Volltext: Der Spaßvogel 1916 (12. 1916)

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ich Mit leidenschaftlicher Hingabe zuiubelte — er den Augen des Mädchens entschwunden. 
«em Femd? Und vernichten wollte man sie das starr, wie eine Bildsäule stand und die 
tfiei und ihn, nicht im ehrlichen Kampf sich mes- schmerzenden Augen in das Dunkel der Nacht 
r'~ bohrte, das seine geliebte .Gestalt verschlun¬ 
gen hatte. 
Wenige Minuten später betrat Tatjana 
wieder die Wirtsstube. Keiner bemerkte, wie 
blatz sie war, wie nervös ihre Lippen zitter¬ 
ten, wie angstvoll 
es in ihren Augen 
vibrierte, wenn sie 
lauschend den Zierli¬ 
chen Kopf vorbog. 
als horchte sie. Und 
nun ging es wie ein 
elektrischer Schlag 
durch ihren schlan¬ 
ken Körper, aber 
auch alle andern 
fuhren in die Hö¬ 
he. Was war das? 
Ein lautes, heulen¬ 
des Poltern und 
Dröhnen, ein ohren¬ 
betäubender Knall 
— und da wurde 
auch schon die Türe 
aufgerissen und mit 
vor Entsetzen blei¬ 
chen Gesichtern kürz¬ 
ten Bauern herein: 
*Die Brücke — sie 
haben die Brücke in 
die Luft gesprengt, 
die deutschen 
Hunde!" — Zuvor¬ 
gekommen sind 
sie uns, zuvorge¬ 
kommen!" Wie ein 
Rasender heulte Pe¬ 
ter Petrowitsch auf 
und rannte mit den 
andern zur Türe. 
Keiner sah nach 
Tatjana, die mit 
einem erlösten Auf¬ 
atmen die Hände gefaltet hatte, wie zum 
Gebet. Aber Peter Petrowitsch, wandte sich 
an der Türe noch einmal um, er hatte seine 
Mütze vergessen. — Seine Augen weiteten sich, 
ein Hatz erfülltes Verstehen lief über seine ver- 
Züge. Mit einem Ruck ritz er die Pi¬ 
stole aus dem Gürtel: „Schamlose Ver¬ 
räterin!" ein Knall, ein Aufschrei und 
Tatjana sank zu Boden. Auf ihrem Gesicht lag 
noch im Tode ein Triumph auf die Tat, die 
den gerettet, den sie mehr geliebt als ihr Leben. 
feit, nein, feige, heimlich, aus dem Hinter- 
U, halt! Ueberrumpeln den Arglosen, der jetzt 
J schon auf dem Wege war zu ihr, von der 
j), er wußte, datz diese eine karge Stunde, die 
. ;i er ihr schenkte, in der keine liebe Stimme 
ihr tausend süße 
hxtz Namen gab, dass 
$ej Einzige war, dasj 
jL ihr das Leben hier^ 
,fti lebenswert erscheinen!) 
m liefe! Und gerade!,- 
«*1 seine Güte zu ihr! 
sollte sein Verder-1 
ii ben fein! Nein,! 
,J nein! Ohne zu den-' 
fp,i fen, ohne zu über-? 
,m legen, stürzte Tat-Z 
: J jana durch den Gar-? 
L ten dem Flusse zuJ 
»g Auch nicht ein Ge-> 
danke flog zu den' 
ihren, zu den Lands-- 
11 leuten, die sie ver-" 
raten mußte, wenn^ 
sie den Geliebten! 
retten wollte. Krieg 
aq ja, da cs fein sollte! i 
Aber dann doch ein! 
w ehrlicher. Mann ge-j 
I gen Mann. kein 
W feiger Ueberfall aus 
W dem Hinterhalt! Da 
P tat sie nicht mit! 
J Sie war an der 
1 Brücke; ihre schar- 
1 sen Augen unter- 
schieden einen dunk- 
"’I len Schatten, der 
8®, dieselbe jetzt ver- 
$ liefe und sich auf sie 
„ zubewegte. Sie 
Mtürzte mit ihrer 
e“ letzten Kraft vor 
.-und wäre zusammengesunken, wenn der Mann 
mste nicht in seir ~ 
' ‘ Tatjana — 
„Franz — zurück — nicht eine Minute verlieren — 
ein ganzes Bataillon Russen rückt an — die Brücke —" 
sie konnte nicht mehr sprechen. 
sie nicht in seinen Armen aufgefangen hätte: 
„Xatjana — um Gottes willen — was 
. ist denn?" 
„Franz — zurück — nicht eine Mi» 
„nute verlieren — ein ganzes Bataillon 
n«« Russen rückt an — die Brücke —" sie konnte 
Wntcht mehr sprechen. 
iw .»Tatjana!" er hatte sie wild an sich 
^gerissen und — ■ - 
uiiv geküfet. Dann — wumusi, 
it.njefe er sie von sich und stürmte über die 
Ädrücke zurück wie ein Rasender. Bald war 
an 
wortlös.
	        
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