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Zeitschrift für das österr. Blindenwesen. 5./9. Nummer
Josef Engelmann.
1824—1829 (Gründer.)
Ant. M. Pleninger.
Seit 1908.
Geschichte der Anstalt.
Der Pfarrer von Sierning
(Ob.-Oesterr.) Josef Engel-
mann war es, der den Ge
danken des edlen Blinden-
yaters Johann W. Klein in
Wien anffäßte, welcher im
Jahre 1804 die erste Blinden
anstalt in Oesterreich ge
gründet hat. Engelmann hatte
auf seine Pfarre resigniert
und nahm im Jahre 1822
die Stelle eines ordentlichen
Beichtvaters im Ursulinenkloster in Linz an. Er verfolgte die Idee der
Blindenerziehung und Ausbildung mit Beharrlickeit und im Jahre 1824
nahm er in seiner eigenen kleinen Wohnung im Spiritualstübl des
Ursulinenklosters 2 blinde Kinder auf, um sie zu unterrichten. Er
begann damit am 3. Februar 1824; im Laufe des Jahres kamen noch
2 blinde Kinder dazu. Engelmann wurde in seinem menschenfreund
lichen Streben von der Oberin des Ursulinenklosters Majter
Crescentia geb'ornen Gräfin v. Seeau aufs tatkräftigste unter
stützt. Bereits am 1 24. September 1824 konnte die erste öffent
liche Prüfung mit den blinden Kindern abgehalten werden/
die bei allen, welche ihr beiwohnten, freudige Ueberraschüng
hervorrief. Das Bedürfnis nach einem eigenen Gebäude stieg
immer mehr und erst nach wiederholten Eingaben konnte Engel
mann im Jahre 1828 die Zustimmung erlangen, daß im soge
nannten „Scherbhofe“ — der heutigen Frauenklinik — vier
Zimmer überlassen wurden. Es war ihm .sogar »möglich geworden,
durch hochherzige Spenden einen Lehrer, eine Arbeitsmeisterin
und zwei Dienstboten aufzunehmen. Der alte Priester war aber
infolge Kränklichkeit gezwungen, im Jahre 1829 die von ihm
gegründete Blindenanstalt zu verlassen.
Im Juli des gleichen Jahres übernahm nun der damalige
Seelsorger im Linzer« Strafhause Siegmund Bartsch die Lei
tung der Anstalt. Sechs Zöglinge wurden gemeinsam in einem
Zimmer unterrichtet. Nun wechselte die Blindenanstalt wieder
ihr Domizil; sie erhielt ein paar Zimmer in der damaligen
k. k. Tuchfabrik in Linz angewiesen. Gegen Ende des Jahres
1831 mietete Direktor Bartsch vier Zimmer im Hause des Schiff
meisters Mayr an der Unteren Donaulände. Doch war auch
hier der Aufenthalt nur vorübergehend. Endlich wurde dem Di
rektor im Jahre 1832 das Aerarialgebäude im Neuhäusl auf
der äußeren Landstraße, wo früher das k. k. Linienamt unter
gebracht war, gegen einen Mietzins von 84 Gulden jährlich
überlassen. Da L er die beiden Stellen als Seelsorger im Strafl-
h’ause und Leiter der Blindenanstalt in einer Person nicht mehr
vereinigen konnte, wurde ihm der damalige Domvikar und
Kanzleidirektor Peter Wester rn a i r als Adjunkt beigegeben.
Dieser verstand es, die junge Anstalt rasch in die Höhe 'zu