Volltext: Heimatkunde 4. Heft (4. Heft / 1911)

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Herr Gruber aus Andorf sandte uns folgende drei Teufelssagen ein: 
1. Wenn man von Andorf aus auf der sogenannten „alten Straße" 
gegen Raab ungefähr eine Viertelstunde weit geht, kommt man nach Ueber- 
schreitung des Kirchberges in eine kleine Talmulde (Tobel), die allgemein den 
Namen „Hölltobel" führt. Ueber die Entstehung dieses Namens existiert nun 
folgende Sage: 
Zwei Bauern von Auzing, ein gewisser Kernbauer und Jager, die gerne 
ziemlich lange im Wirtshaus sitzen blieben und auch sonst manch losen, für- 
witzigen Streich ausführten, gingen einmal in einer „Losnacht", es war schon 
Mitternacht geworden, von Andorf nachhause. Als sie nun in den Tobel 
kamen, sahen sie auf einmal ein gesatteltes Pferd stehen. „Hörst du, Nach- 
bar," meinte der Jager, „mit dem werde ich jetzt heimreiten," und obwohl 
sein Nachbar doch einiges Bedenken gegen dieses Vorhaben äußerte, bestieg er 
doch sogleich das Pferd. In der Luft aber erhob sich ein Prasseln und Heulen 
und das Pferd, das der Teufel selbst war. sauste mit dem Bauern wie der 
Wind über Wiesen und Aecker davon — hinter ihm jammernd und schreiend 
des Bauers Nachbar. Diese wilde Jagd dauerte beiläufig eine halbe Stunde 
und endigte bei einem kleinen Gehölz, Burgerdinger Leiten genannt, wo der 
Teufel mit seiner Beute einem Wegkreuz zu nahe kam. Da er bei einem 
solchen mit einer Seele nicht vorbei kann, so warf er den Bauern voll In- 
grimm in eine Dornhecke, wo ihn nach langem Suchen und Rufen auch sein 
Nachbar fand. Die beiden machten sich nun wieder gemeinsam auf den Heim- 
weg, und obgleich anfangs etwas eingeschüchtert, erwachte in ihnen bald wieder 
der Uebermul, so daß sie es am nahen Raabbache mit dem Fischen versuchen 
wollte«. Als aber auch da jedesmal, wenn sie nach einem Fisch greifen wollten, 
ein schwarzer Hund heraussprang, ließen sie doch von ihrem Vorhaben ab und 
ginzen nachhause. Seit jener Zeit aber heißt der Platz, wo das gesattelte 
Pferd gestanden ist, im Volksmunde der „Hölltobel". 
2. Bki einem Bauern im unteren Jnnviertel kam des öfteren abends 
eine ziemlich verrufene Gesellschaft zusammen, um Karlen zu spielen. Bei 
diesen Anlässen ging es meist r cht wüst zu. Es wurde geflucht und gelästert, 
so daß man im geheimen munkelte, es spiele der leibhaftige Gottseibeiuns 
selber mit. Als nun diese Gesellschaft auch in der Christnacht beisammensaß 
und gerade zur Zeit der Mette wieder recht lärmte und fluchte, fiel auf ein- 
mal ein Kaitenbries unter den Tisch. Der sich nun bückte, um ihn auszu- 
heben, sah zu seinem Entsetzen statt des Blattes einen Geißfuß liegen. Im 
selben Momente wurden auch alle Fensterläden aufgerissen und ein greulicher, 
schwarzer Hund sah zum Fenster hinein, während das ganze Haus in allen 
Fugen krachte. Seit jener Zeit aber wagte man es nie wieder, an solch 
heiligen Nächten ehre Kai te anzurühren. 
3. Bei einem Bauern, der in dem Rufe stand, mittelst alter Zauber- 
bücher Hexerei zu treiben, waren eines Taces nur die kleinen Kinder zuhause, 
während er mit seinen Leuten auf dem Felde arbeitete. Durch Zufall er- 
wischten die Kinder eines dieser Bücher und das älteste, ein Mädchen von 3 
bis 9 Jahren, begann darin zu lesen. Nachdem es einige Zeilen gelesen, kam 
zum offenen Fenster eine Krähe herein. Dies belustigte natürlich die Kinder 
sehr. Da aber das Mädchen immer weiter las, kamen so viele Krähen zu- 
sammen, daß sich die Kinder fürchteten. Sie wollten die Tiere verscheuäen.
	        
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