Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

320 
seitens der zahlreichen Vertreter der Naturheilvereine peisönlich 
und telegraphisch erwiesenen Sympathie-Kundgebungen und die 
prachtvollen Kranzspenden der Naturheilvereine im „Naturarzt“ 
zum Ausdruck zu bringen, mit der Versicherung, dass diese Be 
weise der Ehrung für ihren seligen Vater die Familie tief gerührt 
haben und ihr unvergesslich bleiben werden. — Wie schon an anderer 
Stelle bemerkt, werden die Veranstaltungen am 4. Oktober noch Gegenstand 
der Besprechung werden. 
Aus der Zeit. 
— Der Kampf gegen den Impfzwang stand, ebenso wie die Bekämpfung des 
Alkohols, als Antrag zur Debatte auf dem Parteitage der sozialdemokratischen 
Partei. Die Diskussion und Annahme dieser Anträge würde weiten Kreisen 
einen neuen Beweis gegeben haben, dass es der Partei Ernst ist mit 
der gesundheitlichen Hebung und Aufklärung des Volkes. Bebel wandte 
sich gegen beide Anträge und setzte deren Ablehnung durch. Es fehlt 
diesem Führer somit das Verständnis dafür, dass die Gesundheitspflege die 
Grundlage jeder echten Sozialreform sein muss. Man denke, welchen ge 
waltigen Eindruck es allenthalben gemacht haben würde, hätte die Arbeiter- 
Partei dem Alkohol den Krieg erklärt! Welche Beschämung für die meisten 
Angehörigen anderer Parteien, die Alkoholfabrikation und Alkoholkonsum 
als „wichtige Kulturaufgaben“ betrachten. Schon allein durch die Annahme 
des Antrages wären vielen Tausenden die Augen geöffnet worden über die 
Schädlichkeiten des Alkohols, und der moralische Erfolg des Antrages wäre 
ein gewaltiger gewesen, ein Lichtblick am Ende des Jahrhunderts. Aber 
Bebel will nicht und so wird — ruhig fortgesoffen! 
— Der „Vorwärts“, das Hauptorgan der deutschen Sozialdemokratie, nimmt; 
der Naturlieilbewegung gegenüber eine ablehnende Haltung ein und dokumen 
tiert dieselbe bei jeder sich bietenden Gelegenheit. So wurde auch bei der 
Besprechung der Eröffnung des pathologischen Museums der Naturheilkunde 
bezw. den Naturheilkundigen ein Hieb versetzt und vor denselben gewarnt 
(„Vorwärts“ No. 148) mit einem Hinweise darauf, dass „der Geist der Medizin“ 
nicht ganz so leicht zu fassen sei und dass „ein gründliches Studium 
unter Leitung sachverständiger Lehrer“ selbst durch die genialste Be 
gabung nicht ersetzt werden könne. Wir nehmen es den „Vorwärts-Männern“ 
keineswegs übel, dass sie „in Autoritätsduselei tief versunken sind“, wollen auch 
nur nebenbei bemerken, dass das führende Blatt sich in diesem Punkte wohl 
mit der Mehrzahl seiner Leser im Widerspruch befindet — wenigstens nehmen 
wir dies zur Ehre der Leser an. Aber wenn der „Vorwärts“ die Konsequenzen 
seiner Anschauungen ziehen will, so müssten doch die „Führer der Partei“ die 
Beurteilung und Propagierung politischer Fragen auch den Herren Begierungs- 
räten und Ministern überlassen. Wo haben denn der Drechsler Bebel, der 
Sattler Auer und alle die andern Stimmführer „ein gründliches Studium 
unter Leitung sachverständiger Lehrer“ absolviert? Wir verlangen 
nicht, dass irgend eine Partei unsere Naturlieilbewegung ins Schlepptau nehme, 
denn wir fühlen uns kräftig genug, unsere Sache selber zu führen, aber man 
bekämpfe uns von dieser Seite nicht mit Argumenten, deren Anwendung heut 
zutage selbst das verzopfteste Chinesentum verschmäht. 
— Der Brotneid des Aerztetums hat mit Hilfe 7 der Denunziation insofern 
einen Sieg errungen, als einige in der Schweiz approbierte Aerztinnen, die von 
einer Berliner Krankenkasse mit weiblichen Mitgliedern angestellt worden 
waren, ihren „männlichen Kollegen“ weichen mussten, da sie nicht als Aerzte 
im Sinne des Gesetzes zu betrachten seien. Die Frauen erhalten aber bekannt 
lich bei uns keine Approbation, sind also auf die Schweiz angewiesen. Ob sich 
die Denunzianten denn gar nicht schämen? 
— In Grüna soll noch eine zweite Naturheilanstalt errichtet werden. Die
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.