Volltext: Der Spaßvogel 1935 (1935)

aleinlaut tritt Professor Weißnix nach einer nicht mehr und nicht weniger, als gewöhn— 
Viertelstunde vor seine Schäflein. Man sieht lich. 
ihm an der NMasenspitze an, daß er ein Eine hochnotpeinliche Untersuchung ist 
paar unangenehme Winuten hinter sich hat. angestellt worden. Ergeben hat sich na— 
Karli, Hans, Fritzl und Rudi triumphieren. türlich nichts. Unser Quartett war doch 
Aber nicht laut. Sie stören den Unterricht nicht so dumm, sich selber zu verraten! 
Der Hilgartl spricht den Kanzler. 
Nach einer wahren Begebenheit von F. Schrönghamer-Heimdal. 
Nachdruck verboten! 
Der Hilgaxtl von, Höhenbrunn nimmt 
jeinen Kronwittstecken vom Herdge— 
stänge und pilgert damit gemessenen Schrit— 
tes zum Schedlwirt in Draxelschlag, das 
nur einen Steinwurf weit hinter der wald— 
herühmten Wallfahrts- und Braustätte 
St. O..... liegt. 
.„Ja, der Schedlwirt, das ist einer“ 
spricht der Hilgartl unterwegs anerken— 
nend mit sich selbst, wie es alte, einsame 
Waldmenschen in der Gewohnheit haben. 
„Ueberall hat er das Neueste und hringt 
einen Schwung in die Bude. Wenn's ni' 
im Grafengauer Anzeiger“ gestanden wär', 
glaubet ich's gar nit, daß er sich jetz! 
auch einen Lautsprecher zugelegt hat, wo 
man heut den Kanzler reden hört über 
die neuesten Verordnungen. Neugierig bin 
ich, neugierig bin ich! Eine Lumperei 
wenn's ist, das, mit dem Lautsprecher, 
nachher bin ich imstand' und laß meinen 
Kronwittstecken auf dem Schedlwirt seinem 
Buckel tanzen. Aber hoffentlich wirds wahr 
sein. Denn der Schedlwirt ist ein Manndl, 
wie man's suchen muß.“ 
In der Wirtsstube sind schon einige 
Neugierige versammelt, die auch den Kanz— 
ler hören wollen. Der Hilgartl läßt seine 
Aeuglein fragend in, die Runde schweifen, 
ob's denn, wirklich seine Richtigkeit habe 
mit Rundfunk und Kanzlerrede. 
„Ja, Hilgartl“, bescheidet der Schedb 
wirt, Fes geht alles in Ordnung. Setz dich 
nur nieder und trink eine Maß mit An— 
dacht, während der Kanzler spricht. So 
was hört man nicht alle Tag, bei uns 
im Wald. Ah — der Ansager. Jetzt geht's 
schon los auch, Hilgartl! Manner, keinen 
Mucker mehr, daß uns kein Wörtl ver— 
loren geht von der Kanzlerred'!“ 
Den Kronwittstecken zwischen die Knie 
gezwaͤngt, den Hut in die Stirn geschoben, 
lauscht der Hilgartl atemlos dem fremd— 
artigen Wortgewoge, das aus dem Laut— 
precher schwillt. Und wie er auch den 
Schedlwirt und die andern Gäste voll An— 
dacht und Ehrfurcht lauschen sieht, schwin— 
det sein letzter Zweifel. Es hat seine Rich— 
tigkeit, daß der Kanzler spricht. O Wun— 
der der Zeit! Man hört ihn bis von 
der Hauptstadt her und F deutlich, als 
stünde er direkt in dem Lautsprecherkastl. 
UAnd wie die Ansprache zu Ende ist, 
sagt der Hilgartl anerkennend: „Respekt, 
Schedlwirt, tausendmal, Respekt! Du bist 
halt ein Manndlh! Alleweil, das Neueste 
mußt haben. Wirklich — ich hätt's nie 
für möglich gehalten, daß man den Kanz— 
ler hören kann von der Hauptstadt bis 
zuf Navehschlag⸗ her. Das ist fein aller— 
and!“ 
„Das ist noch gar nichts“, bescheidet 
der Wirt, das unverdiente Lob abwehrend. 
mit einem spitzbübischen Einfall, mit dem 
er die paar Gäste herzuhalten hofft. 
„Man kann mit dem Lautsprecher auch 
umgekehrt fahren. Wenn du jetzt da hin— 
einsprichst, Hilgartl, hört dich der Kanz— 
ler in der, Hauptstadt. Wenn du einen 
Wunsch hast, kannst ihn jetzt sprechen, den 
Herrn Kanzler.“ 
„Sprechen?“ wundert sich der Hil— 
gartl aufs höchste. „Ja, und einen Wunsch 
hätt' ich auch...“ 
Aufß einen heimlichen Wink des Wir— 
tes verschwindet jetzt dessen Sohn auf Um— 
wegen ins Nebenzimmer, wo sich das mit 
den Lautsprecher verbundene Telephon be— 
indet. 
„Der Silgartl aber erhebt sich respekt— 
voll, nimmt den Hut, vom Haupt, schnauft 
ängstlich und ehrfürchtig auf, wie es sich 
für einen Bittsteller einem so hochmögen—
	        
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