Volltext: Der Spaßvogel 1927 (1927)

Der weiße Hirsch. 
Von F. Schrönghamer-Heimdahl. 
Nachdruck verboten. 
su mei', Vater, heut bin i derkemma, wie 
h vurch den Wald bin Was dlaubfi, 
beß hbeube gGfehen hab' 
„Was wirst denn g'seh'n hab'n, 
du Lausbua?“ 
„Vater, du bist ein alter Jager, aber 
so was hast doch noch net g'seh'n wie i' heut' 
im Wald. Schau her, mir müssen d' Haar 
jetzt noch gen Berg steh'n, und g'sprungen 
hin i“, daß mir d' Schiefertafel zersprungen 
ist im Schulranzen. Schau nur her, damit 
du's selber siehst, daß 's wahr is.“ 
„Was hast denn nachher g'seh'n?“ 
„An' weißen Hirsch!“ 
„Bua, wie oft hab i' dir's schon g'sagt, 
du sollst mir net lüg'n? Dös Aufschneiden 
n so jungen Jahr'n hab' i' dir schon so 
dick! ...“ 
„Vater, i“ lüg' ganz g'wiß net!“ 
„Wo is er denn nachher g'standen, der 
weiße Hirsch“?“ 
„G'standen? Hm... g'standen is er 
eigentlich net. G'sprungen is er — pfeil— 
grad über mich is ex ausg'sprungen, der weiße 
Hirsch. Und aufg'habt hat er — achtzehn 
Enden hab'n ihm net g'langt ...“ 
„Hm ... Und is das Geweih auch 
weiß g'wesen?“ 
„J' glaub' schon, soviel i' in der 
G'schwindigkeit g'seh'n hab'. Die G'schicht 
is ja so schnell 'gangen, daß 's kein Mensch 
glaubt. Denn so a weißer Hirsch macht ganz 
andere Sprüng' wie a roter.“ 
„Soso, weiß hat er also aufg'habt, der 
weiße Hirsch? Bua, Bua, i' hab' dir's schon 
g'sagt: Lüg' mir net! Lüg' i' net, lügt 
dei' Mutter net...“ 
„Es kann schon sein, daß er braun auf— 
g'habt hat, der weiße Hirsch. In der den 
G'schwindigkeit sieht man net so deutlich. ren 
Aber das macht nix. D' Hauptsach' is, daß 
der Hirsch weiß g'wesen is, akurat so weiß 
wie in unserm Schulbüchl.“ 
„Paß auf, Bua, was i' dir sag': in 
unserm ganzen Revier gibt's seit hundert 
Jahr'n keine Hirschen mehr. Wo soll da 
auf einmal ein weißer Hirsch herkommen?“ 
„Vater, der Teifi darf i' sein, wenns 
net wahr is.“ 
„Wenns net wahr is, nachher treib' 
i dir den Lügenteifi schon aus! Da kannst 
di' drauf verlassen..“ I 
„Hm — vielleicht war er doch nicht 
ganz weiß, der Hirsch. Weißt, in der 
G'schwindigkeit sieht man net so genau. Aber 
g'sprenkelt is er ganz g'wiß g'wes'n, der 
Hirsch.“ 
„Also ein scheckiger Hirsch?“ 
„Jawoi! I' mein, i' seh' die Tupfen 
noch ganz deutlich, die er auf dem weißen 
Fell g'habt hat.“ 
„Gib acht, daß du net auch Tupfen 
kriegst auf dein Fell, wenn i' dir's Höserl 
nachher anspann' ..“ 
„Aber, Vater! Wenn du mir die Tup— 
fen net glaubst, den Hirschen laß i' mir net 
abstreiten . . . A hochaufhabender Hirsch is 
8 g'wesen, und dabei bleibt's; was i' 
g'sehn hab', hab' i' g'sehn.“ I 
„Wie groß is er denn nachher g'wes'n, 
der hochaufhabende Hirsch?“ 
„Wie a schwerer Ochs!“ 
„Das gibt's net! Gib fein acht, was 
du sagst, Bua, und lüg' mir net! Lüg' i' 
net, lügt dei' Mutter net ...“ 
„Geh' Vater, warum glaubst mir denn 
Hirschen net? Aber, gelt, einen schwe— 
Sechserbock glaubst mir schon? Dann
	        
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