Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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.einer Erfrischungspause sprach Prof. Dr. Ad. Vogt-Bern, der Vertreter der 
Schweiz über „Statistik in der Impfung“, worauf ein Vortrag des Sanitäts- 
Rates Dr. Bilfinger über „Impfschädigungen“ den ersten Kongresstag be 
schloss. Wir müssen leider davon Abstand nehmen, den Inhalt der hoch 
interessanten Vorträge hier wiederzugeben, da eine Kürzung des Inhaltes 
derselben einer Verstümmelung gleichkommen würde; andererseits ist eine 
ausführliche Wiedergabe aus technischen Gründen unmöglich. Wir ver 
weisen daher Interessenten auf das in Kürze erscheinende Stenogramm der 
Vorträge, welches von der Geschäftsstelle des Impfgegnerbundes bezogen 
werden kann. 
Die Verhandlungen des zweiten Tages wurden, nach Bekanntgabe 
einiger geschäftlicher Mitteilungen, durch Referate des Stabsarztes a. D. 
Dr. Kahnt-Berlin und des Obersten Spohr-Giessen über „Behandlung der 
Pocken“ eingeleitet, worauf Rechtsanwalt und Notar Lothar Volkmar-Berlin 
über „Der Impfzwang vom Standpunkt des Rechts“ sprach. Redner stellte 
.zum Schluss seines Referates folgende Thesen auf, die einstimmig an 
genommen wurden. 
I. Der moderne Staat nimmt gesetzgeberische Allgewalt für sich in An 
spruch. Diese Allgewalt findet aber ihre notwendige faktische und juristische 
Grenze in der natürlichen Unmöglichkeit der Durchführung eines staatlichen 
Gebots. Die vom Staate gebotene Impfung mit Schutzpocken ist thatsächlich 
und juristisch unmöglich, weil es keine Schutzpocken giebt. 
II. Die staatliche Allgewalt wird thatsächlich durch das Wesen und den 
Zweck des Staates selbst und den Widerstand aller im Volke lebendigen, vom 
Staate mehr oder weniger unabhängigen Kräfte und Gewalten beschränkt. Staat 
liche Gebote, welche mit dem Zweck und Wesen des Staates selbst in Widerspruch 
stehen oder welche an den lebendigen Volkskräften fortdauernd starken Wider 
stand finden, können nicht auf die Dauer aufrecht erhalten werden. Der Impf 
zwang ist ein staatliches Gebot, das dem Begriff, Zweck und Wesen des Staates 
selbst widerspricht und allen lebendigen Kräften der Volksseele und des Volks 
lebens feindlich ist. 
a) Der Staat ist in erster Linie eine Rechtsgemeinschaft zum Schutz der 
körperlichen Unversehrtheit der Volksgenossen. Der Impfzwang befiehlt 
die Verwundung und Durchgiftung. 
b) Feierlich anerkannte Staatsgrundgesetze proklamieren die Freiheit der 
Person des Einzelnen und die Freiheit der Wissenschaft. Der Impfzwang 
hebt die Freiheit des Einzelnen auf und ächtet die freie Wissenschaft 
durch Aufzwingung eines abergläubischen Dogmas. 
c) Der Impfzwang bildet eine dauernde Armenunterstützung des ärztlichen 
Standes und aller mit der Krankenheilung und dem Beerdigungswesen zu 
sammenhängenden Gewerbe. Er widerspricht dadurch dem Grundsatz der 
Rechtsgleichheit, der allerorts durch die Staatsgrundgesetze anerkannt ist. 
d’) Der Impfzwang widerspricht zugleich dem religiösen Gefühl und der klaren 
Vernunft. Das religiöse Gefühl empfindet es als Missachtung des Schöpfers 
und des Geschöpfes, dass der Schöpfung durch Vergiftung des Geschöpfes 
künstlich nachgeholfen werden soll. Die Vernunft erkennt, dass der sicherste 
Schutz gegen Krankheit allein in der ungeschwächten Kraft des Körpers 
und des Geistes und in der gesunden Beschaffenheit des Blutes und aller 
Säfte zu suchen ist und dass nach dem heutigen Stande der wirklichen 
Wissenschaft jede Blutvergiftung als äusserst gefährlich streng zu meiden 
ist, dass aber die Impfung nichts anderes als eine absichtliche Blutvergiftung 
darstellt. 
e) Die zahlreichen Opfer des Impfzwanges rufen die Empörung der Elternliebe 
und des menschlichen Gefühls gegen den als unmenschlich empfundenen 
Staat zu dessen schwerstem Nachteil aller Orten wach. Die Opfer des 
Kriegsdienstes werden als notwendig mit Fassung ertragen, die Opfer der 
Impfung erscheinen um so mehr als frivole Zumutungen, als statt der 
Krankheit und des Todes dauernde Gesundheit und Schutz vor schwerer 
Krankheit versprochen wird, und als zugleich durch Hebung der Kultur und 
des Volkswohlstandes ohne Gefahr der beabsichtigte Zweck zum allgemeinen 
Nutzen erreicht werden kann.
	        
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