Volltext: Der Inn-Isengau 24. Heft 1928 (24. Heft / 1928)

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Das Feld der Ortsgeschichte ist sehr weit. Alle 
Kenntnis der Vergangenheit eines Ortes gehört dazu, 
ob sie sich auf die Besiedlungs- und Bevölkerungs 
geschichte, auf das Recht oder die Wirtschaftsverfassung 
und Wirtschaftsentwicklung, auf die Kirchenverhältnisse 
oder auf die Schulgeschichte bezieht, ob sie vom Kunst 
historiker, vom Sprachforscher, von der Volkskunde ver 
mittelt wird. Eine Reihe von Fächern greifen ineinan 
der. Die Fachleute sind sich daher der Schwierigkeiten, 
welche die Abfassung einer Ortsgeschichte bietet, vollauf 
bewußt. Die vom Bayerischen Hauptstaatsarchis heraus 
gegebenen „Ratschläge für bayerische Ortsgeschichtsforscher"^ 
betonen ganz mit Recht: „Wer etwa schon nach halb 
jähriger Arbeit eine fertige „Geschichte" seines Heimat 
dorfes der staunenden Mitwelt im Drucke vorlegen will, 
der lasse lieber die Finger von der Sache. Es ist schade 
um jeden Bogen Papier, den er verschreibt. Steinchen 
um Steinchen muß mühselig zusammengetragen werden." 
Und der Dillinger Hochschulprofessor für Geschichte Or. A. 
Schröder, der als Herausgeber der vorzüglichen ge 
schichtlichen Beschreibung des Bistums Augsburg sich 
seit mehr als 30 Jahren mit Forschungen über die Ge 
schichte schwäbischer Dörfer befaßt, erklärt: „Eine Dorf 
geschichte stellt Anforderungen nach so vielen Seiten hin, 
daß sich schwerlich jemand finden dürfte, der die ganze 
Summe der einschlägigen wissenschaftlichen Fächer be 
herrscht und ihr Ineinandergreifen überblickt."^ 
An die Ortsgeschichtsschreibung stellt man heute ganz 
andere Anforderungen als vor drei bis vier Jahrzehnten. 
Eine Reihe neuer Fragen sind seither von der For 
schung neu aufgegriffen oder in den Vordergrund ge 
schoben worden. Infolge der Wendung, welche die Ge 
schichtswissenschaft im letzten Drittel des abgelaufenen 
Jahrhunderts zur Kulturgeschichte im weitesten Sinne, 
zur Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte, zur Erforschung 
der materiellen Zustände des Volkes genommen hat, 
eröffneten sich ganz neue Forschungsgebiete, bildeten sich 
neue Disziplinen. Neben der Verfassungs- und Ver 
waltungsgeschichte, neben der Kunst- und Kirchengeschichte 
0 Deutsche Gaue. Sonderheft 121 (Kaufbeuren 1927). 
2 ) Äahrbuch desHist.Vereins DiNingen a.D. 37.Jahrg. (1924),S.i.
	        
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