedeute, daß die Löwinwirtin ein Lotterielos 
nehmen soll, dann würde sie so viel gewinnen, daß sie sich damit ein 
Schloß saufen sann. Das leuchtete der Löwenwirtin am ersten ein — 
daran war nicht zu rütteln, daß dies Gebilde ein Schloß bedeutet. Ja, 
Himmel, was blühte ihr im fommendeu Jahr für ein Glück. Und weil 
sie noch dazu in der Neujahrsnacht träumte, das alte Mutter schwebt 
hätte ihr elf nette Ferkeln gescheitst, darum gab sie der Boteukundl so¬ 
fort den Auftrag, ihr aus der Stadt ein Los um zwei Schilling mitzu¬ 
bringen. Aber mit der Aufangsnummer „eilf" Ein Eilser mußte unbe¬ 
dingt darauf stehen, weil sonst das Los keine Kraft hätte.
	        
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