Volltext: Der Spaßvogel 1927 (1927)

ob sie barfuß ginge. Erst als sie vor der 
Tür seines Zimmers stehen blieb und den 
Schlüssel umdrehte, sah er, daß sie seine 
frisch geputzte Lampe in der Hand trug. 
„Da komme ich gerade noch recht, ehe 
es dunkel wird,“ lächelte sie, „habe mich 
schon recht eilen müssen.“ Sie huschte vor 
ihm ins Zimmer und stellte die Lampe an 
den gewohnten Platz. 
Im Bewußtsein seines in die besten 
Wege geleiteten Schicksals warf sich Linus 
auf das Sopha und schaute ihr zu, wie sie 
mit der flinken, zarten Hand schnell noch 
den Lampenschirm ein wenig vom Staub 
reinigte. 
„Wußten Sie denn, Fräulein Eva, daß 
ich so früh heimkehren würde?“ 
DODO gewiß,“ antwortete sie zuversicht— 
lich, bei Ihnen weiß man das ja; Sie blei— 
ben nie in die Nacht hinein aus, — wie es 
alle unsere früheren Mieter taten. Die Mut— 
ter sagt immer“ — fügte sie, die Augen an 
den Boden senkend, hinzu, „Sie müßten ein— 
mal einen vortrefflichen Ehemann abgeben.“ 
So, — sagt sie das?“ lächelte er ge— 
schmeichelt. „Nun, da werden wir ja bald 
die Probe ablegen können. “ 
Eovas helle Blicke flogen wie aufge— 
scheuchte Falter in die Höhe und flatterten 
zu ihm hinübe: 
„Ach — Sie, — Sie — wollen wirklich 
heiraten ?“ 
IIch denke, in allernächster Zeit, sobald 
ich Gewißheit habe, daß mein Antrag gern 
gesehen wird “·· 
Eine Blutwelle schoß purpurn in Evas 
liebliches Gesicht. — 
„O — wie können Sie daran zweifeln; 
— jetzt, wo Sie sich mit Herrn Gerhard 
Albus associeren werden, gehören Sie ja doch 
in der Geschäftswelt zu den besten Partien 
— sagt die Mutter.“ 
„Wie, das wissen Sie auch schon?“ 
„Man redet so allerlei in der Stadt. 
Aber ich denke mir, das wäre ja gar nicht 
nötig, wenn eine Sie wirklich — — “ sie 
stockke und diesmal wurde sie wie im Schrek— 
ken blaß, — „aber sagen Sie, haben Sie 
denn schon lange eine gern?“ — 
„Ich — o — gewiß, — — natürlich 
— —5 Linus stotterte und wurde verlegen 
wie ein Schulbube. 
Das böse Gewissen regte sich wieder. 
Es war wirklich ein Elend, daß eine Lüge 
die andere gebären mußte. Aber die Wahr— 
heit über seine Werbung konnte er diesem 
—D 
und so mußte zum zweiten Male gelogen 
werden, — alles, — alles um der leidigen 
Schulden willen. 
Eva ward es plötzlich so schwül, daß 
sie nicht mehr im Zimmer bleiben wollte. 
Die Hand auf das klopfende Herz legend, 
ging sie rasch auf die Tür zu. 
„Sie eilen schon fort, Fräulein Eva? 
Bleiben Sie doch noch ein wenig.“ 
„Ich glaube, — die Mutter —,“ stot— 
terte sie, — „ich muß doch nachsehen, — 
ich glaube, man hat mich gerufen.“ — Und 
fort' war sie. Nur das Getrippel ihrer leich⸗ 
len Sohlen auf den Stufen der Treppe hörte 
er noch. 
Es war ihm wirklich ernst gewesen. 
Eigentlich fühlte er sich unendlich wohl in 
ihrer Nähe. Und daß er sie für immer er— 
ringen konnte, wenn er nur die Hand nach 
ihr ausftreckte, das war ihm jetzt zur Ge⸗ 
wißheit geworden. 
Sie liebte, sie verehrte, sie bewunderte 
ihn — und er bewarb sich um eine, die er 
nicht einmal kannte, die ihm vielleicht sein 
ganzes Leben verbitterte! War er nicht ein 
Narr, ein verblendeter Narr! Könnte er denn 
nicht sich und dieses bescheidene Mädchen, 
das so gar keine Ansprüche ans Leben machte, 
von seinem bisherigen Gehalt ganz gut er— 
nähren, — wenn er nur, seine noblen Be— 
dürfnifse aufgab? Und mußte das Opfer nicht 
leicht sein, um solchen Lohnes willen! Wie— 
viele in seiner Stellung und mit seinem Ein— 
kommen waren gut und glücklich verheiratet. 
Warum nicht er? — Nur der lächerlichen 
Schulden wegen? O — seine Eva würde 
schon zu sparen wissen, bis sie bezahlt wären 
bei Heller und Pfennig. — — Seine Eva! 
— Er warf trotzig den Kopf auf. Nein, das 
war doch lächerlich. Er, der Associe von 
Gerhard Albus, brauchte eine reiche, glän— 
zende Frau, kein armes Mädchen aus dem 
Handwerkerstand! 
—
	        
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