Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Und wenn ich nun hinzufüge, dass mehrere unserer Redner aufge 
fordert wurden, sich den Bestrebungen der Volksbildungsvereine dienstbar 
zu machen, wenn wir weiter hören, dass sie dieses Ansinnen nur deshalb 
ablehnten, um sicli unserer Bewegung zu erhalten, da sollte man unserer 
Rednerschaft doch nicht mehr, mangelnde Opferfreudigkeit und fehlenden 
Idealismus vorwerfen, wenn sie ein anständiges Honorar verlangen, das 
vielleicht auf 35 Mk. festzusetzen wäre. Selbstverständlich sind hierbei die Vor 
träge am Wohnorte des Redners nicht eingeschlossen. Einem unserer be 
kanntesten Agitationsredner wurden im vorigen Jahre für 5 Vorträge rund 
1000 Mk. geboten, er leimte ab, um sich vor Angriffen zu bewahren, die ihm 
leider trotzdem nicht erspart blieben. 
Der Kampf gegen „anständige“ Vortragshonorare ist aber nicht nur 
ein Unrecht, er ist auch eine grosse Unklugheit. Die Vortragenden sind 
die Träger unserer Bewegung; man streiche sie, und die Naturheil vereine 
werden die Folgen gar bald an ihrem eigenen Körper wahrnehmen. Presst 
man die Arbeitskraft dieser Leute durch Verabreichung von unzulänglichen 
Honoraren aus, so dass sie nicht imstande sind, sich durch eine bessere 
Lebenshaltung für unsere Sache zu konservieren, so werden wir zwar unserer 
Vereinskasse einige Mark erhalten, der grossen Sache werden wir aber die 
besten Lebenskräfte entziehen. 
Machen wir uns deshalb frei von einer Krämerpolitik, die unsere 
Lebensinteressen schädigt, bethätigen wir den von den Vortragenden ge 
forderten Idealismus zunächst selbst und geben den Vortragenden, was 
ihnen gehört. 
Selbstverständlich haben auch die Redner gewisse Pflichten zu er 
füllen. Jedoch darüber lassen sie mich ein andermal plaudern. 
v Aus der Zeit. 
— Bange machen gilt nicht! Ihr lieben Lehrer, die Ihr Anhänger der 
Naturheilkunde seid, lasst Euch nicht einschüchtern durch die Nachricht, 
welche vor kurzem an dieser Stelle über die Regierung zu Oppeln gebracht 
wurde. Diese Nachricht tauchte zuerst im „Oberschi. Tageblatte“ auf, einer 
Zeitung, welche sehr stark beeinflusst wird von einem der wütendsten 
Gegner der Naturheil vereine, . einem Arzte in Königshütte. Jene Nachricht 
ist zum grössten Teile falsch. Erstens: Die Regierung hat. nicht die 
Vernehmung aller „derjenigen Lehrer angeordnet, die Mitglieder des 
Naturheil Vereins sind“, denn da hätten die betreffenden Lehrer des ganzen 
Bezirks vernommen werden müssen; sondern es sind nur, soweit uns bis 
jetzt bekannt ist, fünf Lehrer aus Königshütte protokollarisch durch ihren 
Kreisschulinspektor verhört worden; sie heissen Alker, Dietrich, Fuhland, 
Kaintoch, Spindler. Zweitens: Die Vernehmung wurde nicht veranlasst, 
durch eine „Anzeige“ des Kreisphysikus Dr. La Roche in Beuthen, sondern 
die Sache war so: Bald nach Bekanntwerden des Beschlusses der Königs- 
hütter Aerzte, dass die Mitglieder des dortigen Naturheilvereins die höchste 
Taxe zu zahlen hätten, erschien in der „Deutschen Warte“ ein Artikel, der 
das Vorgehen der Aerzte beleuchtete und als ungesetzlich darstellte. Dieser 
Artikel ist der Regierung zu Oppeln vorgelegt vordem und diese hat nun 
den genannten Kreisphysikus, in dessen Bezirk Königshütte liegt, veranlasst,, 
einen Bericht über die Angelegenheit zwischen Aerzten und Naturheilverein 
abzufassen. Das hat nun dieser Herr ganz im Sinne seiner Königshütter 
Kollegen gethan, indem er die Schandthaten dieses Vereins und ganz be 
sonders der Hauptkarnickel, jener fünf Lehrer, aufdeckte, hat aber dabei 
neben ein wenig Wahrheit die Dichtung so stark walten lassen, dass sich 
unter Umständen seine Schrift zum Ausgangspunkte eines schönen Prozesses 
machen liesse. Wegen der darin enthaltenen Beschuldigungen sind jene 
Lehrer vernommen worden. Die Hände haben letztere über dem Kopfe zu-
	        
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