Volltext: Heimatkunde 4. Heft (4. Heft / 1911)

— 86 — 
freulich, um so weniger aber von dem der alten Kirche. Der damalige kirch- 
liche Zustand glich einem Traumleben. Von einem wirklichen religiösen Leben, 
gehegt und gepflegt von Licht und Wärme des hellen Tages, war weder im 
Sinne des katholischen noch des protestantischen Bekenntnisses eine Spur. 
Als erste notwendige Tat für das Wiedererwachen eines neuen religiösen 
Lebens erkannte man ganz richtig die Ausbildung eines tüchtigen Klerus. 
Diese Forderung war auch ein Hauptpunkt der Instruktion, die Herzog 
Albrecht V. von Bayern seinen Gesandten für die Salzburger Synode, die im 
Jahre 1562 stattfand, mitgab. 
Aber nur langsam ging es vorwärts und in jeder Ortsgeschichte können 
wir noch weit über ein halbes Jahrhundert hinaus die tastenden Bei suche in 
dieser Hinsicht verfolgen. Welche Zustände an einzelnen Orten herrschten, haben 
wir aus einem ganz kurzen Berichte vom Jahre 1606 ersehend) In Oesterreich 
war es noch schlimmer als in Baycrn. Das erkennen wir schon aus dem Gut- 
achten, wie sie der von der bayerischen Regierung eingesetzte Geistliche Rat in 
München abgab: Man müsse aus Orte im Grenzgebiete (gegen Oesterreich), 
das war im Jnnviertel, ein besonderes Augenmerk verwenden; die geistlichen 
Stellen müßten dort mit besonders gelehrten und tüchtigen Leuten besetzt werden. 
So sprach man noch im Jahre 1624. Und wie es im angrenzenden Oesterreich 
war, wissen wir aus den Vorgängen, die zum Bauernkriege des Jahres 1626 
geführt haben. 
Für die Wiederaufrichtung neuen religiösen Lebens war mittelbar auch 
die vermögensrechtliche Stellung der Kirchen und der Pfarrpfründen von größter 
Wichtigkeit. In den Uebergangszeiten hatte sich das Einkommen der Geistlichen 
ganz gewaltig geändert: Stiftungen waren sehr oft ihren bisherigen Zwecken 
entfremdet worden, die Leistungen der Untertanen gelockert worden. Es hatten 
sich ja auch die Vermögensverhältnisse des Volkes seit einem Jahrhundert voll- 
ständig verändert. Das Gewerbswesen hatte durch die sozialen Unruhen und 
den Veisall des Handels eine tiefe Schädigung erlitten. Das Zunftwesen war 
entartet. Ferner gab es damals in Bayern nur mehr wenige Bauern, die un- 
abhängiges, freies Besitztum und ansehnliches Vermögen besaßer. Von der 
wirtschaftlichen Lage des Volkes aber hing zum Teil das Einkommen der 
Geistlichen ab. 
Daher finden wir es begreiflich, daß die kirchliche und weltliche Obrigkeit 
die bisher verbrieften Vermögensverhältnisse der Kirchen und Pfründen zu 
erhalten und genau zu umgrenzen suchten, um eine gewaltsame Veränderung 
zu ihren Ungunsten hintanzuhalten. 
So gab Herzog Albrecht V. im Jahre 1579 den Befehl, ein Verzeichnis 
der ewigen Gilten bei den Pfarrkirchen, Filialen und Bruderschaften anzulegen, 
und zwar geschah dies durch den Landrichter. Dieses Verzeichnis sollte ohne 
Zweifel bei den vielfältigen Streitigkeiten als rechtliche Grundlage gelten, wie 
einst das Urbar. Denn über einen großen Teil dieser Stiftungen waren keine 
Urkunden mehr vorhanden. So ist uns das Salbuch des ehemaligen Land- 
gerichtes Mauerkirchen, das im Jahre 1579 angelegt wurde, noch erhaltend) 
Auch im österreichischen Teile des heutigen Kronlandes Oberösterreich 
war dieser Frage volle Aufmerksamkeit zugewendet worden. Der nachstehende
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.