Volltext: Innviertler Kalender 1932 (1932)

klm Tag nach Martini hat der firautberg draußen im 
Kaibigarten genügsam ausgewogen. Da kniet die Hillerin mit 
ihren Weibsbildern in der großen Bauernstube und schruppt 
und scheuert Knierutschend hin und her, daß der Boden blank- 
golden gleißt wie eine Honigwabe. Der große Bauecntifch ist 
an die Stubentüre gerückt, damit, daß die fjausleute mit ihren 
Socken nichts mehr verdrecken können. Der ganze Bodenbe¬ 
reich beim Herrgottswinkel ist mit mächtigen Leinlacken über¬ 
deckt, damit das Edelgut des Krautes ja mit Keinem Stäub- 
lein versehrt werde. Inmitten dieses gefriedeten Banngebietes 
steht der altväterliche Krauthobel, erzbereit, die mächtigen Maser 
in feinste Fäden zu zerlegen. Der Hitler selbst besorgt das Zer¬ 
schneiden mit dem angestammten Hobel, auf dessen Seiten¬ 
brettern noch die Namenszüge eines Llroorfahren mit einer 
Jahreszahl stehen, die von den Heutigen keiner mehr lesen 
kann, wie ein Feldherr steht er gebietend im Bereiche des 
Krautsegens und sorgt im überlegenen Befehlston dafür, daß 
einerseits die krautköpfe richtig hereinkommen und anderer¬ 
seits das gewonnene Edelgut ordnungsgemäß in die Fässer 
kommt, die in der firautkammer schon längst bereit stehen. 
Dort sitzen die knechte mit aufgestülpten Hosenbeinen um 
den großen Zuber, zur peinlichsten aller Fußwaschungen, die 
die Hillerin selbst wie eine sakrale Handlung überwacht, flicht 
daß einer von den gleichmütigen Kunden mit halbgewaschenen 
Füßen zum Krauteintreten in die Fässer abrückt. Der ganze 
Gottessegen wäre verdorben. Drei bis viermal wechselt sie 
das Wasser im großen Zuber höchst eigenhändig und allemal 
wieder untersucht sie jede klunse, ob nicht doch noch ein Fäser¬ 
lein Stallmist oder ein Erdpätzlein darin fein Heimatrecht be¬ 
haupte. 
Erst wie alle Füße blitzsauber sind wie von neugeborenen 
nach dem ersten Bad, gibt sie gnädig Befehl zum Einsteigen 
in die sich mählich füllenden Fässer. 
„Mein Gott," meint der Hüterbub, „ist das eine Gutheit 
— das Krauteintreten! wie fein das kitzelt!" 
„fjalt’s Mäu ! belehrt ihn der Großknecht, „und gib acht, 
wo du hintrittst mit deinen Trittlingen. Rundum muß’s gehen 
und überall muß getreten werden. Drinnen muß das Kraut 
liegen wie ein Stock kein Fäferl darf mehr herausftehen. Und 
geschnäbelt wird beim Krauteintreten gar nicht, verstanden!" 
„So ist der Mensch," gibt der Häuslmann noch seine 
Meinung kund, „erst tritt er die Gottesgabe mit Füßen — und 
nachher frißt er’s als feine seibfpeis’. Sus wär's, wenn’s kein 
Kraut nicht gäb’! Da konnten wir uns die meiste Zeit mit 
der Faust aufs Maul schlagen!" 
Jetzt horst du den ganzen Tag nichs mehr als das 
knarzen der Schwingen, das Raffeln des Krauthobels, die 
bedachtsamen Tritte der Krauteintreter. Fiber zum Abend, wenn 
der ganze Krautberg vom Kaibigarten in den riesigen Fässern
	        
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