Volltext: Der Spaßvogel 1927 (1927)

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Der Haupttreffer. 
Eine wahre Geschichte von emem Volksfest, einem Glückshafen 
und einer wahrscheinlichkeitsrechnung. 
Von F. Schrönghamer-Heimdal. 5 
Nachdruck verboten. — 
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Cuy, ismarck erzählt einmal, daß er seinen 
9 glücklichsten Augenblick hatte, als er 
seinen ersten Hasen schoß. 
Wenn ich an die Böcke denke, 
die ich in meinem Leben geschossen habe, 
dann muß ich tausendmal glücklicher sein 
als der berühmte Reichskanzler, den wir jetzt 
wieder so notwendig brauchen könnten. 
Ganz gewiß bin ich einer der aller— 
glücklichsten Menschen, eben wegen der Böcke, 
die ich geschossen habe und bestimmt noch 
schießen werde. Denn das Glück des Le— 
bens besteht ja in den Dummheiten, die man 
gemacht hat, weil man daraus die allerbesten 
Lehren ziehen kann. Jede Weisheit ist ja 
letzten Endes eine mißglückte Dummheit, was 
auch umgekehrt gilt. Und je mehr solcher 
Duinmheiten einer macht, desto reicher schwillt 
sein Erfahrungsschatz und demgemäß sein 
Lebensglück, bis man schließlich zu einem 
Punkte kommt, wo man sich aus dem so— 
genannten Glück nichts mehr macht. 
Und dann ist der wahre Stein der Wei— 
sen gefunden, das Glück auf immer gebannt 
und gegenwärtig. 
Aber ich will hier nicht von meinem 
Glück erzählen, sondern von dem anderer 
Leute. Denn auch aus fremden Glückser— 
fahrungen kann man lernen, wenn auch nicht 
so gut und einprägsam wie aus eigenen. 
Ich war damals noch ein blutjunger 
Mensch und kam zufällig auf ein heimatli— 
ches Volksfest in der Stadt Deggendorf. Zu— 
fällig. Denn ich hatte wieder einmal gar kein 
Geld. Hätte ich Geld gehabt, dann wäre ich 
mit voller Absicht und mit tausend Freuden 
auf dieses Volksfest gewandert und hätte ge⸗ 
wiß die allerreichsten Erfahrungen gesam— 
melt, namentlich uͤber Glücksspiele, Nikotin— 
schäden und Alkoholgefahren.— 
Aber ich kam auch so sehr gut auf meine 
Rechnung, viel besser vielleicht, als wenn ich 
Geld gehabt hätete. 
Als angehender Volksschriftsteller wollte 
ich unser gutes Landvolk in seiner Feststim— 
mung belauschen“, wie der Ausdruck „so 
schön““ lautet, um es dermaleinst in Kalen— 
derromanen und Volksgeschichten naturgetreu 
schildern zu können. 
Ich wählte als Beobachtungsraum zu— 
nächst den Platz vor dem Glückshafen, der, 
wie der verbotene Paradiesesbaum, in der 
Mitte des Festplatzes stand. 
Schon tönt eine liebliche Stimme an 
mein Ohr, so wie weiland im Paradiese 
die Schlange unserer Stammutter Eva gleiß— 
nerisch zuzischelte: „Kommen Sie, schöner 
Herr, kausen Sie ein Los! Das Stück nur 
zehn Pfennig! Sie können mit einem Los 
den Haupttreffer gewinnen, ein Fahrrad im 
Werte von zweihundert Mark“ 
Die verführerischen Lockungen der weiß— 
blusigen Losverkäuferin mit dem künstlich 
schmachtenden Augenaufschlag vermögen mich 
nicht im geringsten zu reizen. Denn erstens 
bin ich nichts weniger als ein schöner Herr, 
und zweitens habe ich kein Geld, was aber 
niemand zu wissen braucht, und drittens 
habe ich von früher her meine Erfahrungen 
mit Lotiterie- und Glückshafenlosen. 
Schließlich und endlich. bin ich auch 
nicht zum Vergnügen da, sondern zum Stu— 
dium des biederen Landvolkes in seiner Fest— 
stimmung. Ich bleibe baumfest auf meinem 
Posten stehen und lasse die Losverkäuferin 
lächeln, locken, winken und wispern, wie es 
ihr gefält. 
Ich halte Ausschau nach dem biederen 
Landvolk, das sich in Scharen in den Bier— 
buden und zwischen den Karussellen, den
	        
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