Volltext: Der Spaßvogel 1918 (1918)

* 
72 
11 
Zigeunerdank. 
Von Friedrich Kipp. 
Machdruck verboten.) 
do 
Si 
444 
634 
J 
7 
Uber den zerklüfteten Bergen der nordalba⸗ 
nischen Alpen, dem wildesten und unzugänglich— 
stem Gebiet Europas, lag ein matter Abend— 
sonnenschein. Die Sonnenstrahlen brachen sich 
an zerklüftetem Felsengestein und zauberten un⸗ 
heimliche Schattengestalten in die unwegsame 
Sde. Alles schien tot und erstorben; kein Lebe— 
wesen regte sich, das dem grausigen. Landschafts— 
bild einen sanfteren Ton gegeben hätte. Nur 
das dumpfe Rauschen des schwarzen Drin, der 
seine trägen Fluten schwerfällig in westlicher 
Richtung dahinwälzte, unterbrach die schauerliche 
Stille. Aber das gab dem landschaftlichen Ge— 
präge nur noch mehr Schreckhaftes, Gespensti⸗ 
—00 
Furchtbar war daher das Erwachen für 
mich, als ich nach blutigem Kampfe gegen feind⸗ 
liche Serben, Montenegriner und Italiener, 
schwer verwundet, die Augen aufschlug. Fast zu 
schwach, um mein Haupt aufzurichten, gelang es 
mir doch, mich nach unendlicher Anstrengung, 
in halbwegs sitzende Stellung zu bringen und 
nun überschaute ich meine Lage 
Mutterseelenallein, verlassen und hilflos lag 
ich hier und sah dem sicheren Tode entgegen. 
Ich schaute nach anderen Leidensgefährten, 
doch kein menschliches Wesen war ringsum zu 
entdecken. Meine Kameraden hatten also die 
Verwundeten mitgenommen und die Toten be— 
stattet. Mich mußte man dabei übersehen ha— 
ben. Dazu hatte auch wohl der Umstand bei— 
getragen, daß ich etwas abseits von dem Schau— 
platze des Kampfes, in einem dichten Grasge—⸗ 
strüpp. ag. 
Warum hatte mir die Kugel nicht den Le— 
bensfaden abgeschnitten? Warum mußte ich 
noch einmal erwachen, uͤm, mit der Sehnsucht 
nach dem Leben, den sicheren Tod vor Augen 
—A 
Ich fühlte nach meiner Wunde. — 
Das Geschoß hatte meine Stirne gestreift, 
hätte also nicht tödlich wirken müssen wenn 
man mich gefunden hätte; der Blutverlust hatte 
mir aber alle Kraft genommen, so daß mein 
Schicksal unabwendbar schien. 
Kraftlos sank ich in das Gras zurück, noch 
einen ersterbenden Blick hinüber, zum rauschen— 
den Drin, zu werfen. Nur einige Tropfen aus 
der mächtigen Flut hätter mir Labung und 
Kühle in meiner Qual gegeben! — Mich über— 
kam ein ohnmächtiges Gefühl des menschlichen 
Elends und Jammers bei diesem Gedanken. 
Keine zwanzig Schritte von mir Taus ende Ku— 
bikmeter Wasser! Und ich mußte hier vor Durst 
sterben, sah mit brechenden Augen das köst— 
liche Naß und konnte es nicht erlangen. — So 
mag es dem Wanderer zumute sein, der jahre⸗ 
lang, ohne Rast und Ruhe pilgerte, und der 
dann endlich, nach aller Mühe und Not, mit dem 
ersehnten Ziel im müden Auge, entkräftet zu— 
sammenbricht.. W 
Meine Gedanken wanderten weit, weit von 
hier! über Berge und Länder. Blieben in 
einem stillen Tal des deutschen Heimatlandes 
haften, das ich mit wehem, wundem Herzen, 
dem Ruf des Vaterlandes folgend, verlassen 
hatte. — Und lag jetzt hier, hilflos und dem 
Verderben preisgegeben, in einer verlassenen, 
grausigen Ode, über die die Schatten des Todes 
sich im bangen Ahnen legten, in einer Gegend, 
die doppelt dazu angetan war, die zitteraden 
Nerven aufzupeitschen, so daß das Schaurige 
und Entsetzliche, das solch eine verzweifelte Lage 
dringt, das menschliche Herz mil elementarer 
Macht durchrüttelt und durchbebt. Diesem gräß— 
ichen Umstande hatte ich es wohl zuzuschreiben, 
daß ich nicht wieder in gänzliche Ohnmacht ver— 
iel und in einem dämmerhafien Zustande da⸗ 
hinträumte. Doch in meinem Kopfe da stach 
und bohrte es, als wenn tausend spitze Nadeln 
mein armes Hirn zwickten und und in meinen 
Ohren dröhnte das Rauschen des nahen Flusses 
wie Donnergetön. — 6 
Da, in der tiefsten Erschlaffung meiner see⸗ 
4 
7 
in 
ND 
14 
sch 
wo 
—X 
— 
ger 
bñ 
me 
die 
sal 
eir 
hot 
üb⸗ 
un. 
mi 
mi 
rijt 
1171 
ein 
ker 
knie 
sche 
us 
Ne 
4 
*4 
nor 
un—⸗ 
Die 
Gr 
ten 
ger 
Ne—
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.