Volltext: 150 Jahre Bistum Linz (225 / 1935)

Linzer Volksblatt, Nr. 225 
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Samstag, 28. September 1935 
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Enns und die ausgedehnten Grundherrschaften der Land- 
klöster ließen nur mehr in den aufblühenden Städten Platz 
für Klostergründungen Mit Ausnahme des Dominikaner 
klosters Steyr, das eine Stadtgründung war (1492), gehen 
auch die letzten vorreformatorifchen Mendikantenklöster des 
fünfzehnten Jahrhunderts auf Adelige zurück. Bier Schaun- 
berger stifteten das Franziskanerkloster Pupping (1478), 
Laßla Prager das Karmeliterkloster Mauthausen (1494) und 
Wolfgang von Pollheim-Wartenburg das Paulanerkloster 
Obertalheim bei Vöcklabruck (1497). Es läßt sich nicht ver 
kennen, daß mit diesen auslaufenden Gründungen der kul 
turelle Nebenzweck stark zurücktrat und religiöse Gesichts 
punkte in den Vordergrund rückten. Diesen Klosterstiftungen 
eigneten zwei staatspolitische Rückwirkungen 
von größter Tragweite. Schon die Babenberger und ihnen 
folgend die Habsburger brachten die Schutz- und Schirm- 
v o g t e i über die Landklöster an sich. Sie sicherten sich da 
durch nicht nur die Klöster als Kammergut und als Fi- 
nanzreseroe für kritische Zeiten, stärkten also ihre Haus 
macht, sondern die Vertreter der 15 Landklöster bildeten 
den Prälaten st and und nahmen bei dem Emporkom 
men der Landstände seit der Wiener Tagung von 1403 ent 
scheidenden Einfluß auf die Gestaltung der Politik. 
Das Zeitalter der Reformation und Ge 
genreformation ist nicht nur beherrscht vom Gegen 
satz Katholizismus—Protestantismus, sondern eben so sehr 
von der Spannung landesfürstlicher Absolutismus—Stände 
regierung. Der Adel kehrte sich von der Religion und von 
den Stiftungen seiner Väter ab und manche Adelige ver 
legten sogar das Erbbegräbnis aus den Pfarrkirchen in ihre 
Schloßkapellen Da die Herren und Ritter trotz der Koppe 
lung der religiösen Frage mit den Landtagsbewilligungen 
bei den katholiichen Landesfürsten die Religionsfreiheit nicht 
durchfetzert konnten, beschritten sie unter der Führung des 
Georg Erasmus von Tfchernembel die Bahnen des Hoch 
verrates gegen Ferdinand ll. und — verloren Die Schlacht 
am Weißen Berg (1620) besiegelte die Geschicke des Pro 
testantismus auch im Lande ob der Enns und der dritte 
Bauernkrieg (1626) bildete das blutige Finale zu längst 
versunkenen Plänen. Unterstützt durch die Arbeit neuer 
Orden führte die Gegenreformation die überwiegend der 
A. C. anhängende Bevölkerung allmählich größtenteils wie 
der zur katholischen Kirche zurück. Zahlreiche Klosterneugrün 
dungen bekunden, daß der Katholizismus seine gefährliche 
Lage überwunden hatte. Das Kollegium der Jesuiten, die 
1600 nach Linz gekommen waren, erhielt Ottensheim und 
Pulgarn und 1622 von Ferdinand II. Traunkirchen. 1630 
berief die Bürgerschaft die Gesellschaft Jesu nach Steyr, 
lapuzinerklöster entstanden in Linz (1606 durch Erzherzog 
Matthias), Steyr (1616 durch Anna, die Gemahlin des Kai- 
sers^Matthias, durch Abt Anton Spindler von Garsten und 
den Bi?mgrafe!n Siegmuyd von Lamberg), Wels (1630 durch 
von, Krsffismünster). GrMmden /168M.diu?ch 
ferdinano^Uh^ Freistadt (1643 durch den Grafen StMhem- 
berg), Urfahr (1690), im Innviertel in Braunau (1621 durch 
den Kurfürsten Maximilian I. von Baiern), Schärding 
(1628 durch Maximilian I.), Ried (1642). Ihre Lage wies 
ihnen die Seelsorge der Vororte und des zugehenden Land 
volkes zu. Graf Leonhard Helferich von Meggau gründete 
1623 das Franziskanerkloster in Grein, Graf Joachim Enz- 
müller 1664 das Kloster der Dominikaner in Münzbach, 
Freiherr Franz Ernst von Kaiserftein 1671 das Karmeliten- 
kloster in Linz. Eine Reihe von Frauenklöstern widmeten 
sich alten und neuen Zweigen der Seelsorge, so die Zöle- 
ftinerinnen in Steyr (1646), die Dominikanerinnen in 
Windhaag bei Perg (1667), die Ursulinen (1679), Karmeli- 
tinnen (1710) und Elilabethinerinnen (1741) in Linz. Ihre 
Bauten atmen den Geist der Barockkultur und künden mit 
prächtigen Profangebäuden von Österreichs Glanzzeitalter 
nach Überwindung der Glaubensspaltung und der Türken 
gefahr. Um so schmerzlicher empfanden Regierung und Volk 
den Mangel eines eigenen Bistums. Roch immer erstreckte 
sich die Diözese Passau über Ober- und Niederösterreich mit 
Ausnahme der Kleinbistümer Wien und Wiener-Neustadt, 
die Friedrich UI. nach langem Kampfe 1469 durchgesetzt 
hatte. Als Wien 1723 zum Erzbistum erhoben wurde, ge 
staltete sich die Lage für den österreichischen Anteil der 
Passauer Diözese noch schwieriger. In dieser Verfassung trat 
das Land ob der Enns in das Zeitalter der Aufklärung, 
das mit der Aufhebung der Gesellschaft Jesu (1773) Ober 
österreich die erste schwere Wunde zufügte. In kurzer Zeit 
griff der neue Regierungskurs so tief in das kirchliche Leben 
Oberösterreichs ein, das im Frieden von Teschen (1779) um 
das Innviertel vergrößert worden war, daß die Ereignisse 
den zweittiefsten Einschnitt seit der Glaubensspaltung bil 
deten. Mitten in diese Umwälzung fällt die Gründung der 
Diözesen Linz und St. Pölten. 
II. 
Cs war für die ersten fünfzig Jahre der neuen Diözese 
entscheidend, daß ihre Entstehung in der Hochblüte des 
Staatskirchentums der Aufklärung, näherhin 
mitten in der Zeit des josefinischen Kloftersturmes") vor sich 
ging. Die Wurzel der Kirchenpolitik Josefs II. (1780 bis 
1790) lag in der Auffassung vom Totalitätsanspruch des 
Staates auf cklle Gebiete des menschlichen Lebens einschließlich 
der religiösen Betätigung. Diese in staatsphilosophischen und 
staatspolitischen Ideen der Aufklärung verankerte Anschau 
ung hatte in den tatsächlichen kirchenpolitischen Verhältnissen 
Österreichs eine starke Stütze.'") Die Kaiser übten als Lan 
desfürsten nicht nur die Vogtei über die Klöster aus, führten 
Klostervisitationen durch und betätigten auf Grund weit 
reichender Privilegien ein förmliches Ernennungsrecht über 
wichtige kirchliche Stellen, sondern die Haltung der katho 
lischen Habsburger im Zeitalter der Glaubensspaltung und 
") A. Hittmair, Der Josefmische Klostersturm im Land ob der 
Enns (1907). 
'") H. Ritter von Srbik, Die Beziehungen von Staat und 
Kirche in Österreich während des Mittelalters, S. 75 ff. 
der allgemeine europäische Fürstenabsolutismus des 17. und 
18. Jahrhunderts sicherten den Herrschern in ihren Erblän 
dern einen fast schrankenlosen Einfluß über die Kirche. Rom 
und Passau kamen neben der Staatskanzlei kaum zur Gel 
tung. Josef II., in dem diese Ideen ihren bekanntesten Ver 
treter fanden, war ebenso erfüllt von Gedanken der Pflich 
ten, die ihm der Totalitätsanspruch der Kirche gegenüber 
auferlegte. So sehr seine Kirchenpolitik die Kirche, ja das 
religiöse Leben Österreichs schädigte und derart in Bestür 
zung versetzte, daß Pius VI. im Jahre 1782 den Kaiser per 
sönlich in Wien umstimmen wollte,") so unersetzliche Werte 
für Kunst und Wissenschaft, vorzüglich für die Geschichte, 
durch die Klosteraufhebungen und durch den Abbruch und 
die Profanierung zahlloser kleinerer Kirchen zugrunde gin 
gen, so frivol und unverantwortlich nachgesetzte Stellen und 
Personen die Durchführung der kaiserlichen Erlässe voll 
zogen, ebenso sicher ist es, daß der Kaiser keineswegs die 
Kirche treffen wollte. Er lebte und starb als Sohn der katho 
lischen Kirche, die er als Kaiser in bestimmter Richtung be 
drängt, in anderer Richtung gefördert hatte. Den unwider 
legbaren Beweis für diesen scheinbaren Widerspruch liefern 
die gewaltsamen Gründungen der Bistümer Linz und Sankt 
Pölten, noch mehr die bedeutsame Regulierung der Pfar 
ren und die Förderung bestimmter Orden, z. B. der Barm 
herzigen Brüder. Man erkennt auf den ersten Blick die 
Lösung des Widerspruches. Die Neuschöpfungen des Kaisers 
bewegen sich im Rahmen seines Staatskonzeptes und haben 
als Zielsetzungen den Nutzen des Staates und das Gemein 
wohl der Bürger in der Schau des Utilitarismus. Der Zeit 
und dem Kaiser waren der Eigenwert des religiösen Lebens, 
die Selbständigkeit der Kirche in ihrem Bereiche und vor 
allem die Achtung vor der Vergangenheit fremd. Daher der 
Kampf gegen die beschaulichen Orden und gegen alle Häuser, 
die sich nicht mit einem Arbeitsbuch für das Gemeinwohl 
ausweisen konnten, daher die beklagenswerte Verständnis 
losigkeit gegen die unersetzlichen Klosterarchioe, Bibliotheken 
und Kunstdenkmäler aufgehobener Stifte. Wie sehr ander 
seits der Kaiser die Kirche dem Staate zu- und unterord 
nete, zeigen z. B. die Einführung der alleinberechtigten 
„Bruderschaft von der tätigen Liebe des Nächsten" an Stelle 
der aufgehobenen Bruderschaften,") oder die Josefinischen 
Pfarrhöfe, die mit ihrer gehobenen Bauart, mit ihrer Lage 
etwas außerhalb des Ortes und mit ihren umfriedeten 
Baumgärten die josefinische Auffassung vom Geistlichen als 
eines Dieners des Staates und Erziehers des Volkes fest 
halten. Wer in der Kapuzinergruft in Wien den Prunk 
sarkophag Maria Theresias mit der schmucklosen eisernen 
Truhe vergleicht, die Josefs sterbliche Überreste umschließt, 
dem ersteht die Gestalt dieses Kaisers in ihren Grund 
anschauungen. Viele kirchenpolitifche Maßnahmen Josefs II. 
mußten scheitern, weil sie sich an fremden Rechten, am öster 
reichischen VolksempfindM und an der Geschichte des eigenen 
StaaM vergriffen. geblM^^K^MMr delH Tole^anzpatetzt 
von 17y1 seine DiözesanMüüdungMl und seine Vermehrung 
und Ausgestaltung deß Pfarrntztzes. Sie erwiesen sich bis zur 
Gegenwart als höchst segensreich und sichern Josef II. den 
Dank der österreichischen Kirchengeschichte. 
Als Josef II. nach dem Tode des Kardinals Leopold Fir- 
mian von Passau am 16. März 1783 die passauische Juris 
diktion über die österreichischen Untertanen aufhob und 
Ernest Johannes. Reichsgrafen von Herberstein, zum ersten 
Bischof der Diözese Linz ernannte, und als Pius VI. am 
28. Jänner 1785 die Diözese Linz kanonisch errichtete, blutete 
das kirchliche Oberösterreich aus vielen Wunden. Die Kloster 
aufhebungen und die Eingriffe in das kirchliche Leben waren 
im vollen Gange, in Linz begann Josef Valentin Eybel 
seine kirchenfeindliche Tätigkeit. Die Ausstattung der neuen 
Diözese trug alle Merkmale einer stürmischen Übergangszeit 
an sich. Als Kathedrale wurde die ehemalige Jesuitenkirche, 
als Residenz des Bischofes der Kremsmünsterer Hof be 
stimmt. Die Dotation des Bischofs sollten Mondsee, Garsten 
und Gleink, des Domkapitels Münzbach, Windhaag, Baum 
gartenberg und Waldhausen bilden. Diese zusammengeraff 
ten Kirchengüter zogen Rechtsunsicherheit und Mißhellig 
keiten nach sich. Einen wahren Leidensweg durchlief das 
Priesterfeminar. bis Bischof Josef Anton Gall 1804 die 
Komturei des Deutschen Ritterordens in der Harrach kaufte 
und 1806 die ersten Theologen das neue Heim bezogen. Die 
beste Mitgift die Linz aus seiner Gründungszeit miterhielt, 
war das katholische Erbe der Vorzeit, das weiter wirkte und 
sich dank der geschloffenen Form eines eigenen Landes so 
günstig entwickelte, daß es die Wunden der Franzosenzeit 
überwand und allerdings viel langsamer, auch die Eier 
schalen des Josefinismus allmählich abstreifte. Es liegt in 
der Natur der Sache, daß sich diese Entwicklung am besten 
in den verschiedenen Kirchenrechtslehrbüchern verfolgen läßt. 
So war in dem langen Kampfe Österreichs um die Ver 
selbständigung das Bistum Linz früher zu seinem Ziele ge 
langt als das Land ob der Enns. Bis 1918 bildeten ja das 
Land unter und ab der Enns ein Erzherzogtum, aber mit 
zwei Vertretungskörpern, und erst seit 1918 ist auch der 
Name „Oberösterreich" amtsläufig geworden." 
III. 
Bis 1918 teilte die junge Diözese Freud und Leid mit 
der Österreich-Ungarischen Monarchie, die in den letzten Ab 
schnitt ihres Bestandes eingetreten war und im Spätherbst 
dieses Schicksalsjahres nach dem Weltkrieg in die Nachfolge 
staaten auseinanderbrach. Die geistigen und politischen Strö- 
") A. Weilbold, Papst Pius' VI Reife durch die Erblande 
Josefs II., „Linzer Volksblatt", 1932, Nr. 303 und 304. — 
A. Eilenstein, Di« Papstfahrt durch Oberösterreich „Linzer Volks 
blatt", 1932, Nr. 99. 
'") Vergl. z. B. K. Eder, Die Bruderschaft der „Tätigen Liebe 
des Nächsten" in Tarsdorf, Braunauer Heimatkunde, 10. Heft 
(1919), S. 40 f. 
'") Vergl.' K. Eder, Über die geschichtliche Entwicklung des 
Landes ob der Enns (Referat über einen Vortrag des Direktors 
Dr. I. Zibermayr), .Mnzer Volksblatt", 1923, Nr. 42. 
mungen dieser Zeit warfen ihre Wellenschläge auch in das 
Bistum Linz und bestimmten stärker als dies früher der 
Fall war, den Gang der Kirchengejchichte des Landes von 
Wien aus. Wie Johann Michael Sailer in Baiern,") be 
reitete Klemens Maria Hofbauer (f 1820) im 
Österreich der napoleonischen Zeit und in der Ära des 
Wiener Kongresses den Umschwung des Denkens und Emp 
findens aus den Bahnen der Aufklärung in die Wege der 
Romantik vor.") Erft aus dem Abstand von heute können 
wir die ganze Bedeutung dieser Gottesmänner für die Folge 
zeit bis zur Gegenwart ermessen. Von ihnen her läuft bis 
zu grundlegenden Gedanken der Jetztzeit über Staat und 
Volk, Kultur und Bildung, Religion und Philosophie, Ge 
schichte und Literatur eine gerade Linie. Da sie viel früher 
als selbst die Berufenen die Schäden, Wunden und Heil 
mittel ihrer Zeit erkannten, mußten sie unverstanden bleiben 
und feiern erst spät eine glanzvolle Auferstehung. Sie be 
stätigten die alte Erfahrung, daß neue Ideen über die 
alten siegen und jene, die Ideen haben, über die, welche 
keine haben. 
Die empfindsame mystizierende Zeit des Vormärz, die 
überall seltsame Blüten trieb, trug in Oberösterreich die 
Namen Thomas Pöschl und Martin Boos in- die Annalen 
der Kirchengeschichte ein.") Beide erhärten trotz der Ver 
irrungen Pöschls den Satz, daß der Strom religiösen Lebens 
neben und außer dem politischen und theologischen Tages 
kurs im Volk weiterfließt. Das Sturmjahr 1848 veranlaßte 
Bischof Gregorius Thomas Ziegler (1827—1852) zu einer 
Reihe von Hirtenbriefen und Mahnungen an den Klerus, 
welche die tiefe Sorge über die Auswirkungen der politi 
schen Vorgänge auf das kirchliche Leben bekunden.") Unter 
seiner Regierung bahnte sich die weitere Entschlackung der 
kirchlichen Zustände von der Bevormundung des Staates 
an. Seit 1849 versammelten sich Österreichs Bischöfe häufig 
zu Bischofskonferenzen, um wichtige, gemeinsame Fragen 
zu besprechen, der sichtbare Beweis, daß das Staatskirchen- 
tum zurücktrat.") Unter Franz Josef I. (1848—1916) schloß 
der Staat ein Konkordat mit der Kirche (1855), das 
eine weitere Erstarkung des kirchlichen Lebens brachte. Diese 
innere Kräftigung war um so begrüßenswerter, als der mäch 
tig aufschießende Liberalismus, begünstigt durch die ge 
samte Zeitlage, das Konkordat aushöhlte, so daß die Staats 
grundgesetze des Jahres 1867 und die Maigesetze von 1868 
einem Konkovdatsbruch gleichkamen. Als der Kultusmini 
ster von Stremayr nach der Dogmatisierung der päpstlichen 
Unfehlbarkeit die einseitige Kündigung des Konkordates beim 
Kaiser beantragte, stimmte dieser zu und Graf Beust voll 
zog durch seine Depesche vom 30. Juli 1870 nach Rom die 
Kündigung. In Oberösterreich brach sich die Wucht der kir 
chenfeindlichen Angriffe an der unerschütterlichen Glaubens 
kraft des Bischofes Franz Josef R u d i g i e r, der be 
deutendsten Gestalt nicht nur der oberösterreichischen Bi- 
fchofsreihe,, sondetzn des ganzes Mteyxeichischen Episkopates. 
Die Persömichkeil dieW Mannes,") der wie ein granitener 
Sturmbrecher aufragt? gewinnt im Lichte der Gegenwart 
eine neue Beleuchtung. Nicht nur seine Hirtenschreiben,"") 
sondern auch seine politischen Reden"') erweisen sich ange 
sichts der Verwüstungen, die der Liberalismus angerichtet 
hat, als Wegweiser in eine bessere Zukunft und verdienen 
gerade heute reges Studium. Unvergeßlich die Verhaftung 
und Verurteilung Rudigiers wegen seines Hirtenbriefes vom 
7. September 1868, der vor seiner Veröffentlichung kon 
fisziert und bis auf 1 Stück, das die Behörde der „Neuen 
Freien Presse" zustellte, im Linzer Landesgerichte verwahrt 
wurde."") Von größter Tragweite für die Geschicke des 
Landes wurde die Gründung des KatholifchenVolks- 
vereines für Oberö st erreich (1870), der bis zur 
Gegenwart die politische und kirchenpolitische Entwicklung 
Oberösterreichs entscheidend beeinflußte."") Als letzter Ab 
leger des heute versunkenen Liberalismus darf die L o s - 
von-Rom-Bewegung gelten, die zum Unterschieds 
von der a l t k a t h o l i s ch e n Welle als wesentlich poli 
tisch gerichtete Bewegung auch Oberösterreich überzog und 
eine größere Anzahl von Kirchenaustritten erzielte. Der eucha- 
ristische Weltkongreß von Wien (1912) und der bei Aus- 
bruch des Weltkrieges zutage tretende religiöse Aufschwung 
kündeten vom lebendigen katholischen Glauben in unserem 
Heimatlande am Abend der alten Monarchie, die unter Blut 
und Tränen 1918 ihr Dasein beschloß. 
Das politische Erbe des Liberalismus trat schon vor der 
Kriegszeit der Sozialismus an, der in der jüdisch 
geführten österreichischen Sozialdemokratie im kleinen Öster 
reich der Nachkriegszeit Wien eroberte und sich anschickte, 
die Zügel des Staates zu ergreifen. Der linke Flügel des 
Austromarxismus trug, unterstützt von den reichen Mitteln 
Wiens, im Bunde mit dem proletarischen Freidenkertum 
seinen Angriff in breite Kreise der österreichischen Arbeiter 
schaft vor und schlug durch seine Abfallsbewegung der Kirche 
die schwerste Wunde seit der Glaubensspaltung. Wenn dis * S. 
zur Romantik, ß. 63 ff. 
T 
“) Ph. Funk, Von der Aufklä 
'") Monographien von Hofer, Henze, Güttenberge^ Bauchin- 
ger, Pichler, Kaiser, Meier u. a. 
'") Th. Wiedemann, Die religiöse Bewegung in Oberösterreich 
und Salzburg beim Beginne des 19. Jcchrhunderts, S. 21 ff. und 
S. 304 ff. 
") Die Originale im Archiv der Stadtpfarre Linz, Bd. 53. 
Vergl. M. Hiptmair, Geschichte des Bistums Linz, S. 189 ff. 
'") C. Wolfsgruber, Kirchengeschichte Österreich-Ungarns, 
S. 76, und E. Tomek, Geschichte der Kirche, 2. Bd., S. 150. 
'") Vergl. K. Meindl, Leben und Wirken des Bischofs Franz 
Josef Rudigier von Linz, 2. Bd. (1891 und 1892), und B. Scherndl, 
Der Ehrwürdige Diener Gottes Franz Joses Rudigier von Linz 
(1913). 9 
“) Herausgegeben von F. Doppelbauer (1888). 
"') Herausgegeben von F. Doppelbauer (1889). 
"") Vergl. H. Bahr, Rudigier, S. 33 ff. Das Büchlein spiegelt 
nach dem Urteile meines Lehrers der Kirchengefchichte M. Hipt- 
marr den Gefft der Zeit am besten wider. 
"") Vergl. di« wertvolle Arbeit F. Kerns, 60 Jahre Katho 
lischer Volksverein für Vberösterreich, Kalender des Katholischen 
Volksvereines für Oberösterreich 1929 (S. 145—208), 1930 (S. 177 
bis 213), 1931 (181—209), 1932 (187—223).
	        
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