Volltext: Der Inn-Isengau 23. Heft 1928 (23. Heft / 1928)

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schlägt heute Wege ein, die sie über reine Formenkunde 
(Morphologie) hinaus zur Funktionslehre (Physiologie) 
und weiter zur physiologischen Morphologie führen. Das 
soll besagen, daß die Städtekunde nicht nur Formen 
beschreiben und einordnen, sondern in gründlicher Fak 
torenanalyse immer die regen Wechselbeziehungen zwischen 
Form und Funktion ergründen will. Dabei müssen auch 
die „energetischen" Wissenschaften von der Physik über 
die Biologie zur Psychologie als tiefere Grundlagen im 
Auge behalten werden — baut sich doch die Technik auf 
die Physik, die Nationalökonomie auf die Biologie und 
die Soziologie auf die Psychologie auf. 
Die ausführlichsten Städtebeschreibungen fanden wir 
bis in die letzten Jahrzehnte in den für Reisende be 
stimmten Städteführern. In diesen hat man heute noch recht 
oft den Standpunkt des Einzelsehers beibehalten. Mehrere 
Verfasser teilten sich in der Behandlung erdkundlicher 
und geschichtlicher Fragen, begannen nach erprobtem 
Schema mit Lage, Größe, Berge, Flüsse rc., reihten dann 
die Stadtchronik an und verweilten am ausführlichsten 
bei der kunstgeschichtlichen Beschreibung dominanter Bau 
lichkeiten. Es finden nicht nur Kirche und Burg eine 
sehr eingehende Würdigung, sondern auch einzelne Grab 
steine, Einzelstücke größeren Wertes in Museen, Stand 
bilder berühmter Männer rc. Will man noch mehr 
geben, so greift man zur abstraktesten Form der Mor 
phologie, zur Zahl, zur Statistik. 
So wichtig für den Einzelforscher die ins kleinste 
gehende Detailschau ist, für den durchschnittlichen Städte 
wanderer wird sie eine Qual. Ueber eine Jahreszahl 
wird da oft Seite für Seite gedruckt und am Schluffe 
ergibt sich, daß wir eben nichts Bestimmtes wissen. 
Was in gelehrten Abhandlungen sein kaum gelesenes 
Plätzchen finden mag, gehört nicht in unsere Heimat 
bücher. 
Von den Ganzheitsbetrachtungen gewährt die geo 
graphische manchem Städtepilger eine starke Befriedigung. 
Für die Erdkunde ist die Stadt ein Stück Kulturland 
schaft. Der Geograph bemüht sich, die Lage und Ver 
teilung der Städte ins Auge zu fassen, von der Verkehrs 
lage auf die Oberflächenformen des Bauplatzes über-
	        
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