Volltext: Der Spaßvogel 1936 (1936)

— ——⏑V——— — F 46 J 
——ä— 
2 
Zimmer zu vermieten. 
Von Bernharda Alma. 
Nachdruck verboten! 
2Rꝛe 
— 
* 
T 
J J 
* 
Mö V VWV 
—26 
* 
* 2 7 
NXR 
5* ⸗ 
———— 
8 
—— 
NV öbliertes, peinlich reines, hom 
Vorzimmer separiertes Gassen— 
IXIL zimmer wird vermietet. Auskunft 
beim Portier.“ 
Das war, teilweise schon vorgedruckt, 
teilweise dazugeschrieben, von einer weißen, 
an Leinem Haustore befestigten Tafel aus 
den Vorübergehenden zur Kenntnis ge— 
bracht. 
Keider aber nahm fast niemand In— 
teresse daran. bis der Frühling auf seinem 
grandiosen Siegeszug durch die Welt auch 
nach Wien kam. 
Da schidte er tausend goldene Ahnun— 
gen Iwischen die Häuserreihen und ließ 
kausend goldene Träume an alle Fenster 
klopfen, und die Gartenanlage, dem Haus 
mi der eingangs erwähnten Tafel gegen— 
über, begann aufs schönste zu blühen und 
zu grünen. . 
Da blieben die Passanten stehen, die 
pastellzarte Farbensymphonie des Früh⸗ 
sings nzustaunen, und da entdechte manch 
einer die kleine, weiße Tafel mit der offe⸗ 
rierenden Inschrift. . 
„Oh“, sagte da die Regierungsrätin 
Spitzet die me länger als vier Wochen 
n eichen Zimmer wohnen blieb, „das 
muß ich mir mal ansehen“ 
Sie gelangte via Portier in den ersten 
Stock und Jäutete an der Tür Nr. 5, wo 
Lizzi öffnete. 
Besaglte Lizzi war vierundzwanzig 
Jahre ailt und durch den Tod ihres Vaters 
die Mutter war schon lange, gestorben 
— und d adurch, daß ihre beiden Schwestern 
ins Ausland geheiratet hatten, Eigentüme⸗ 
rin diner Vierzimmerwohnung geworden. 
Durch ihren Bexuf — sie war Zeich⸗— 
nerin eines greßen Modeverlages — stand 
sie dem praäktischen Leben ziemlich fremd 
gegenüber, wozu auch ihre Jugend bei⸗ 
uüg Mlierdings sah sie mit ihrer. knaben— 
haft schlanken Figur und ihrem feinen Ge⸗— 
ichtel noch jünger aus, als sie tatsächlich 
war. 
„Ich komme, mir das Zimmer anzu— 
schauen“, erklärte Frau Spißel, und Lizzi 
war froh überrascht, daß doch jemand zu 
diesem, Zweck kam. 
Sie führte die Rätin in den zu ver— 
mietenden, Raum, den ehedem ihre Lieb— 
lingsschwester bewohnt hatte. 
„Tia“, äußerte Frau Spitzel, ehr 
klein, wissen Sie. Ich hab nämlich viele 
Sachen, die ich unterbringen muß. Sehr 
ein! Und der große Tisch müßte natür— 
lich hinaus. — Ich hab meinen eigenen 
Tisch und meine eigenen Teppiche, echte 
Perser.“ Ein vernichtender Blick traf das 
schlichte Fell vor dem Bett. 
„Ja“, sagte Lizzi eingeschüchtert. 
Die Dame griff ihr ans Kinn, was 
Lizzi nicht leiden mochte, und, sagte erlau— 
hend: „Zeigen Sie mir halt die ganze 
Wohnung.“ 
Die, ganze Wohnung fand, ihren Bei— 
fall, weil sie überall einen Platz für etwas 
bon ihren Sachen fand. Schließlich ent— 
schloß sie sich, nochmals zu kommen. 
Wie eine Schwalbe keinen Sommer, so 
macht eine zimmersuchende Regierungs— 
rätin noch keinen Mietvertrag. Aber es 
kamen, noch andere Leute, das Zimmer zu 
hesichtigen. Lizzi erschrak, wie wenig sie zu 
hrer Berufsarbeit kam, seit sie das Zim— 
mier immer wieder zeigen, Bedingungen 
und Wünsche und zuletzt, vage Versprechun— 
gen dafür hören mußte. Hin und wieder 
bei dem Fräulein mit den fünf Hun— 
den („echte Griffons, bitte!“, bei dem 
Herrn, der, ihr verletzende Komplimente 
nachte, und bei der Dame, die nichts 
zahlen wollte — beendete Lizzi selber die 
Usferredung. Sie war übermüdet, mut— 
sos und nervös und begann die Tafel 
in dem Haustor wie eine Feindin zu 
betrachten. 
Einmal kam ein noch jüngerer Herr, 
der das Zimmer lange prüfend und mit— 
leidig musterte.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.