Volltext: Heimatkunde 4. Heft (4. Heft / 1911)

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\7.Der Teufel in der 
Alles Ungewöhnliche in der Natur regte von jeher die Phantasie der 
Menschen on. Eigenartige Felsbildungen, Irrlichter, Stürme und Unwetter, 
die Geröllstürze, die Dämme, Dünen- und Jnselbildungen waren einst das 
Werk der Riesen. 
Seit der Verbreitung des Christentums trat an ihre Stelle der Teufel. 
Wie sie, führt er „Wälle, Dämme, Mauern und Brücken auf, teils in seinem 
eigenen Interesse, teils im Interesse der Menschen, in deren Dienst er sich 
stellt. Ebenso wie die Riesen ist der Teufel auch ein Feind des Christentums 
und sucht seine Entstehung und Ausbreitung zu hindern. Daher schleudert er 
große Steine auf Kirchen und Kapellen, um sie zu zertrümmern. Auf der 
andern Seite aber leistet er beim Bau von Kirchen und Kapellen auch wieder 
Hilfe und führt sie ganz allein aus, wenn ihm die Seele des ersten Beters, 
der sie betritt, zugesichert wird. Der Teufel baut aber auch Kanzeln, Straßen, 
Gehöfte, Häuser, Scheunen und Gartenanlagen, wenn ihm der Gewinn einer 
Seele in Aussicht gestellt wird und vollendet sie geradeso wie die Riesen in 
kurzer Zeit, oft an einem Tage oder in einer Nacht bis zum Hahnenschrei. 
Ist er aber mit seinem Bau ziemlich am Ende, so daß nur noch die Einfügung 
eines Steines fehlt, so muß er ihn infolge einer menschlichen List im Stiche 
lassen und der bedungene Lohn geht ihm verloren. In seinem Zorn sucht er 
die Bauten wieder zu zertrümmern, es gelingt ihm aber nicht. Er schleudert 
dann mächtige Steine auf die Kirchen und Kapellen herab, sie treffen aber 
die hl. Gebäude nicht, sondern fallen daneben oder zerschlagen höchstens das 
Dach, so daß eine Lücke entsteht, die niemand zumauern kann. Wie die herab- 
geworfenen Felsblöcke aber die Spuren von Händen und Fingern, von Kopf 
und Hüften der Riesen in tiefen Eindrücken dem menschlichen Auge zeigen, so 
sind auch an den Teufelssteinen die Hände und Krallen des Bösen wahrzu- 
nehmen. Am häusigsten wird der Teufel durch den Hahnenschrei betrogen, sei 
es, daß die Hähne von selbst krähen, sei es, daß sie durch Schlagen in die 
Hände geweckt und zum Krähen veranlaßt werden." 
Dies die allgemeinen Züge, die der Teufelssage anhaften. 
In allen möglichen Situationen treibt der Teufel sein Unwesen, wie als 
wilder Jäger zur mitternächtlichen Stunde; er erscheint in Gestalt von Tieren, 
besonders in der eines Pferdes; in möglichst harmloser Weise sucht er sich 
dem Menschen zu nähern, wie als einfacher Schweinetreiber. Bemerkt man 
jedoch seinen Pferdefuß, so muß er wieder verschwinden. 
Der Fluchende ist ihm verfallen. Er holt den fluchenden Jäger beim 
Teufels st ein unterhalb Vichtenstein. Der Teufel gilt als der Schreckens- 
mann, der Wauwau nicht nur für die Jungen, sondern auch für die Alten 
— und tut gar manchmal seine Wirkung. Die eitle Dirne muß er vom 
Spiegel wegjagen. 
Im obliegt die Aufgabe, menschliche Schandtaten zu rächen. So haust er 
in den Klüften und Höhlen des Dachsteins und jagt dort bei nächtlichen 
M Vgl. Wünsche, Der Sagenkreis vom geprellten Teufel als Baumeister. Beilage 
zur „Allgem. Zeitung" 1894, Nr. 202—204. — Pasch, Zur Kunde der Sagen, Mythen 
und Bräuche im Jnnviertel. Programm Ried, 1873. — Gloning, Obelösterreichische 
Volkssagen (1884) 
Heimatkunde 16.
	        
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