Volltext: Der Spaßvogel 1932 (1932)

Der Teufelskasten. 
Ein Schwank von Eugen Putti. 
Nachdruck verboten! 
L4 
s war irgendwo in einem kleinen 
Dorfe vor vielen Jahren. Die Leute 
I8 waren dort noch sehr unaufgeklärt 
7 und außergewöhnlich stark abergläu— 
isch. — 
An einem schönen Sommerabend kam 
ein Wandersmann des Weges; er hatte 
hier im Orte einen guten Freund, und 
da es bald Nacht werden wollte, suchte 
er sein Haus, um bei ihm zu übernachten. 
Soeben hatte er es gefunden. Doch als 
er die Torglocke ziehen wollte, fuhr ihm 
ein Köter wütend zwischen die Beine. 
Rasch flüchtete er auf den nächsten 
Baum. Er stieg immer höher, bald aber 
hatte er ein gutes Plätzchen erreicht, und 
blieb hier sitzen. Aus den Aesten des Bau— 
mes aber sah er durch ein hell erleuchtetes 
Fenster ... und durch dieses erblickte er 
ein niedliches Schauspiel: ein junges, schö— 
nes Weib, das mit einem hübschen jun— 
gen Mann zärtlich beisammen saß. 
Er erinnerte sich hiebei recht lebhaft 
an seine liebe Jugendzeit, denn — immer 
enger wurden die Umschlingungen.. immer 
süßer und heißer die Küsse, und jetzt — 
jezt — ja was war das jetzt? — — 
— Jetzt riß sie sich plötzlich von ihm 
los und eilte zitternd an das Fenster! O, 
sie hatte recht gehört, denn unten wurde 
die Glocke gezogen und sie erkannte er— 
schrocken ihren — Mann! 
Ohne erst lang nachzudenken, verbarg 
sie rasch ihren Liebsten in einen hohen 
— 
kleinen Schlüssel abzog. 
Ehe das Tor 'geöffnet wurde, stieg 
aber der Wanderer vom Baume und mit 
reckt herzlichem Händedrücken begrüßten sich 
beide Freunde. Wie lieb und niedlich war 
jetzt das kleine Weibchen, das ihnen ent— 
gegenkam! Keine Spur mehr von Falsch— 
heit in den schönen blauen Augen, die sie 
voll Sonnenschein und Glück sogar zu bei— 
den aufschlug. Und nun wurde im klei— 
nen Zimmer droben gemütlich gespeist und 
getrunken. Als das Weibchen aber auf 
inen Moment verschwunden war, da zog 
der Jäger“,den Wanderer voll Seligkeit 
an die Brust und rief: „Freund, du kennst 
keinen glücklicheren Menschen als mich, seit— 
dem ich dies Weib habe! Sie ist ein 
Muster von, Treue und Fürsorglichkeit, auf 
veit und breit kannst du kein besseres 
inden!“ 34 
Nach diesen Worten wurde es aber 
wischen den vier schmalen Wänden des 
Zimmers unheimlich still! Der— Kleider—⸗ 
chrank schien sich zu dehnen und zu wach— 
en und wurde so entsetzlich breit, daß er 
ogar das liebe, kleine Glück, von dem 
der Jäger eben sprach, im Stübchen zu 
erdrücken suchte; so kam es wenigstens dem 
Wanderer vor, der seine Augen, schreck 
bvoll gebannt, an dem Kasten hängen ließ. 
„Bist du krank geworden 7“ fragte der 
Jäger— —WW 
„Ich nicht. — — — aber — mein 
Freund, ich habe oft Erscheinungen..And 
eßt, jetzt, soeben als du von deinem Glücke 
prachst, kam es mir vor, als hätte des 
Teufels rote Schwanzquaste aus dem 
Schlüsselloch, geguckt! ... O, trau dem 
Glücke nicht!“ 
Der Jäger aber, mußte laut auflachen; 
aber es blieb ihm plötzlich etwas im Halse 
slecken und er verzog sein Gesicht. „Du 
kannst schon recht haben! Das Ding, der 
alte Kasten hier — war mir, immer un— 
heimlich! Und jetzt steht er sogar hinter 
meinem Rücken! — Komm, wir wollen 
Plätze tauschen, damit ich auch was davon 
sehe!“ sprach der Jägger. — 
„Es wird dir aber nichts nützen“, sagte 
Wanderer.. 
„Warum denn nicht ?“ 
„Weil — der Teufel immer heimtückisch 
ist und sich niemals demienigen zeigt, den 
er verderben will. Er tut all dies nur ganz
	        
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