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drei „Reichen Herzöge", die genau ein volles Jahr
hundert nicht nur über Niederbayerns fruchtbare Gaue,
sondern auch über die östliche Hälfte des heutigen Ober
bayern herrschten. Damals ging die führende Stellung
in der Entwicklung der altbayerischen Baukunst von
Regensburg auf Landshut über. Ein Künstler von
mehr als gewöhnlichem Größenmaß stand an der Spitze
der eine bewundernswerte Tätigkeit entfaltenden Lands-
huter Bauhütte, Meister Hans Stethaimer von
Burghausen, der Vater der deutschen Spätgotik. Mit
seinem Wunderbau, der St. Martinskirche, der er den
damals zweithöchsten Turm in Deutschland gab, hat sich
der große Raumkünstler ein unsterbliches Denkmal gesetzt.
Auf seiner Grabinschrift an der Martinskirche werden in
schlichter Aufzählung noch weitere fünf Kirchen als seine
Bauwerke namhaft gemacht: es sind die prächtigen
Hallenbauten der Hl. Geist-Spitalkirche in Landshut,
der Straubinger Karmelitenkirche, der Pfarrkirchen zu
Wasserburg und Neuötting, der Franziskanerkirche zu
Salzburg, die alle nach den Plänen des großen Bau
meisters entstanden, deren Vollendung Stethaimer eben
so wenig wie die der Landshuter Kirchen erlebte. Die
Landshuter Bauhütte wirkte äußerst fruchtbar, ihr Ein
fluß tritt fast in ganz Südbayern zutage; ja ihr Ruf
ist über die Grenzen unseres engeren Vaterlandes hinaus
gedrungen. Ihre besonderen Merkmale sind: Turm vom
Viereck zum Achteck übergehend, in Stockwerke geteilt,
vielfach mit Eckaufsätzen, durch Blendenarkaden belebt,
Dreiecklisenen und Friesband. Aber auch für die Plastik
war Landshut von hoher Bedeutung. Zwei spätgotische
Meister sind es, die weitum das Land mit ihrer voll
endeten Kunst erfüllt: Stephan Rottaler und Hans
Leinberger. Und auch die Malerei stand um diese
Zeit in höchster Blüte; sind uns doch an die 30 Namen
beachtenswerter Meister genannt, unter ihnen Hans
Schwab von Wertingen, der „Schwabenmaler", der
mit Hans Leinberger den wundervollen Hochaltar im
St. Kastulusmünster zu Moosburg schuf. Es war ein
Hochgenuß, den von hervorragender Sachkenntnis getra
genen Ausführungen Hartigs an der Hand von reichem
Bildermaterial zu folgen.