Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Noch etwas weiteres wäre zu beobachten. Es dürfte sich empfehlen, über 
dieses Jahresthema ein Preisausschreiben ergehen zu lassen und von Bundes 
wegen jedem Vereine ein Stück der preisgekrönten Arbeit oder Arbeiten in die 
Bücherei zu geben. 
Kleine Vereine kommen auf diese Weise zu guten Nachschlagebüchern. 
Dass dann diese Preisarbeiten an die Anhänger verkauft werden können, ja 
möchten,. ist selbstverständlich. 
Auf diese vorgeschlagene Weise kommen wir jedes Jahr ein Stück ^vor 
wärts, werden bekannter in unseren volksfreundlichen Bestrebungen und ge 
schätzter von den Behörden und unseren Gegnern. 
Ich möchte den geehrten Bundesvorstand bitten, diesen wohlgemeinten 
Vorschlag zu prüfen, und, wenn er für gut befunden wird, bald auszuführen. 
Bob. Leube-Gera. 
Ueber Arzneilosigkeit. 
Philo vom Walde. 
Das ist mir nun längst klar: Mit der Wahrheit und somit auch mit der 
Menschheit geht es immer zwei Schritt vorwärts und einen zurück. Von 
Zeit zu Zeit kommt ein kühner Geist, der die Massen eine weite Wegstrecke 
mit sich fortreisst, dem gelobten Lande zu; entzieht er sich dann aber ihren 
Blicken, um auf einem Berge mit Gott zu reden — so tanzen sie wieder ums 
goldne Kalb wie vorher. Der Geist der Schwere will keinen Fortschritt. 
Diese Beobachtung kann man auch auf dem Gebiete der Gesundheitslehre und 
Heilkunde machen. Der bekannte Psycho - Physiologe, Prof. Dr. med. Preyer, 
hat das Wort affegesprochen: „Unserm Jahrhundert, als dem Jahrhundert der 
Erfindungen, gebührt nur insofern das Vorrecht vor den andern, als es das 
einzige Lebenselixier: die Hygiene — erfunden hat. u Und wein dankte die 
Öffentliche und private Gesundheitspflege, die Hygiene in gesunden und kranken 
Tagen, grössere Anregung und Förderung als unserm Vinzenz Priessnitz? Die 
Forschungen der Bakteriologen in Ehren — aber was sie an wirklich nütz 
lichen Ergebnissen gefunden haben, das ist durch unsre Vorkämpfer auf dem 
Gebiete der Wasserheilkunde längst gelehrt und geübt worden. 
Priessnitz war der grösste Bevolutionär unsers Jahrhunderts, der die 
Lebenskunst von Grund aus zu reformieren unternahm. Er zerschlug den 
Götzen des Heilmittelaberglaubens, der die Menschheit lange genug auf Irrwege 
gebracht hatte; er stellte sich- wieder auf den hippokratischen Standpunkt und 
rief der Menschheit den Satz ins Gedächtnis: „Die Natur heilt, der Arzt sorgt, 
unterstützt nur.“ Aber zwischen ihm und Hippokrates war denn doch ein 
unüberbrückbarer Gegensatz! Professor Behring sagte in seinem Festvortrage 
in der Aula der Universität Marburg am 27. Januar 1898 über den „Vater 
der Heilkunde“ folgendes: „Hippokrates hat den Aderlass und die verschiedensten 
Hautreize, Medikamente, Abführmittel, Brechmittel, schweiss- und harntreibenden 
Mittel angewandt.“. Man sieht: Hippokrates war ein Mediziner, der das ,,Gute“ 
nahm, wo ers nur fand; seine Unterstützung der Naturheilkraft hielt es mit 
jedem Mittel, aucli mit dem — Wasser. Spasshaft klingt es darum, wenn 
ihn Leute als den Begründer der Wasserheilkunde gegen Priessnitz ausspielen. 
Ich denke: Wenn ein Alkoholiker einmal aus besondern Gründen ein Glas 
Wasser trinkt, so ist er noch lange kein Temperenzler! Priessnitz kam und 
sagte auch; „Ich unterstütze nur die Natur, und diese heilt dann die Krankheit 
von selbst!“ Er bewirkte die Unterstützung jedoch einzig und allein nur durch 
die Lebensfaktoren: Luft, Licht, Wasser, Diät, Buhe und Bewegung — nicht 
aber durch äussere Heilmittel. Das war seine grosse That, deren kulturelle 
Bedeutung jetzt l^aum schon von einem Menschen im vollen Umfange geahnt 
und erfasst wird; sie bildet den Markstein einer ganz neuen Weltanschauung. 
Nun kam Einheit ins Denken und Handeln, ins Leben und Streben. Hygiene 
und Therapie (Gesundheitspflege und Heilkunde) waren sich wieder gleich wie 
in den ersten Zeiten menschlicher Existenz; das Causalitätsgesetz (das Gesetz
	        
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